dem Jesuskinde, Alles in Marmor gehauen, aber so schön, daß in einer geringen Entfernung die Phantasie sehr glücklich getäuscht wird.
Das Palais-Royal
gleicht noch ganz dem Gemälde, welches unser Lands- mann, Friedrich Schulz, einst davon entwarf. Nur der innere Hof, 320 Schritte lang und 150 breit, ist neu bepflanzt worden. Die jetzige Generazion wird es schwerlich erleben, unter dem Schatten dieser Pflanzun- gen zu wandern. Jndessen, beschattet oder unbeschattet, bleibt das Palais-Royal doch immer ein täglicher Sam- melplatz vieler tausend Menschen, und unter den Arka- den desselben ist es den größten Theil des Tages so voll, daß man nur mit Hilfe der Ellenbogen sich durchwinden kann. Kein Wunder, denn man findet hier 18 Kaffee- häuser, 10 Restaurateurs, ein halbes Dutzend Pastetenbäcker, eben so viele Viktualienhänd- ler, mehrere Weinhändler, Eisverkäufer, Obst- weiber, ein Paar Billards, eine Menge Zucker- bäcker, kurz, man kann hier essen und trinken, so viel und so delikat als irgend in der Welt. Unter Andern ist auch eine eigene Waffelbude hier, wo einige Menschen, den ganzen Tag vor dem Feuer sitzend, nichts Anders thun, als Waffeln backen, und zwar ganz vor- treffliche Waffeln. Jn einem kleinen Stübchen, hinter der Bude, werden sie heiß aufgetragen, und, wenn man Lust hat, ein Glas Mallaga dazu. Es war mein ge- wöhnliches, den Magen nicht beschwerendes Frühstück. Wem das nicht genügt, der kann aus der nächsten Bude sich eine kalte Pastete von rothen Rebhühnern holen, oder sonst eine von den tausend kalten Speisen, die ihn,
dem Jesuskinde, Alles in Marmor gehauen, aber so schoͤn, daß in einer geringen Entfernung die Phantasie sehr gluͤcklich getaͤuscht wird.
Das Palais-Royal
gleicht noch ganz dem Gemaͤlde, welches unser Lands- mann, Friedrich Schulz, einst davon entwarf. Nur der innere Hof, 320 Schritte lang und 150 breit, ist neu bepflanzt worden. Die jetzige Generazion wird es schwerlich erleben, unter dem Schatten dieser Pflanzun- gen zu wandern. Jndessen, beschattet oder unbeschattet, bleibt das Palais-Royal doch immer ein taͤglicher Sam- melplatz vieler tausend Menschen, und unter den Arka- den desselben ist es den groͤßten Theil des Tages so voll, daß man nur mit Hilfe der Ellenbogen sich durchwinden kann. Kein Wunder, denn man findet hier 18 Kaffee- haͤuser, 10 Restaurateurs, ein halbes Dutzend Pastetenbaͤcker, eben so viele Viktualienhaͤnd- ler, mehrere Weinhaͤndler, Eisverkaͤufer, Obst- weiber, ein Paar Billards, eine Menge Zucker- baͤcker, kurz, man kann hier essen und trinken, so viel und so delikat als irgend in der Welt. Unter Andern ist auch eine eigene Waffelbude hier, wo einige Menschen, den ganzen Tag vor dem Feuer sitzend, nichts Anders thun, als Waffeln backen, und zwar ganz vor- treffliche Waffeln. Jn einem kleinen Stuͤbchen, hinter der Bude, werden sie heiß aufgetragen, und, wenn man Lust hat, ein Glas Mallaga dazu. Es war mein ge- woͤhnliches, den Magen nicht beschwerendes Fruͤhstuͤck. Wem das nicht genuͤgt, der kann aus der naͤchsten Bude sich eine kalte Pastete von rothen Rebhuͤhnern holen, oder sonst eine von den tausend kalten Speisen, die ihn,
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dem Jesuskinde, Alles in Marmor gehauen, aber so schoͤn,
daß in einer geringen Entfernung die Phantasie sehr
gluͤcklich getaͤuscht wird.
Das Palais-Royal
gleicht noch ganz dem Gemaͤlde, welches unser Lands-
mann, Friedrich Schulz, einst davon entwarf. Nur
der innere Hof, 320 Schritte lang und 150 breit, ist
neu bepflanzt worden. Die jetzige Generazion wird es
schwerlich erleben, unter dem Schatten dieser Pflanzun-
gen zu wandern. Jndessen, beschattet oder unbeschattet,
bleibt das Palais-Royal doch immer ein taͤglicher Sam-
melplatz vieler tausend Menschen, und unter den Arka-
den desselben ist es den groͤßten Theil des Tages so voll,
daß man nur mit Hilfe der Ellenbogen sich durchwinden
kann. Kein Wunder, denn man findet hier 18 Kaffee-
haͤuser, 10 Restaurateurs, ein halbes Dutzend
Pastetenbaͤcker, eben so viele Viktualienhaͤnd-
ler, mehrere Weinhaͤndler, Eisverkaͤufer, Obst-
weiber, ein Paar Billards, eine Menge Zucker-
baͤcker, kurz, man kann hier essen und trinken, so viel
und so delikat als irgend in der Welt. Unter Andern
ist auch eine eigene Waffelbude hier, wo einige
Menschen, den ganzen Tag vor dem Feuer sitzend, nichts
Anders thun, als Waffeln backen, und zwar ganz vor-
treffliche Waffeln. Jn einem kleinen Stuͤbchen, hinter
der Bude, werden sie heiß aufgetragen, und, wenn man
Lust hat, ein Glas Mallaga dazu. Es war mein ge-
woͤhnliches, den Magen nicht beschwerendes Fruͤhstuͤck.
Wem das nicht genuͤgt, der kann aus der naͤchsten Bude
sich eine kalte Pastete von rothen Rebhuͤhnern holen,
oder sonst eine von den tausend kalten Speisen, die ihn,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/71>, abgerufen am 31.07.2024.
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