Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

ger Spaziergänger, dem der große Garten dennoch nicht
groß genug seyn sollte, kann, zwischen den herrlichen
Pferdegruppen hinaus wandelnd, sich sogleich in die an-
gränzenden elisäischen Felder begeben.

Tapetenfabrik der Gobelins.

Der herumführende Cicerone zeigt gewissenhaft den An-
fang und die Fortschritte dieser Kunst; man begreift aber
dennoch Wenig davon. Weberstühle hat Jedermann gese-
hen, und diesen gleicht auch hier der Mechanismus; wie
es aber zugehe, daß diese einzelnen Fäden so herrliche
Gemälde hervorbringen, das bleibt, Trotz aller Erklä-
rung, des Anstaunens würdig. -- Es waren da schöne
historische Gemälde in der Arbeit, unter andern eine
Jphigenia, wie sie den Orest erkennt, ein ausge-
zeichnet schönes Bild. -- Von dem eigentlichen Ko-
stum
der Jphigenia muß man wohl keine Spur mehr
haben: denn so oft ich es noch, nach der Angabe von
Kunstverständigen, gesehen, in Berlin, Weimar, Paris,
u. s. w. so oft finde ich es ganz verschieden. Auf dem
Gemälde, vom welchem die Rede ist, ist ihr Gewand
ganz weiß, sie trägt eine weiße Stirnbinde, und eine
Art von Ordensband, mit Sternen und halben Monden
besäet.

Die Gallerie der fertigen, zahlreichen Stücke wird
Kenner und Nichtkenner befriedigen. Die Entführung
der Orythia durch Boreas, und dann der Präsident
Mole, unter den Frondeurs, zeichnen sich besonders
aus. Alle werden jedoch durch den Mord des Ad-
miral Coligny
übertroffen. Die dahin gehörige
Stelle aus der Henriade ist auf eine Tafel geschrieben
und daneben aufgehängt. Die Figur des Admirals ist

ger Spaziergaͤnger, dem der große Garten dennoch nicht
groß genug seyn sollte, kann, zwischen den herrlichen
Pferdegruppen hinaus wandelnd, sich sogleich in die an-
graͤnzenden elisaͤischen Felder begeben.

Tapetenfabrik der Gobelins.

Der herumfuͤhrende Cicerone zeigt gewissenhaft den An-
fang und die Fortschritte dieser Kunst; man begreift aber
dennoch Wenig davon. Weberstuͤhle hat Jedermann gese-
hen, und diesen gleicht auch hier der Mechanismus; wie
es aber zugehe, daß diese einzelnen Faͤden so herrliche
Gemaͤlde hervorbringen, das bleibt, Trotz aller Erklaͤ-
rung, des Anstaunens wuͤrdig. — Es waren da schoͤne
historische Gemaͤlde in der Arbeit, unter andern eine
Jphigenia, wie sie den Orest erkennt, ein ausge-
zeichnet schoͤnes Bild. — Von dem eigentlichen Ko-
stum
der Jphigenia muß man wohl keine Spur mehr
haben: denn so oft ich es noch, nach der Angabe von
Kunstverstaͤndigen, gesehen, in Berlin, Weimar, Paris,
u. s. w. so oft finde ich es ganz verschieden. Auf dem
Gemaͤlde, vom welchem die Rede ist, ist ihr Gewand
ganz weiß, sie traͤgt eine weiße Stirnbinde, und eine
Art von Ordensband, mit Sternen und halben Monden
besaͤet.

Die Gallerie der fertigen, zahlreichen Stuͤcke wird
Kenner und Nichtkenner befriedigen. Die Entfuͤhrung
der Orythia durch Boreas, und dann der Praͤsident
Molé, unter den Frondeurs, zeichnen sich besonders
aus. Alle werden jedoch durch den Mord des Ad-
miral Coligny
uͤbertroffen. Die dahin gehoͤrige
Stelle aus der Henriade ist auf eine Tafel geschrieben
und daneben aufgehaͤngt. Die Figur des Admirals ist

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="50"/>
ger Spazierga&#x0364;nger, dem der große Garten dennoch nicht<lb/>
groß genug seyn sollte, kann, zwischen den herrlichen<lb/>
Pferdegruppen hinaus wandelnd, sich sogleich in die an-<lb/>
gra&#x0364;nzenden elisa&#x0364;ischen Felder begeben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Tapetenfabrik der Gobelins.</head><lb/>
          <p>Der herumfu&#x0364;hrende Cicerone zeigt gewissenhaft den An-<lb/>
fang und die Fortschritte dieser Kunst; man begreift aber<lb/>
dennoch Wenig davon. Weberstu&#x0364;hle hat Jedermann gese-<lb/>
hen, und diesen gleicht auch hier der Mechanismus; wie<lb/>
es aber zugehe, daß diese einzelnen Fa&#x0364;den so herrliche<lb/>
Gema&#x0364;lde hervorbringen, das bleibt, Trotz aller Erkla&#x0364;-<lb/>
rung, des Anstaunens wu&#x0364;rdig. &#x2014; Es waren da scho&#x0364;ne<lb/>
historische Gema&#x0364;lde in der Arbeit, unter andern eine<lb/><hi rendition="#g">Jphigenia,</hi> wie sie den <hi rendition="#g">Orest</hi> erkennt, ein ausge-<lb/>
zeichnet scho&#x0364;nes Bild. &#x2014; Von dem eigentlichen <hi rendition="#g">Ko-<lb/>
stum</hi> der Jphigenia muß man wohl keine Spur mehr<lb/>
haben: denn so oft ich es noch, nach der Angabe von<lb/>
Kunstversta&#x0364;ndigen, gesehen, in Berlin, Weimar, Paris,<lb/>
u. s. w. so oft finde ich es ganz verschieden. Auf dem<lb/>
Gema&#x0364;lde, vom welchem die Rede ist, ist ihr Gewand<lb/>
ganz weiß, sie tra&#x0364;gt eine weiße Stirnbinde, und eine<lb/>
Art von Ordensband, mit Sternen und halben Monden<lb/>
besa&#x0364;et.</p><lb/>
          <p>Die Gallerie der fertigen, zahlreichen Stu&#x0364;cke wird<lb/>
Kenner und Nichtkenner befriedigen. Die Entfu&#x0364;hrung<lb/>
der <hi rendition="#g">Orythia</hi> durch <hi rendition="#g">Boreas,</hi> und dann der Pra&#x0364;sident<lb/><hi rendition="#g">Molé,</hi> unter den Frondeurs, zeichnen sich besonders<lb/>
aus. Alle werden jedoch durch <hi rendition="#g">den Mord des Ad-<lb/>
miral Coligny</hi> u&#x0364;bertroffen. Die dahin geho&#x0364;rige<lb/>
Stelle aus der Henriade ist auf eine Tafel geschrieben<lb/>
und daneben aufgeha&#x0364;ngt. Die Figur des Admirals ist<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0050] ger Spaziergaͤnger, dem der große Garten dennoch nicht groß genug seyn sollte, kann, zwischen den herrlichen Pferdegruppen hinaus wandelnd, sich sogleich in die an- graͤnzenden elisaͤischen Felder begeben. Tapetenfabrik der Gobelins. Der herumfuͤhrende Cicerone zeigt gewissenhaft den An- fang und die Fortschritte dieser Kunst; man begreift aber dennoch Wenig davon. Weberstuͤhle hat Jedermann gese- hen, und diesen gleicht auch hier der Mechanismus; wie es aber zugehe, daß diese einzelnen Faͤden so herrliche Gemaͤlde hervorbringen, das bleibt, Trotz aller Erklaͤ- rung, des Anstaunens wuͤrdig. — Es waren da schoͤne historische Gemaͤlde in der Arbeit, unter andern eine Jphigenia, wie sie den Orest erkennt, ein ausge- zeichnet schoͤnes Bild. — Von dem eigentlichen Ko- stum der Jphigenia muß man wohl keine Spur mehr haben: denn so oft ich es noch, nach der Angabe von Kunstverstaͤndigen, gesehen, in Berlin, Weimar, Paris, u. s. w. so oft finde ich es ganz verschieden. Auf dem Gemaͤlde, vom welchem die Rede ist, ist ihr Gewand ganz weiß, sie traͤgt eine weiße Stirnbinde, und eine Art von Ordensband, mit Sternen und halben Monden besaͤet. Die Gallerie der fertigen, zahlreichen Stuͤcke wird Kenner und Nichtkenner befriedigen. Die Entfuͤhrung der Orythia durch Boreas, und dann der Praͤsident Molé, unter den Frondeurs, zeichnen sich besonders aus. Alle werden jedoch durch den Mord des Ad- miral Coligny uͤbertroffen. Die dahin gehoͤrige Stelle aus der Henriade ist auf eine Tafel geschrieben und daneben aufgehaͤngt. Die Figur des Admirals ist

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/50
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/50>, abgerufen am 24.11.2024.