Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.kein guter Mensch, der alle unsere Genüsse gleichsam iso- So räsonniren heut zu Tage die nämlichen Franzo- Gesellschaften und Vergnügungen. Gesellschaften giebt es freilich wohl noch, aber ohne Ge- Jst es nun aber endlich gelungen, drei Menschen zu kein guter Mensch, der alle unsere Genuͤsse gleichsam iso- So raͤsonniren heut zu Tage die naͤmlichen Franzo- Gesellschaften und Vergnuͤgungen. Gesellschaften giebt es freilich wohl noch, aber ohne Ge- Jst es nun aber endlich gelungen, drei Menschen zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="36"/> kein guter Mensch, der alle unsere Genuͤsse gleichsam iso-<lb/> liren und auf den gegenwaͤrtigen Augenblick beschraͤnken<lb/> will.</p><lb/> <p>So raͤsonniren heut zu Tage die naͤmlichen Franzo-<lb/> sen, die noch vor wenigen Jahren augenblicklich zum La-<lb/> ternenpfahl mit Demjenigen gewandert seyn wuͤrden, der<lb/> sich unterstanden haͤtte, Dergleichen laut werden zu lassen.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head>Gesellschaften und Vergnuͤgungen.</head><lb/> <p>Gesellschaften giebt es freilich wohl noch, aber ohne <hi rendition="#g">Ge-<lb/> selligkeit.</hi> Eine fremde Dame, welche schon seit meh-<lb/> reren Jahren in Paris ein großes Haus macht, klagte mir<lb/> einst: die Leute vom nouveau regime seyen nie uneini-<lb/> ger unter <hi rendition="#g">sich selbst,</hi> als wenn sie mit denen vom an-<lb/> cien regime zusammen kaͤmen. Die Letztern waͤren dann<lb/> auch wieder gespalten, weil ein Theil der Altadelichen<lb/> mit den <hi rendition="#g">neuen Menschen</hi> Umgang haͤlt, ein anderer<lb/> hingegen zu stolz oder zu arm dazu ist. Hierzu kommt<lb/> noch, daß man die liebenswuͤrdigsten Altadelichen nur<lb/> sehr selten bei sich sehen kann, weil sie entlegen wohnen,<lb/> nicht Soviel uͤbrig behalten haben, um einen Fiakre bezah-<lb/> len zu koͤnnen, und man doch nicht wagt, ihnen einen<lb/> Wagen zu schicken.</p><lb/> <p>Jst es nun aber endlich gelungen, drei Menschen zu<lb/> versammeln, so herrschen auch gewiß drei verschiedene<lb/> Meinungen in dieser kleinen Gesellschaft. Das Mis-<lb/> trauen gegen einander steht lesbar in ihren Zuͤgen, daher<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0036]
kein guter Mensch, der alle unsere Genuͤsse gleichsam iso-
liren und auf den gegenwaͤrtigen Augenblick beschraͤnken
will.
So raͤsonniren heut zu Tage die naͤmlichen Franzo-
sen, die noch vor wenigen Jahren augenblicklich zum La-
ternenpfahl mit Demjenigen gewandert seyn wuͤrden, der
sich unterstanden haͤtte, Dergleichen laut werden zu lassen.
Gesellschaften und Vergnuͤgungen.
Gesellschaften giebt es freilich wohl noch, aber ohne Ge-
selligkeit. Eine fremde Dame, welche schon seit meh-
reren Jahren in Paris ein großes Haus macht, klagte mir
einst: die Leute vom nouveau regime seyen nie uneini-
ger unter sich selbst, als wenn sie mit denen vom an-
cien regime zusammen kaͤmen. Die Letztern waͤren dann
auch wieder gespalten, weil ein Theil der Altadelichen
mit den neuen Menschen Umgang haͤlt, ein anderer
hingegen zu stolz oder zu arm dazu ist. Hierzu kommt
noch, daß man die liebenswuͤrdigsten Altadelichen nur
sehr selten bei sich sehen kann, weil sie entlegen wohnen,
nicht Soviel uͤbrig behalten haben, um einen Fiakre bezah-
len zu koͤnnen, und man doch nicht wagt, ihnen einen
Wagen zu schicken.
Jst es nun aber endlich gelungen, drei Menschen zu
versammeln, so herrschen auch gewiß drei verschiedene
Meinungen in dieser kleinen Gesellschaft. Das Mis-
trauen gegen einander steht lesbar in ihren Zuͤgen, daher
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