Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.poste royale, die Straße de la loi wird häufig wieder Die gelesensten Blätter vertheidigen den Adel oft Die Philosophie hat jene Gefühle zuweilen herabge- poste royale, die Straße de la loi wird haͤufig wieder Die gelesensten Blaͤtter vertheidigen den Adel oft Die Philosophie hat jene Gefuͤhle zuweilen herabge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="34"/> poste royale, die Straße de la loi wird haͤufig wieder<lb/> rue Richelieu genannt. — Eine Posthalterinn zwischen<lb/> Lyon und Paris sagte wehmuͤthig, als sie den Stern<lb/> auf meinem Kleide erblickte: en vous voyant, Mon-<lb/> sieur, nous renaissons. — Leute, die ihre Dienste an-<lb/> bieten, zaͤhlen es unter die Empfehlungen, vormals von<lb/> Adel gewesen zu seyn. Eine Dame, die einen Platz such-<lb/> te, fuͤhrte ausdruͤcklich an: <hi rendition="#g">sie sey die Tochter ei-<lb/> nes Ludwigsritters,</hi> und eine Andere ruͤhmte sich<lb/> in derselben Absicht ihrer adelichen Abkunft; ja, diese<lb/> Letztere ließ oͤffentlich in die Zeitung drucken: sie wuͤnsche<lb/> bei einem Herrn oder Dame de sa classe die honneurs<lb/> de la table zu machen. — Die Minister werden wieder<lb/><hi rendition="#g">Exzellenz</hi> genannt; die Livreen vermehren sich taͤglich.</p><lb/> <p>Die gelesensten Blaͤtter vertheidigen den Adel oft<lb/> geistreich. Ein gewißer Familienstolz, sagt man, ist je-<lb/> dem Rang und allen Klassen eigen. Vor der Revolution<lb/> fand sich der Buͤrger, so gut als der Edelmann, durch<lb/> eine Reihe rechtschaffener Ahnen geehrt, die etwa adeli-<lb/> che Bedienungen gehabt hatten. Selbst der Landmann<lb/> erkundigte sich sorgfaͤltig, ehe er seine Tochter verheira-<lb/> thete, nach der <hi rendition="#g">Familie</hi> des kuͤnftigen Schwiegersoh-<lb/> nes. Eine Art von Adel war selbst den Bauernhuͤtten<lb/> nicht fremd, dort bestand er in der Achtung vor dem Al-<lb/> ter und der anerkannten Redlichkeit einer Familie.</p><lb/> <p>Die Philosophie hat jene Gefuͤhle zuweilen herabge-<lb/> wuͤrdigt, die Revolution sie gar zerstoͤren wollen; Alles<lb/> rief mit Juvenal: Stemmata quid faciunt? Was kuͤm-<lb/> mern uns Voreltern? — Die Weisheit grauer Jahrhun-<lb/> derte hat diese Frage laͤngst beantwortet. Schon im Al-<lb/> terthume faͤngt jeder Mensch, der uͤber seinen Namen und<lb/> Stand befragt wird, darmit an, seine Vaͤter zu nennen.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0034]
poste royale, die Straße de la loi wird haͤufig wieder
rue Richelieu genannt. — Eine Posthalterinn zwischen
Lyon und Paris sagte wehmuͤthig, als sie den Stern
auf meinem Kleide erblickte: en vous voyant, Mon-
sieur, nous renaissons. — Leute, die ihre Dienste an-
bieten, zaͤhlen es unter die Empfehlungen, vormals von
Adel gewesen zu seyn. Eine Dame, die einen Platz such-
te, fuͤhrte ausdruͤcklich an: sie sey die Tochter ei-
nes Ludwigsritters, und eine Andere ruͤhmte sich
in derselben Absicht ihrer adelichen Abkunft; ja, diese
Letztere ließ oͤffentlich in die Zeitung drucken: sie wuͤnsche
bei einem Herrn oder Dame de sa classe die honneurs
de la table zu machen. — Die Minister werden wieder
Exzellenz genannt; die Livreen vermehren sich taͤglich.
Die gelesensten Blaͤtter vertheidigen den Adel oft
geistreich. Ein gewißer Familienstolz, sagt man, ist je-
dem Rang und allen Klassen eigen. Vor der Revolution
fand sich der Buͤrger, so gut als der Edelmann, durch
eine Reihe rechtschaffener Ahnen geehrt, die etwa adeli-
che Bedienungen gehabt hatten. Selbst der Landmann
erkundigte sich sorgfaͤltig, ehe er seine Tochter verheira-
thete, nach der Familie des kuͤnftigen Schwiegersoh-
nes. Eine Art von Adel war selbst den Bauernhuͤtten
nicht fremd, dort bestand er in der Achtung vor dem Al-
ter und der anerkannten Redlichkeit einer Familie.
Die Philosophie hat jene Gefuͤhle zuweilen herabge-
wuͤrdigt, die Revolution sie gar zerstoͤren wollen; Alles
rief mit Juvenal: Stemmata quid faciunt? Was kuͤm-
mern uns Voreltern? — Die Weisheit grauer Jahrhun-
derte hat diese Frage laͤngst beantwortet. Schon im Al-
terthume faͤngt jeder Mensch, der uͤber seinen Namen und
Stand befragt wird, darmit an, seine Vaͤter zu nennen.
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