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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Das Thal von Montmorency und die Abtei
St. Denis.

"Wollen Sie sehen, wo Rousseau gewohnt hat?" frag-
te mich eines Tages Madame Recamier. -- Ob ich das
sehen will? ist das auch eine Frage? -- "Nun so finden
Sie sich morgen früh bei mir ein, ich will Sie hinfüh-
ren." -- Früh ist es eigentlich bei einer Pariser Dame
noch um 1 Uhr Nachmittags, wo sie aufzustehen pflegt;
doch die Grazien hatten sich diesesmal früher bey der Toi-
lette eingefunden, und wir saßen um 11 Uhr schon im
Wagen. An der Barriere vertauschten wir die städtische
Equipage mit einer ländlichen, den verschlossenen Wagen
mit einem offenen, die beiden stolztrabenden Kutschpferde
mit einem raschen Postzuge. Obgleich in den letzten Ta-
gen des Novembers, gab es doch freundliche Sonnen-
blicke, eine frische erquickende Luft, welche die Wangen
meiner schönen Begleiterinn schminkte, und sie zwang, den
indischen Shawl fester um die, wie gewöhnlich, leichte
Bekleidung zu schlingen. Rasch flogen mir die Straße
entlang, nach einiger Zeit kamen wir in ein Städtchen,
es war St. Denis. -- "Haben sie die Ruinen der
Abtei schon gesehen? die Gräber unserer vormaligen Kö-
nige?" -- Nein. -- "So lassen Sie uns einen Augen-
blick aussteigen. Auch ich bin so oft hier durchgefahren,
und habe meine Neugier noch nie befriedigt." --

Wir nahmen den Weg zur Abtei. Ha! welch' ein
imposanter Anblick! Diese tausendjährigen Mauern, von

Das Thal von Montmorency und die Abtei
St. Denis.

„Wollen Sie sehen, wo Rousseau gewohnt hat?“ frag-
te mich eines Tages Madame Recamier. — Ob ich das
sehen will? ist das auch eine Frage? — „Nun so finden
Sie sich morgen fruͤh bei mir ein, ich will Sie hinfuͤh-
ren.“ — Fruͤh ist es eigentlich bei einer Pariser Dame
noch um 1 Uhr Nachmittags, wo sie aufzustehen pflegt;
doch die Grazien hatten sich diesesmal fruͤher bey der Toi-
lette eingefunden, und wir saßen um 11 Uhr schon im
Wagen. An der Barriere vertauschten wir die staͤdtische
Equipage mit einer laͤndlichen, den verschlossenen Wagen
mit einem offenen, die beiden stolztrabenden Kutschpferde
mit einem raschen Postzuge. Obgleich in den letzten Ta-
gen des Novembers, gab es doch freundliche Sonnen-
blicke, eine frische erquickende Luft, welche die Wangen
meiner schoͤnen Begleiterinn schminkte, und sie zwang, den
indischen Shawl fester um die, wie gewoͤhnlich, leichte
Bekleidung zu schlingen. Rasch flogen mir die Straße
entlang, nach einiger Zeit kamen wir in ein Staͤdtchen,
es war St. Denis. — „Haben sie die Ruinen der
Abtei schon gesehen? die Graͤber unserer vormaligen Koͤ-
nige?“ — Nein. — „So lassen Sie uns einen Augen-
blick aussteigen. Auch ich bin so oft hier durchgefahren,
und habe meine Neugier noch nie befriedigt.“ —

Wir nahmen den Weg zur Abtei. Ha! welch' ein
imposanter Anblick! Diese tausendjaͤhrigen Mauern, von

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/3>, abgerufen am 23.11.2024.