höflich, und benachrichtigte mich, daß am dritten des kommenden Monats ein noch weit interessanteres Ver- hör statt finden werde, als das heutige, zu welchem er mich einlade, wenn es mir Vergnügen gewähre. Dieses Zuvorkommen, welches ich schwerlich irgendwo in Deutsch- land hätte erwarten dürfen, überraschte mich in der That. Jch dankte ihm herzlich, und ermangelte nicht mich am bestimmten Tage einzufinden.
Diesesmal waren der Angeklagten nicht Weniger als vierzehn. Da nun jeder seinen eignen Soldaten bei sich hatte, so war auf den für sie bestimmten Bänken kaum Platz für alle. Dazu kam noch, daß die rothen Federbüsche der Soldaten viele Gesichter der Delinquen- ten verbargen, und dadurch manche physiognomische Be- merkung verhinderten. Sie hatten sämmtlich an der fa- brikation falscher Banknoten Theil genommen. Ein Ku- pferstecher Namens Duclos, der sich anheischig gemacht hatte, die Platten zu stechen, spielte die verhaßte Rolle des Angebers, und wurde so eben abgehört, als ich hineintrat. Aus mehreren Aeußerungen der Angeklagten erhellte ziemlich deutlich, daß der Patron sich schwerlich verrathen haben würde, wenn er so viele Vorschüsse be- kommen hätte, als er unaufhörlich verlangte. Nach sei- ner Anzeige an die Obrigkeit bediente sich die Polizey seiner, um die Uebrigen zu fangen. Er lockte sämmtli- che Spießgesellen zu einem Diner in Lyon. Keiner ahnete den Verrath, und so fielen sie alle auf einmal den Auf- passern in die Hände.
Die Vertheidiger der Angeklagten warfen ihm diese Hinterlist bitter vor. Sie führten unter andern an (und er konnte es nicht läugnen), daß Einige der Ver- hafteten mehreremal gegen ihn geäußert: sie wollten die
hoͤflich, und benachrichtigte mich, daß am dritten des kommenden Monats ein noch weit interessanteres Ver- hoͤr statt finden werde, als das heutige, zu welchem er mich einlade, wenn es mir Vergnuͤgen gewaͤhre. Dieses Zuvorkommen, welches ich schwerlich irgendwo in Deutsch- land haͤtte erwarten duͤrfen, uͤberraschte mich in der That. Jch dankte ihm herzlich, und ermangelte nicht mich am bestimmten Tage einzufinden.
Diesesmal waren der Angeklagten nicht Weniger als vierzehn. Da nun jeder seinen eignen Soldaten bei sich hatte, so war auf den fuͤr sie bestimmten Baͤnken kaum Platz fuͤr alle. Dazu kam noch, daß die rothen Federbuͤsche der Soldaten viele Gesichter der Delinquen- ten verbargen, und dadurch manche physiognomische Be- merkung verhinderten. Sie hatten saͤmmtlich an der fa- brikation falscher Banknoten Theil genommen. Ein Ku- pferstecher Namens Duclos, der sich anheischig gemacht hatte, die Platten zu stechen, spielte die verhaßte Rolle des Angebers, und wurde so eben abgehoͤrt, als ich hineintrat. Aus mehreren Aeußerungen der Angeklagten erhellte ziemlich deutlich, daß der Patron sich schwerlich verrathen haben wuͤrde, wenn er so viele Vorschuͤsse be- kommen haͤtte, als er unaufhoͤrlich verlangte. Nach sei- ner Anzeige an die Obrigkeit bediente sich die Polizey seiner, um die Uebrigen zu fangen. Er lockte saͤmmtli- che Spießgesellen zu einem Diner in Lyon. Keiner ahnete den Verrath, und so fielen sie alle auf einmal den Auf- passern in die Haͤnde.
Die Vertheidiger der Angeklagten warfen ihm diese Hinterlist bitter vor. Sie fuͤhrten unter andern an (und er konnte es nicht laͤugnen), daß Einige der Ver- hafteten mehreremal gegen ihn geaͤußert: sie wollten die
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hoͤflich, und benachrichtigte mich, daß am dritten des
kommenden Monats ein noch weit interessanteres Ver-
hoͤr statt finden werde, als das heutige, zu welchem er
mich einlade, wenn es mir Vergnuͤgen gewaͤhre. Dieses
Zuvorkommen, welches ich schwerlich irgendwo in Deutsch-
land haͤtte erwarten duͤrfen, uͤberraschte mich in der That.
Jch dankte ihm herzlich, und ermangelte nicht mich am
bestimmten Tage einzufinden.
Diesesmal waren der Angeklagten nicht Weniger als
vierzehn. Da nun jeder seinen eignen Soldaten bei
sich hatte, so war auf den fuͤr sie bestimmten Baͤnken
kaum Platz fuͤr alle. Dazu kam noch, daß die rothen
Federbuͤsche der Soldaten viele Gesichter der Delinquen-
ten verbargen, und dadurch manche physiognomische Be-
merkung verhinderten. Sie hatten saͤmmtlich an der fa-
brikation falscher Banknoten Theil genommen. Ein Ku-
pferstecher Namens Duclos, der sich anheischig gemacht
hatte, die Platten zu stechen, spielte die verhaßte Rolle
des Angebers, und wurde so eben abgehoͤrt, als ich
hineintrat. Aus mehreren Aeußerungen der Angeklagten
erhellte ziemlich deutlich, daß der Patron sich schwerlich
verrathen haben wuͤrde, wenn er so viele Vorschuͤsse be-
kommen haͤtte, als er unaufhoͤrlich verlangte. Nach sei-
ner Anzeige an die Obrigkeit bediente sich die Polizey
seiner, um die Uebrigen zu fangen. Er lockte saͤmmtli-
che Spießgesellen zu einem Diner in Lyon. Keiner ahnete
den Verrath, und so fielen sie alle auf einmal den Auf-
passern in die Haͤnde.
Die Vertheidiger der Angeklagten warfen ihm diese
Hinterlist bitter vor. Sie fuͤhrten unter andern an
(und er konnte es nicht laͤugnen), daß Einige der Ver-
hafteten mehreremal gegen ihn geaͤußert: sie wollten die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/26>, abgerufen am 16.02.2025.
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