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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Vom Essen und Trinken habe ich bereits gesprochen.
Man kann für 12 bis 16 Groschen recht gutessen,
und eine halbe Bouteille Wein dabei trinken, welches
man in Berlin wohl muß bleiben lassen. -- Ein Kleid
vom besten Tuche kann man für 25 bis 30 Thaler ha-
ben, die besten Stiefeln für 4 bis 5 Thaler u. s. w.

Auch den alten, merkwürdigen Lappen habe ich in
Paris aushängen sehen, der die Tapete der Köni-
ginn Mathilde
genannt wird, und von dieser Ge-
mahlinn Wilhelms des Erobers gestickt worden ist. Schon
Montfaucon hat sie in Kupferstich abbilden lassen. Sie
enthält die Geschichte der Eroberung Englands, ist 800
Jahre alt, 214 Fuß lang, aber nur 18 Zoll breit. Sie
befand sich vormals in der Kathedralkirche von Bayeux,
wo sie an gewißen feierlichen Tagen öffentlich gezeigt
wurde. Lateinische, zum Theile verloschene Jnschriften
sind über den Figuren zu lesen. Unmöglich konnte wohl
die Königinn dieß Werk allein vollbringen, alle ihre Hof-
damen müssen ihr geholfen haben. Es ist eine interessan-
te Vorstellung, wenn man sich im Geiste 800 Jahre zu-
rückversetzt, und den schönen weiblichen Hof um die Sti-
ckerei emsig beschäfftigt sieht. Wie manche schöne und
vielgeküßte Hand, von der jetzt nicht einmal die Knochen
mehr übrig sind, mag hier Nadelstiche gethan haben! --

Als in Paris angekündigt wurde, daß, aus guten
Ursachen, auf Befehl des Gouvernements, dieses Denk-
maal im Museum Napoleon ausgehängt, und gratis zu
sehen sey, war der Zulauf ungeheuer; die Säle wurden
nicht leer, und schon auf den Treppen mußte man sich
drängen. Jndessen ist für Denjenigen, der nicht eine

Vom Essen und Trinken habe ich bereits gesprochen.
Man kann fuͤr 12 bis 16 Groschen recht gutessen,
und eine halbe Bouteille Wein dabei trinken, welches
man in Berlin wohl muß bleiben lassen. — Ein Kleid
vom besten Tuche kann man fuͤr 25 bis 30 Thaler ha-
ben, die besten Stiefeln fuͤr 4 bis 5 Thaler u. s. w.

Auch den alten, merkwuͤrdigen Lappen habe ich in
Paris aushaͤngen sehen, der die Tapete der Koͤni-
ginn Mathilde
genannt wird, und von dieser Ge-
mahlinn Wilhelms des Erobers gestickt worden ist. Schon
Montfaucon hat sie in Kupferstich abbilden lassen. Sie
enthaͤlt die Geschichte der Eroberung Englands, ist 800
Jahre alt, 214 Fuß lang, aber nur 18 Zoll breit. Sie
befand sich vormals in der Kathedralkirche von Bayeux,
wo sie an gewißen feierlichen Tagen oͤffentlich gezeigt
wurde. Lateinische, zum Theile verloschene Jnschriften
sind uͤber den Figuren zu lesen. Unmoͤglich konnte wohl
die Koͤniginn dieß Werk allein vollbringen, alle ihre Hof-
damen muͤssen ihr geholfen haben. Es ist eine interessan-
te Vorstellung, wenn man sich im Geiste 800 Jahre zu-
ruͤckversetzt, und den schoͤnen weiblichen Hof um die Sti-
ckerei emsig beschaͤfftigt sieht. Wie manche schoͤne und
vielgekuͤßte Hand, von der jetzt nicht einmal die Knochen
mehr uͤbrig sind, mag hier Nadelstiche gethan haben! —

Als in Paris angekuͤndigt wurde, daß, aus guten
Ursachen, auf Befehl des Gouvernements, dieses Denk-
maal im Museum Napoleon ausgehaͤngt, und gratis zu
sehen sey, war der Zulauf ungeheuer; die Saͤle wurden
nicht leer, und schon auf den Treppen mußte man sich
draͤngen. Jndessen ist fuͤr Denjenigen, der nicht eine

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[194/0194] Vom Essen und Trinken habe ich bereits gesprochen. Man kann fuͤr 12 bis 16 Groschen recht gutessen, und eine halbe Bouteille Wein dabei trinken, welches man in Berlin wohl muß bleiben lassen. — Ein Kleid vom besten Tuche kann man fuͤr 25 bis 30 Thaler ha- ben, die besten Stiefeln fuͤr 4 bis 5 Thaler u. s. w. Auch den alten, merkwuͤrdigen Lappen habe ich in Paris aushaͤngen sehen, der die Tapete der Koͤni- ginn Mathilde genannt wird, und von dieser Ge- mahlinn Wilhelms des Erobers gestickt worden ist. Schon Montfaucon hat sie in Kupferstich abbilden lassen. Sie enthaͤlt die Geschichte der Eroberung Englands, ist 800 Jahre alt, 214 Fuß lang, aber nur 18 Zoll breit. Sie befand sich vormals in der Kathedralkirche von Bayeux, wo sie an gewißen feierlichen Tagen oͤffentlich gezeigt wurde. Lateinische, zum Theile verloschene Jnschriften sind uͤber den Figuren zu lesen. Unmoͤglich konnte wohl die Koͤniginn dieß Werk allein vollbringen, alle ihre Hof- damen muͤssen ihr geholfen haben. Es ist eine interessan- te Vorstellung, wenn man sich im Geiste 800 Jahre zu- ruͤckversetzt, und den schoͤnen weiblichen Hof um die Sti- ckerei emsig beschaͤfftigt sieht. Wie manche schoͤne und vielgekuͤßte Hand, von der jetzt nicht einmal die Knochen mehr uͤbrig sind, mag hier Nadelstiche gethan haben! — Als in Paris angekuͤndigt wurde, daß, aus guten Ursachen, auf Befehl des Gouvernements, dieses Denk- maal im Museum Napoleon ausgehaͤngt, und gratis zu sehen sey, war der Zulauf ungeheuer; die Saͤle wurden nicht leer, und schon auf den Treppen mußte man sich draͤngen. Jndessen ist fuͤr Denjenigen, der nicht eine

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/194>, abgerufen am 21.11.2024.