Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.Nicht blos die Schriftsteller werden in Frankreich Nicht blos die Schriftsteller werden in Frankreich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0164" n="164"/> <p>Nicht blos die Schriftsteller werden in Frankreich<lb/> mit solcher Achtung behandelt, auch die erste Klasse der<lb/> Schauspieler erfreut sich der Hoffnung, im Alter — nicht<lb/> etwa mit einer lumpigen Pension von ein paar hundert<lb/> Thalern abgespeist zu werden, bei der man weder leben<lb/> noch sterben, wenigstens unmoͤglich so gut leben kann,<lb/> als man bis dahin gewohnt war — nein, in eine Art<lb/> von Wohlstand, in eine bessere Lage bei reichlichern Ein-<lb/> kuͤnften versetzt zu werden. Das geht so zu: Das Théa-<lb/> tre français wird von den Mitgliedern selbst dirigirt.<lb/> Nach Abzug aller Kosten wird der Gewinn in 25 Theile<lb/> getheilt. Die Ersten und Aeltesten haben einen <hi rendition="#g">ganzen</hi><lb/> Theil, Andere einen <hi rendition="#g">halben</hi> u. s. w. Manche werden<lb/> auch blos von den Theilhabern besoldet. Wer einen gan-<lb/> zen Theil hat, zieht jaͤhrlich 25 bis 30,000 Livres (et-<lb/> wa 7 bis 8000 Thaler) aber er muß sich monatlich ei-<lb/> nen kleinen Abzug gefallen lassen, der, von Allen zu-<lb/> sammen, jaͤhrlich 72000 Livres betraͤgt. Diese Summe<lb/> wird zuruͤckgelegt und verzinset. Hat nun Einer 20 Jah-<lb/> re gedient, so kann er sich in Ruhe setzen, waͤre er auch<lb/> kaum 40 Jahre alt. Dann erhaͤlt er, <hi rendition="#g">erstens,</hi> das<lb/> waͤhrend seiner Dienstzeit zuruͤckgelegte Geld baar auf ei-<lb/> nem Brette wieder, und es betraͤgt alsdann eine Sum-<lb/> me von 30,000 Livres. <hi rendition="#g">Zweitens</hi> wird ihm eine Be-<lb/> nefizvorstellung auf dem großen Operntheater bewilligt,<lb/> die, wenn er nur irgend beliebt ist, abermals 30,000 Li-<lb/> vres eintraͤgt. <hi rendition="#g">Drittens,</hi> empfaͤngt er von den Theil-<lb/> habern eine jaͤhrliche Pension von 2000 Livres; und end-<lb/> lich, viertens, eine eben so starke Pension vom Gouver-<lb/> nement. Ueberdieß bleibt ihm das Recht, wenn er noch<lb/> jung und gesund genug ist, seinen Platz unter den Theil-<lb/> habern beizubehalten, aber das geschieht selten. — So<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0164]
Nicht blos die Schriftsteller werden in Frankreich
mit solcher Achtung behandelt, auch die erste Klasse der
Schauspieler erfreut sich der Hoffnung, im Alter — nicht
etwa mit einer lumpigen Pension von ein paar hundert
Thalern abgespeist zu werden, bei der man weder leben
noch sterben, wenigstens unmoͤglich so gut leben kann,
als man bis dahin gewohnt war — nein, in eine Art
von Wohlstand, in eine bessere Lage bei reichlichern Ein-
kuͤnften versetzt zu werden. Das geht so zu: Das Théa-
tre français wird von den Mitgliedern selbst dirigirt.
Nach Abzug aller Kosten wird der Gewinn in 25 Theile
getheilt. Die Ersten und Aeltesten haben einen ganzen
Theil, Andere einen halben u. s. w. Manche werden
auch blos von den Theilhabern besoldet. Wer einen gan-
zen Theil hat, zieht jaͤhrlich 25 bis 30,000 Livres (et-
wa 7 bis 8000 Thaler) aber er muß sich monatlich ei-
nen kleinen Abzug gefallen lassen, der, von Allen zu-
sammen, jaͤhrlich 72000 Livres betraͤgt. Diese Summe
wird zuruͤckgelegt und verzinset. Hat nun Einer 20 Jah-
re gedient, so kann er sich in Ruhe setzen, waͤre er auch
kaum 40 Jahre alt. Dann erhaͤlt er, erstens, das
waͤhrend seiner Dienstzeit zuruͤckgelegte Geld baar auf ei-
nem Brette wieder, und es betraͤgt alsdann eine Sum-
me von 30,000 Livres. Zweitens wird ihm eine Be-
nefizvorstellung auf dem großen Operntheater bewilligt,
die, wenn er nur irgend beliebt ist, abermals 30,000 Li-
vres eintraͤgt. Drittens, empfaͤngt er von den Theil-
habern eine jaͤhrliche Pension von 2000 Livres; und end-
lich, viertens, eine eben so starke Pension vom Gouver-
nement. Ueberdieß bleibt ihm das Recht, wenn er noch
jung und gesund genug ist, seinen Platz unter den Theil-
habern beizubehalten, aber das geschieht selten. — So
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