tiques die vorzüglichsten und seltensten Steine beschrie- ben; auf dieß treffliche Werk verweise ich den lernbe- gierigen Leser. Michel Angelo's Siegelring aber hat, außer der Kunst, auch noch ein menschliches Jn- teresse. Dasselbe gilt von mehreren Porträts bekann- ter Personen, derer Aehnlichkeit gerühmt wird. Die Kö- niginn Elisabeth ist mir durch ihre Häßlichkeit, und Maria Stuart durch ihre Schönheit aufgefallen. -- Daß übrigens im Steinschneiden die Neuern sich wohl noch dann und wann mit den Alten messen dürfen, hat der Tyroler Pichler bewiesen, von welchem man hier einen Stein bewundert, mit dem er den größten Kenner, Winkelmann selbst, so vollkommen angeführt, daß dieser eine eigene Abhandlung darüber geschrieben, und den Stein in Kupfer hat stechen lassen.
Die römischen Alterthümer, groß und klein, sind unzählig. Altäre und Grabsteine, Lampen aller Art, Urnen, Thränen- Vasen, Pferdgeschirre, Schlüssel, Schnallen, Glocken, Fingerhüte -- ein Rad, vermuth- lich von einem Staatswagen, -- die ersten Münzen der Römer, auffallend durch Größe und Plumpheit. Daneben die seltensten greichischen Münzen. -- Auf der Erde stehen vier große steinerne Tafeln, über und über mit sehr kleinen griechischen Schriften bedeckt. Sie enthalten das noch vollständige Testament einer Griechinn, die ihr Vermögen zu einer Sammlung von Kunstsachen vermacht. Daß sie zugleich eine gute gefäl- lige Gattinn gewesen, beweist die Ursache, welche sie von diesem Vermächtnisse anführt, ihr Mann habe es näm- lich gewünscht. -- Viele, in Herculanum ausgegrabene Alterthümer werden jeden Beschauer interessiren. Es befinden sich unter andern ein paar plumpe goldene Arm-
tiques die vorzuͤglichsten und seltensten Steine beschrie- ben; auf dieß treffliche Werk verweise ich den lernbe- gierigen Leser. Michel Angelo's Siegelring aber hat, außer der Kunst, auch noch ein menschliches Jn- teresse. Dasselbe gilt von mehreren Portraͤts bekann- ter Personen, derer Aehnlichkeit geruͤhmt wird. Die Koͤ- niginn Elisabeth ist mir durch ihre Haͤßlichkeit, und Maria Stuart durch ihre Schoͤnheit aufgefallen. — Daß uͤbrigens im Steinschneiden die Neuern sich wohl noch dann und wann mit den Alten messen duͤrfen, hat der Tyroler Pichler bewiesen, von welchem man hier einen Stein bewundert, mit dem er den groͤßten Kenner, Winkelmann selbst, so vollkommen angefuͤhrt, daß dieser eine eigene Abhandlung daruͤber geschrieben, und den Stein in Kupfer hat stechen lassen.
Die roͤmischen Alterthuͤmer, groß und klein, sind unzaͤhlig. Altaͤre und Grabsteine, Lampen aller Art, Urnen, Thraͤnen- Vasen, Pferdgeschirre, Schluͤssel, Schnallen, Glocken, Fingerhuͤte — ein Rad, vermuth- lich von einem Staatswagen, — die ersten Muͤnzen der Roͤmer, auffallend durch Groͤße und Plumpheit. Daneben die seltensten greichischen Muͤnzen. — Auf der Erde stehen vier große steinerne Tafeln, uͤber und uͤber mit sehr kleinen griechischen Schriften bedeckt. Sie enthalten das noch vollstaͤndige Testament einer Griechinn, die ihr Vermoͤgen zu einer Sammlung von Kunstsachen vermacht. Daß sie zugleich eine gute gefaͤl- lige Gattinn gewesen, beweist die Ursache, welche sie von diesem Vermaͤchtnisse anfuͤhrt, ihr Mann habe es naͤm- lich gewuͤnscht. — Viele, in Herculanum ausgegrabene Alterthuͤmer werden jeden Beschauer interessiren. Es befinden sich unter andern ein paar plumpe goldene Arm-
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tiques die vorzuͤglichsten und seltensten Steine beschrie-
ben; auf dieß treffliche Werk verweise ich den lernbe-
gierigen Leser. Michel Angelo's Siegelring aber
hat, außer der Kunst, auch noch ein menschliches Jn-
teresse. Dasselbe gilt von mehreren Portraͤts bekann-
ter Personen, derer Aehnlichkeit geruͤhmt wird. Die Koͤ-
niginn Elisabeth ist mir durch ihre Haͤßlichkeit, und
Maria Stuart durch ihre Schoͤnheit aufgefallen. —
Daß uͤbrigens im Steinschneiden die Neuern sich wohl
noch dann und wann mit den Alten messen duͤrfen, hat
der Tyroler Pichler bewiesen, von welchem man hier
einen Stein bewundert, mit dem er den groͤßten Kenner,
Winkelmann selbst, so vollkommen angefuͤhrt, daß dieser
eine eigene Abhandlung daruͤber geschrieben, und den
Stein in Kupfer hat stechen lassen.
Die roͤmischen Alterthuͤmer, groß und klein,
sind unzaͤhlig. Altaͤre und Grabsteine, Lampen aller
Art, Urnen, Thraͤnen- Vasen, Pferdgeschirre, Schluͤssel,
Schnallen, Glocken, Fingerhuͤte — ein Rad, vermuth-
lich von einem Staatswagen, — die ersten Muͤnzen
der Roͤmer, auffallend durch Groͤße und Plumpheit.
Daneben die seltensten greichischen Muͤnzen. — Auf
der Erde stehen vier große steinerne Tafeln, uͤber und
uͤber mit sehr kleinen griechischen Schriften bedeckt. Sie
enthalten das noch vollstaͤndige Testament einer
Griechinn, die ihr Vermoͤgen zu einer Sammlung von
Kunstsachen vermacht. Daß sie zugleich eine gute gefaͤl-
lige Gattinn gewesen, beweist die Ursache, welche sie von
diesem Vermaͤchtnisse anfuͤhrt, ihr Mann habe es naͤm-
lich gewuͤnscht. — Viele, in Herculanum ausgegrabene
Alterthuͤmer werden jeden Beschauer interessiren. Es
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/14>, abgerufen am 31.07.2024.
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