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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Ballets, Telemach und Psyche, werden noch immer
häufig, doch nicht mehr mit derselben Anstrengung gege-
ben, wie vor 13 Jahren.

Um kein Theater in Paris unbesehen zu lassen, ha-
be ich die große Oper weniger besucht, als ich Lust hatte.
Der jetzige Administrator derselben, Bonnet, wird mit
beißenden Kritiken verfolgt, wie alle seine Vorgänger.
Das ist nun schon einmal das Loos Aller, die Gott in
seinem Zorne dazu verdammt hat, ein Theater zu dirigi-
ren: denn da die Wenigsten wissen, wie viel Geduld,
Fleiß und Kenntnisse dazu gehören, es auch nicht wissen
wollen, und bey allem Tadel Jeder nur sein eigenes
liebes Jch im Auge hat, so werden die ausgezeichnetesten
Vorzüge übersehen, oder kühl gelobt, und die kleinsten
Mängel bitter getadelt. -- Bonnet giebt sich wahrlich
viele ruhmwürdige Mühe. Jhm sind indessen die Hände
nicht ganz ungebunden: denn er steht unter dem prefect
du palais. Es ist daher kein Wunder, daß man auch
hier auf den Geschmack des ersten Konsuls gern Rücksicht
nimmt. Ein Beyspiel mag's beweisen. Mein Reisege-
fährte, der verdienstvolle Musikdirektor, Weber, aus
Berlin, der so fest in Gluck's Fußstapfen tritt, hatte
durch eine seiner Symphonien, welche in einem öffentli-
chen Konzerte aufgeführt wurde, und durch die Beschei-
denheit, die sein Verdienst schmückt, die Administration
der großen Oper so für sich eingenommen, daß man ihm,
ganz ohne sein Zuthun, die Komposition einer Oper an-
trug, eine Auszeichnung, die Manchem, der sich solcher
rühmt, nicht widerfahren ist. Es stieß sich nur noch
an der Wahl eines guten Süjets. Jch erboth mich, ei-
nen Plan zu entwerfen; ich that es, der Zufall wollte,
daß die Geschichte von Eginhard und Emma mir

Ballets, Telemach und Psyche, werden noch immer
haͤufig, doch nicht mehr mit derselben Anstrengung gege-
ben, wie vor 13 Jahren.

Um kein Theater in Paris unbesehen zu lassen, ha-
be ich die große Oper weniger besucht, als ich Lust hatte.
Der jetzige Administrator derselben, Bonnet, wird mit
beißenden Kritiken verfolgt, wie alle seine Vorgaͤnger.
Das ist nun schon einmal das Loos Aller, die Gott in
seinem Zorne dazu verdammt hat, ein Theater zu dirigi-
ren: denn da die Wenigsten wissen, wie viel Geduld,
Fleiß und Kenntnisse dazu gehoͤren, es auch nicht wissen
wollen, und bey allem Tadel Jeder nur sein eigenes
liebes Jch im Auge hat, so werden die ausgezeichnetesten
Vorzuͤge uͤbersehen, oder kuͤhl gelobt, und die kleinsten
Maͤngel bitter getadelt. — Bonnet giebt sich wahrlich
viele ruhmwuͤrdige Muͤhe. Jhm sind indessen die Haͤnde
nicht ganz ungebunden: denn er steht unter dem préfect
du palais. Es ist daher kein Wunder, daß man auch
hier auf den Geschmack des ersten Konsuls gern Ruͤcksicht
nimmt. Ein Beyspiel mag's beweisen. Mein Reisege-
faͤhrte, der verdienstvolle Musikdirektor, Weber, aus
Berlin, der so fest in Gluck's Fußstapfen tritt, hatte
durch eine seiner Symphonien, welche in einem oͤffentli-
chen Konzerte aufgefuͤhrt wurde, und durch die Beschei-
denheit, die sein Verdienst schmuͤckt, die Administration
der großen Oper so fuͤr sich eingenommen, daß man ihm,
ganz ohne sein Zuthun, die Komposition einer Oper an-
trug, eine Auszeichnung, die Manchem, der sich solcher
ruͤhmt, nicht widerfahren ist. Es stieß sich nur noch
an der Wahl eines guten Suͤjets. Jch erboth mich, ei-
nen Plan zu entwerfen; ich that es, der Zufall wollte,
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[136/0136] Ballets, Telemach und Psyche, werden noch immer haͤufig, doch nicht mehr mit derselben Anstrengung gege- ben, wie vor 13 Jahren. Um kein Theater in Paris unbesehen zu lassen, ha- be ich die große Oper weniger besucht, als ich Lust hatte. Der jetzige Administrator derselben, Bonnet, wird mit beißenden Kritiken verfolgt, wie alle seine Vorgaͤnger. Das ist nun schon einmal das Loos Aller, die Gott in seinem Zorne dazu verdammt hat, ein Theater zu dirigi- ren: denn da die Wenigsten wissen, wie viel Geduld, Fleiß und Kenntnisse dazu gehoͤren, es auch nicht wissen wollen, und bey allem Tadel Jeder nur sein eigenes liebes Jch im Auge hat, so werden die ausgezeichnetesten Vorzuͤge uͤbersehen, oder kuͤhl gelobt, und die kleinsten Maͤngel bitter getadelt. — Bonnet giebt sich wahrlich viele ruhmwuͤrdige Muͤhe. Jhm sind indessen die Haͤnde nicht ganz ungebunden: denn er steht unter dem préfect du palais. Es ist daher kein Wunder, daß man auch hier auf den Geschmack des ersten Konsuls gern Ruͤcksicht nimmt. Ein Beyspiel mag's beweisen. Mein Reisege- faͤhrte, der verdienstvolle Musikdirektor, Weber, aus Berlin, der so fest in Gluck's Fußstapfen tritt, hatte durch eine seiner Symphonien, welche in einem oͤffentli- chen Konzerte aufgefuͤhrt wurde, und durch die Beschei- denheit, die sein Verdienst schmuͤckt, die Administration der großen Oper so fuͤr sich eingenommen, daß man ihm, ganz ohne sein Zuthun, die Komposition einer Oper an- trug, eine Auszeichnung, die Manchem, der sich solcher ruͤhmt, nicht widerfahren ist. Es stieß sich nur noch an der Wahl eines guten Suͤjets. Jch erboth mich, ei- nen Plan zu entwerfen; ich that es, der Zufall wollte, daß die Geschichte von Eginhard und Emma mir

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/136>, abgerufen am 23.11.2024.