Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

und Trost auf die Lippen geträufelt haben, ist aber doch
wohl vormals bei den Mysterien des Bacchus gebraucht
worden, wie die eingeschnittenen Figuren zur Genüge
offenbaren.

Jn demselben Schranke liegt die alte Krone der
longobardischen Könige, auch die kleinere der Königinnen.
Es sind nur Reife. Auf der ersten ist Agilulphus
Name eingegraben. -- Das Ceremonien-Schwert
des Großmeisters von Maltha, wird durch die Erinne-
rung merkwürdig, wie es hieher gekommen. -- Auf ei-
ner großen silbernen Schaale sind Scenen aus der
griechischen Geschichte, zwar sehr künstlich, aber mit ge-
waltigen Zeitverdrehungen dargestellt. Jnteressanter noch
war daran ein teursches Turnier, an welchem das Co-
stum sehr treu ausgedrückt worden. -- Einen halben
Schritt weiter findet man eine Menge kostbarer Dinge
aufbewahrt, die aus dem Grabe des Königs Clovis,
Childerichs Vater, genommen worden. Der ehemalige
Gebrauch mehrerer derselben läßt sich bloß vermuthen,
nicht mit Gewißheit bestimmen. Ein sehr altes Schwert
und der königliche Siegelring befinden sich darunter. --
Gleich daneben liegt eine goldene Kapsel in Form ei-
nes Herzeus, in welcher vormals das Herz der Anna
von Bretagne verschlossen war. Eine Jnschrift sagt,
daß es das beste Herz von der Welt gewesen. -- Ach!
die besten Herzen, die hienieden liebevoll geschlagen ha-
ben, bekommen selten goldne Kapseln.

An antiken geschnittenen Steinen ist die Sammlung
hier so reich, wie wohl sonst nirgend, und was man hier,
als zur zweyten oder dritten Klasse gehörig, nur flüchtig
übersieht, das würde an andern Orten für Schätze erster
Ordnung gelten. Millin hat in seinen monumens an-

und Trost auf die Lippen getraͤufelt haben, ist aber doch
wohl vormals bei den Mysterien des Bacchus gebraucht
worden, wie die eingeschnittenen Figuren zur Genuͤge
offenbaren.

Jn demselben Schranke liegt die alte Krone der
longobardischen Koͤnige, auch die kleinere der Koͤniginnen.
Es sind nur Reife. Auf der ersten ist Agilulphus
Name eingegraben. — Das Ceremonien-Schwert
des Großmeisters von Maltha, wird durch die Erinne-
rung merkwuͤrdig, wie es hieher gekommen. — Auf ei-
ner großen silbernen Schaale sind Scenen aus der
griechischen Geschichte, zwar sehr kuͤnstlich, aber mit ge-
waltigen Zeitverdrehungen dargestellt. Jnteressanter noch
war daran ein teursches Turnier, an welchem das Co-
stum sehr treu ausgedruͤckt worden. — Einen halben
Schritt weiter findet man eine Menge kostbarer Dinge
aufbewahrt, die aus dem Grabe des Koͤnigs Clovis,
Childerichs Vater, genommen worden. Der ehemalige
Gebrauch mehrerer derselben laͤßt sich bloß vermuthen,
nicht mit Gewißheit bestimmen. Ein sehr altes Schwert
und der koͤnigliche Siegelring befinden sich darunter. —
Gleich daneben liegt eine goldene Kapsel in Form ei-
nes Herzeus, in welcher vormals das Herz der Anna
von Bretagne verschlossen war. Eine Jnschrift sagt,
daß es das beste Herz von der Welt gewesen. — Ach!
die besten Herzen, die hienieden liebevoll geschlagen ha-
ben, bekommen selten goldne Kapseln.

An antiken geschnittenen Steinen ist die Sammlung
hier so reich, wie wohl sonst nirgend, und was man hier,
als zur zweyten oder dritten Klasse gehoͤrig, nur fluͤchtig
uͤbersieht, das wuͤrde an andern Orten fuͤr Schaͤtze erster
Ordnung gelten. Millin hat in seinen monumens an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="13"/>
und Trost auf die Lippen getra&#x0364;ufelt haben, ist aber doch<lb/>
wohl vormals bei den Mysterien des Bacchus gebraucht<lb/>
worden, wie die eingeschnittenen Figuren zur Genu&#x0364;ge<lb/>
offenbaren.</p><lb/>
        <p>Jn demselben Schranke liegt die alte <hi rendition="#g">Krone</hi> der<lb/>
longobardischen Ko&#x0364;nige, auch die kleinere der Ko&#x0364;niginnen.<lb/>
Es sind nur Reife. Auf der ersten ist <hi rendition="#g">Agilulphus</hi><lb/>
Name eingegraben. &#x2014; Das <hi rendition="#g">Ceremonien-Schwert</hi><lb/>
des Großmeisters von Maltha, wird durch die Erinne-<lb/>
rung merkwu&#x0364;rdig, wie es hieher gekommen. &#x2014; Auf ei-<lb/>
ner großen <hi rendition="#g">silbernen Schaale</hi> sind Scenen aus der<lb/>
griechischen Geschichte, zwar sehr ku&#x0364;nstlich, aber mit ge-<lb/>
waltigen Zeitverdrehungen dargestellt. Jnteressanter noch<lb/>
war daran ein teursches <hi rendition="#g">Turnier,</hi> an welchem das Co-<lb/>
stum sehr treu ausgedru&#x0364;ckt worden. &#x2014; Einen halben<lb/>
Schritt weiter findet man eine Menge kostbarer Dinge<lb/>
aufbewahrt, die aus dem Grabe des Ko&#x0364;nigs <hi rendition="#g">Clovis,</hi><lb/>
Childerichs Vater, genommen worden. Der ehemalige<lb/>
Gebrauch mehrerer derselben la&#x0364;ßt sich bloß vermuthen,<lb/>
nicht mit Gewißheit bestimmen. Ein sehr altes Schwert<lb/>
und der ko&#x0364;nigliche Siegelring befinden sich darunter. &#x2014;<lb/>
Gleich daneben liegt eine goldene <hi rendition="#g">Kapsel</hi> in Form ei-<lb/>
nes Herzeus, in welcher vormals das Herz der Anna<lb/>
von Bretagne verschlossen war. Eine Jnschrift sagt,<lb/>
daß es das beste Herz von der Welt gewesen. &#x2014; Ach!<lb/>
die besten Herzen, die hienieden liebevoll geschlagen ha-<lb/>
ben, bekommen selten goldne Kapseln.</p><lb/>
        <p>An antiken geschnittenen Steinen ist die Sammlung<lb/>
hier so reich, wie wohl sonst nirgend, und was man hier,<lb/>
als zur zweyten oder dritten Klasse geho&#x0364;rig, nur flu&#x0364;chtig<lb/>
u&#x0364;bersieht, das wu&#x0364;rde an andern Orten fu&#x0364;r Scha&#x0364;tze erster<lb/>
Ordnung gelten. Millin hat in seinen monumens an-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0013] und Trost auf die Lippen getraͤufelt haben, ist aber doch wohl vormals bei den Mysterien des Bacchus gebraucht worden, wie die eingeschnittenen Figuren zur Genuͤge offenbaren. Jn demselben Schranke liegt die alte Krone der longobardischen Koͤnige, auch die kleinere der Koͤniginnen. Es sind nur Reife. Auf der ersten ist Agilulphus Name eingegraben. — Das Ceremonien-Schwert des Großmeisters von Maltha, wird durch die Erinne- rung merkwuͤrdig, wie es hieher gekommen. — Auf ei- ner großen silbernen Schaale sind Scenen aus der griechischen Geschichte, zwar sehr kuͤnstlich, aber mit ge- waltigen Zeitverdrehungen dargestellt. Jnteressanter noch war daran ein teursches Turnier, an welchem das Co- stum sehr treu ausgedruͤckt worden. — Einen halben Schritt weiter findet man eine Menge kostbarer Dinge aufbewahrt, die aus dem Grabe des Koͤnigs Clovis, Childerichs Vater, genommen worden. Der ehemalige Gebrauch mehrerer derselben laͤßt sich bloß vermuthen, nicht mit Gewißheit bestimmen. Ein sehr altes Schwert und der koͤnigliche Siegelring befinden sich darunter. — Gleich daneben liegt eine goldene Kapsel in Form ei- nes Herzeus, in welcher vormals das Herz der Anna von Bretagne verschlossen war. Eine Jnschrift sagt, daß es das beste Herz von der Welt gewesen. — Ach! die besten Herzen, die hienieden liebevoll geschlagen ha- ben, bekommen selten goldne Kapseln. An antiken geschnittenen Steinen ist die Sammlung hier so reich, wie wohl sonst nirgend, und was man hier, als zur zweyten oder dritten Klasse gehoͤrig, nur fluͤchtig uͤbersieht, das wuͤrde an andern Orten fuͤr Schaͤtze erster Ordnung gelten. Millin hat in seinen monumens an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/13
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/13>, abgerufen am 27.11.2024.