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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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ser. -- Le Tasse mit Veränderungen. Jch weis nicht,
wie das Stück ohne Veränderungen gewesen seyn mag;
aber ich weis, daß es immer ein schlechtes Stück bleiben
wird, besonders für Jemand, der Göthe's Meisterwerke
kennt. Einige gute Situationen hat es doch. Der Mo-
ment, wo Tasse aus dem Wahnsinne nach und nach wie-
der zu sich kommt, wurde von Lafond erschütternd und
mit großer Wahrheit dargestellt. Die Prinzessinn aber,
(Mlle. Fleury) eine Vierzigerinn, machte Tasso's ver-
liebten Wahnsinn völlig unbegreiflich. -- L'homme a
bonnes fortunes. Heutzutage würde man dieses alte
Lustspiel höchstens noch als Posse durchschlüpfen lassen.
Erstaunt bin ich über Dazincourt, der, wie ein französi-
scher Nachbar mir sagte, noch ein Ueberrest der alten, gu-
ten Komödie seyn soll, und wirklich ein trefflicher komi-
scher Bedienter ist; aber -- als er seines Herrn Kleider
anzieht, um auch bonne fortune zu suchen, als er sein
Schnupftuch in eau de la vande einweicht, und es nach-
her zu naß findet, ringt er es in das Souffleur-
loch aus,
und der Zartgeschmack der Pariser nahm dar-
an keinen Anstoß. Jch äußerte meine Verwunderung
darüber gegen meinen Nachbar, er wurde verlegen, und
meynte, Dazincourt sey einmal so beliebt beym Publi-
kum, daß man ihm Alles hingehen lasse. Freylich ken-
ne ich auch in Deutschland ähnliche Beyspiele.

Zaire. Mademoiselle Volney, ein artiges, jun-
ges Mädchen, spielte die Zaire so ziemlich; Lafond
schrie als Orosmann entsetzlich. Nach der Vorstellung
wurden Beyde herausgerufen. Der Lärmen dauerte län-
ger als eine Viertelstunde, ehe Mamsell Volney er-
schien; sie trat aber kaum aus der Coulisse einen Schritt
hervor, machte eine kleine Verbeugung, und verschwand.

ser. — Le Tasse mit Veraͤnderungen. Jch weis nicht,
wie das Stuͤck ohne Veraͤnderungen gewesen seyn mag;
aber ich weis, daß es immer ein schlechtes Stuͤck bleiben
wird, besonders fuͤr Jemand, der Goͤthe's Meisterwerke
kennt. Einige gute Situationen hat es doch. Der Mo-
ment, wo Tasse aus dem Wahnsinne nach und nach wie-
der zu sich kommt, wurde von Lafond erschuͤtternd und
mit großer Wahrheit dargestellt. Die Prinzessinn aber,
(Mlle. Fleury) eine Vierzigerinn, machte Tasso's ver-
liebten Wahnsinn voͤllig unbegreiflich. — L'homme à
bonnes fortunes. Heutzutage wuͤrde man dieses alte
Lustspiel hoͤchstens noch als Posse durchschluͤpfen lassen.
Erstaunt bin ich uͤber Dazincourt, der, wie ein franzoͤsi-
scher Nachbar mir sagte, noch ein Ueberrest der alten, gu-
ten Komoͤdie seyn soll, und wirklich ein trefflicher komi-
scher Bedienter ist; aber — als er seines Herrn Kleider
anzieht, um auch bonne fortune zu suchen, als er sein
Schnupftuch in eau de la vande einweicht, und es nach-
her zu naß findet, ringt er es in das Souffleur-
loch aus,
und der Zartgeschmack der Pariser nahm dar-
an keinen Anstoß. Jch aͤußerte meine Verwunderung
daruͤber gegen meinen Nachbar, er wurde verlegen, und
meynte, Dazincourt sey einmal so beliebt beym Publi-
kum, daß man ihm Alles hingehen lasse. Freylich ken-
ne ich auch in Deutschland aͤhnliche Beyspiele.

Zaire. Mademoiselle Volney, ein artiges, jun-
ges Maͤdchen, spielte die Zaire so ziemlich; Lafond
schrie als Orosmann entsetzlich. Nach der Vorstellung
wurden Beyde herausgerufen. Der Laͤrmen dauerte laͤn-
ger als eine Viertelstunde, ehe Mamsell Volney er-
schien; sie trat aber kaum aus der Coulisse einen Schritt
hervor, machte eine kleine Verbeugung, und verschwand.

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[122/0122] ser. — Le Tasse mit Veraͤnderungen. Jch weis nicht, wie das Stuͤck ohne Veraͤnderungen gewesen seyn mag; aber ich weis, daß es immer ein schlechtes Stuͤck bleiben wird, besonders fuͤr Jemand, der Goͤthe's Meisterwerke kennt. Einige gute Situationen hat es doch. Der Mo- ment, wo Tasse aus dem Wahnsinne nach und nach wie- der zu sich kommt, wurde von Lafond erschuͤtternd und mit großer Wahrheit dargestellt. Die Prinzessinn aber, (Mlle. Fleury) eine Vierzigerinn, machte Tasso's ver- liebten Wahnsinn voͤllig unbegreiflich. — L'homme à bonnes fortunes. Heutzutage wuͤrde man dieses alte Lustspiel hoͤchstens noch als Posse durchschluͤpfen lassen. Erstaunt bin ich uͤber Dazincourt, der, wie ein franzoͤsi- scher Nachbar mir sagte, noch ein Ueberrest der alten, gu- ten Komoͤdie seyn soll, und wirklich ein trefflicher komi- scher Bedienter ist; aber — als er seines Herrn Kleider anzieht, um auch bonne fortune zu suchen, als er sein Schnupftuch in eau de la vande einweicht, und es nach- her zu naß findet, ringt er es in das Souffleur- loch aus, und der Zartgeschmack der Pariser nahm dar- an keinen Anstoß. Jch aͤußerte meine Verwunderung daruͤber gegen meinen Nachbar, er wurde verlegen, und meynte, Dazincourt sey einmal so beliebt beym Publi- kum, daß man ihm Alles hingehen lasse. Freylich ken- ne ich auch in Deutschland aͤhnliche Beyspiele. Zaire. Mademoiselle Volney, ein artiges, jun- ges Maͤdchen, spielte die Zaire so ziemlich; Lafond schrie als Orosmann entsetzlich. Nach der Vorstellung wurden Beyde herausgerufen. Der Laͤrmen dauerte laͤn- ger als eine Viertelstunde, ehe Mamsell Volney er- schien; sie trat aber kaum aus der Coulisse einen Schritt hervor, machte eine kleine Verbeugung, und verschwand.

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/122>, abgerufen am 23.11.2024.