Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.likaner mich ausgeliefert hatten. Diesem politischen Zwie- "Bei meiner Ankunft zu Londen wurde ich sogleich likaner mich ausgeliefert hatten. Diesem politischen Zwie- „Bei meiner Ankunft zu Londen wurde ich sogleich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="105"/> likaner mich ausgeliefert hatten. Diesem politischen Zwie-<lb/> spalt wurde ich, mit des listigen Puysaye's Hilfe, ge-<lb/> opfert. Charette selbst, den ich oft zu Pferde begleitete,<lb/> verboth mir ernstlich, meinen Stand zu entdecken. Der<lb/> Ruf von meinem Tode fand immer mehr Glauben. Die<lb/> wenigen besser Unterrichteten durften es nicht wagen, sich<lb/> und mich selbst in Gefahr zu setzen. Endlich verlangte Eng-<lb/> land meine Auslieferung, theils unter dem Vorwand,<lb/> die Jdentitaͤt meiner Person zu bewahrheiten, theils weil<lb/> ohnehin die koalisirten Maͤchte mich anerkennen muͤßten.<lb/> Jch wurde also auf der Kuͤste von St. Jean de Monts<lb/> eingeschifft, und, von dem Chevalier de la Roberie be-<lb/> gleitet, landete ich zu <hi rendition="#g">Jersey,</hi> wo der Prinz von<lb/><hi rendition="#g">Bouillon</hi> mich mit Auszeichnung empfieng. Der Che-<lb/> valier hatte eine von den Royalistenchefs, unterzeichnete<lb/> Erklaͤrung bei sich, wodurch sie mich fuͤr den Sohn und<lb/> Erben Ludwig des XVJ. erkannten. Dasselbe that der<lb/> Herzog von Bouillon im Stillen. Das Podagra hielt ihn<lb/> ab, mich vollends hinuͤber nach England zu begleiten.“</p><lb/> <p>„Bei meiner Ankunft zu Londen wurde ich sogleich<lb/> zu dem Herzog von Harcourt, Gesandten der franzoͤsi-<lb/> schen Prinzen am englischen Hofe, gefuͤhrt, der mich kalt<lb/> empfieng, und impertinente Fragen an mich that, auf<lb/> die ich ihn keiner Antwort wuͤrdigte. Graf Artois wollte<lb/> mich nicht sehen; und nun war es klar, daß man Ab-<lb/> sichten hatte, denen ich im Wege stand. Jndessen be-<lb/> wirkte mir der Chevalier de la Roberie eine geheime Au-<lb/> dienz bei dem Koͤnige, dem man Vieles verschwiegen hatte.<lb/> Ob Se. Majestaͤt gleich, dem Rath ihrer Minister zu-<lb/> folge, mich nicht oͤffentlich anerkennen konnten, so ließen<lb/> Sie mir doch Zimmer im Schlosse einraͤumen, mich an-<lb/> staͤndig bedienen, und behandelten mich uͤberhaupt sehr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0105]
likaner mich ausgeliefert hatten. Diesem politischen Zwie-
spalt wurde ich, mit des listigen Puysaye's Hilfe, ge-
opfert. Charette selbst, den ich oft zu Pferde begleitete,
verboth mir ernstlich, meinen Stand zu entdecken. Der
Ruf von meinem Tode fand immer mehr Glauben. Die
wenigen besser Unterrichteten durften es nicht wagen, sich
und mich selbst in Gefahr zu setzen. Endlich verlangte Eng-
land meine Auslieferung, theils unter dem Vorwand,
die Jdentitaͤt meiner Person zu bewahrheiten, theils weil
ohnehin die koalisirten Maͤchte mich anerkennen muͤßten.
Jch wurde also auf der Kuͤste von St. Jean de Monts
eingeschifft, und, von dem Chevalier de la Roberie be-
gleitet, landete ich zu Jersey, wo der Prinz von
Bouillon mich mit Auszeichnung empfieng. Der Che-
valier hatte eine von den Royalistenchefs, unterzeichnete
Erklaͤrung bei sich, wodurch sie mich fuͤr den Sohn und
Erben Ludwig des XVJ. erkannten. Dasselbe that der
Herzog von Bouillon im Stillen. Das Podagra hielt ihn
ab, mich vollends hinuͤber nach England zu begleiten.“
„Bei meiner Ankunft zu Londen wurde ich sogleich
zu dem Herzog von Harcourt, Gesandten der franzoͤsi-
schen Prinzen am englischen Hofe, gefuͤhrt, der mich kalt
empfieng, und impertinente Fragen an mich that, auf
die ich ihn keiner Antwort wuͤrdigte. Graf Artois wollte
mich nicht sehen; und nun war es klar, daß man Ab-
sichten hatte, denen ich im Wege stand. Jndessen be-
wirkte mir der Chevalier de la Roberie eine geheime Au-
dienz bei dem Koͤnige, dem man Vieles verschwiegen hatte.
Ob Se. Majestaͤt gleich, dem Rath ihrer Minister zu-
folge, mich nicht oͤffentlich anerkennen konnten, so ließen
Sie mir doch Zimmer im Schlosse einraͤumen, mich an-
staͤndig bedienen, und behandelten mich uͤberhaupt sehr
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