Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.nahme als gesittete Menschen betragen, selbst dann, wenn Ein schmeichelnder Dichter sang, während meines Auf- Jl eut pur ennemis le feu, la terre et l'onde. Das letztere kann freilich ein Dichter prophezeihen, nahme als gesittete Menschen betragen, selbst dann, wenn Ein schmeichelnder Dichter sang, waͤhrend meines Auf- Jl eut pur ennemis le feu, la terre et l'onde. Das letztere kann freilich ein Dichter prophezeihen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0090" n="86"/> nahme als gesittete Menschen betragen, selbst dann, wenn<lb/> sie mich irgendwo zuruͤckwiesen. Jch erinnere mich unter<lb/> andern, daß ich einst in der Vorhalle der Tuillerien einen<lb/> großen gedruckten Bogen an der Wand erblickte, und hin-<lb/> zutrat, um ihn zu lesen. Da naͤherte sich mir die naͤch-<lb/> Schildwache sehr bescheiden, und sagte mit einem hoͤfli-<lb/> chen Laͤcheln: „Monsieur c'est notre consigne, das darf<lb/> nicht gelesen werden.“ — Mancher Deutsche wuͤrde mir<lb/> sein: <hi rendition="#g">Herr! Das ist verboten zu lesen!</hi> sehr un-<lb/> freundlich zugerufen haben. Uebrigens war es mir in der<lb/> That leid, daß ich das Blatt nicht lesen durfte, zumal<lb/> seitdem ich wußte, was es enthielt, denn es war in so vie-<lb/> len Punkten abgefaßt, daß ein interessanter Aufschluß uͤber<lb/> die inneren Sicherheitsmaaßregeln des Pallastes darin zu<lb/> vermuthen ist.</p><lb/> <p>Ein schmeichelnder Dichter sang, waͤhrend meines Auf-<lb/> enthaltes, von Bonaparte:</p><lb/> <p>Jl eut pur ennemis le feu, la terre et l'onde.<lb/> Jl en a triomphé pour le bonheur du monde.</p><lb/> <p>Das letztere kann freilich ein <hi rendition="#g">Dichter</hi> prophezeihen,<lb/> aber nur der kuͤnftige <hi rendition="#g">Geschichtschreiber</hi> bestaͤtigen,<lb/> und dann ist noch immer zu wuͤnschen, daß jener Triumph<lb/> nie durch kleinliche Maaßregeln erreicht worden seyn moͤ-<lb/> ge. Zu solchen wuͤrde ich die ungeheure Censurbedruͤckung<lb/> rechnen, die man sich jetzt in Paris erlaubt, und die un-<lb/> ter Paul dem Ersten wahrlich nicht empoͤrender war. Der<lb/> juͤngere <hi rendition="#g">Duͤpaty</hi> schrieb ein artiges Stuͤck fuͤr das Thea-<lb/> ter Faydeau, das <hi rendition="#g">Vorzimmer</hi> betitelt, in welchem die<lb/> Emporkoͤmmlinge von der Satire gegeisselt wurden. So-<lb/> gleich findet man verwegne Anspielungen darin; man glaubt<lb/> sogar, einer der Schauspieler habe durch einen blauen Rock<lb/> mit gelben Knoͤpfen die Kleidung eines Mannes bezeich-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0090]
nahme als gesittete Menschen betragen, selbst dann, wenn
sie mich irgendwo zuruͤckwiesen. Jch erinnere mich unter
andern, daß ich einst in der Vorhalle der Tuillerien einen
großen gedruckten Bogen an der Wand erblickte, und hin-
zutrat, um ihn zu lesen. Da naͤherte sich mir die naͤch-
Schildwache sehr bescheiden, und sagte mit einem hoͤfli-
chen Laͤcheln: „Monsieur c'est notre consigne, das darf
nicht gelesen werden.“ — Mancher Deutsche wuͤrde mir
sein: Herr! Das ist verboten zu lesen! sehr un-
freundlich zugerufen haben. Uebrigens war es mir in der
That leid, daß ich das Blatt nicht lesen durfte, zumal
seitdem ich wußte, was es enthielt, denn es war in so vie-
len Punkten abgefaßt, daß ein interessanter Aufschluß uͤber
die inneren Sicherheitsmaaßregeln des Pallastes darin zu
vermuthen ist.
Ein schmeichelnder Dichter sang, waͤhrend meines Auf-
enthaltes, von Bonaparte:
Jl eut pur ennemis le feu, la terre et l'onde.
Jl en a triomphé pour le bonheur du monde.
Das letztere kann freilich ein Dichter prophezeihen,
aber nur der kuͤnftige Geschichtschreiber bestaͤtigen,
und dann ist noch immer zu wuͤnschen, daß jener Triumph
nie durch kleinliche Maaßregeln erreicht worden seyn moͤ-
ge. Zu solchen wuͤrde ich die ungeheure Censurbedruͤckung
rechnen, die man sich jetzt in Paris erlaubt, und die un-
ter Paul dem Ersten wahrlich nicht empoͤrender war. Der
juͤngere Duͤpaty schrieb ein artiges Stuͤck fuͤr das Thea-
ter Faydeau, das Vorzimmer betitelt, in welchem die
Emporkoͤmmlinge von der Satire gegeisselt wurden. So-
gleich findet man verwegne Anspielungen darin; man glaubt
sogar, einer der Schauspieler habe durch einen blauen Rock
mit gelben Knoͤpfen die Kleidung eines Mannes bezeich-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |