ke herum ritt, war sein Leben in der Hand eines jeden entschlossenen Bösewichts. -- Auch als er wieder in den Hof hereinritt, wurde er verschiedene male von Frauen- zimmern angehalten, die ihm in der That sehr nahe auf den Leib traten, mit ihm sprachen und ihm Bittschriften hinauf reichten. Er gab diese, so viel ich sehen konnte, seinen Adjutanten. Doch eine, deren Ueberreicherin (wenn meine Augen mich nicht getäuscht haben) sogar den Zügel seines Rosses gefaßt hatte, entfaltete er sogleich, las sie auf dem Pferde und gab der Supplikantin einen kurzen Bescheid. -- Während dieser ganzen Heerschau war sein treuer, prächtig gekleideter Mameluck nicht dicht hinter ihm, (wie man so oft in Deutschland uns erzählt), son- dern bloß im Gefolge hinter allen Generalen.
Jetzt kam der Held zurück und hielt vor dem Eingang der Tuillerien, nur wenige Schritte von dem Platze, den ich einnahm; hier überreichte ihm der türkische Gesandte im Namen des Großherrn zwei Pferde zum Geschenk, die sehr schön seyn sollen, von deren Schönheit aber dem Auge wenig sichtbar wurde, weil das lange, weite von Gold und Perlen strotzende Reitzeug sie fast ganz bedeckte. Muthig waren sie allerdings, denn als zwei Türken sich darauf setzten, um auf dem Platze sie herum zu tummeln, ward der Eine sogleich abgeworfen, schien aber das Ding gewohnt zu seyn, denn er stand flugs auf den Beinen und war auch mit Einem Sprunge wieder im Sattel. -- Bonaparte, der während dieser Kavalkade oft Tabak aus einer sehr einfachen Dose von Schildplatt schnupfte, wür- digte das Geschenk eben keiner großen Aufmerksamkeit; kaum warf er dann und wann einen gleichgültigen Blick darauf. Hingegen schien er ganz mit den Truppen be- schäftigt, die er jetzt, ein Regiment nach dem andern,
ke herum ritt, war sein Leben in der Hand eines jeden entschlossenen Boͤsewichts. — Auch als er wieder in den Hof hereinritt, wurde er verschiedene male von Frauen- zimmern angehalten, die ihm in der That sehr nahe auf den Leib traten, mit ihm sprachen und ihm Bittschriften hinauf reichten. Er gab diese, so viel ich sehen konnte, seinen Adjutanten. Doch eine, deren Ueberreicherin (wenn meine Augen mich nicht getaͤuscht haben) sogar den Zuͤgel seines Rosses gefaßt hatte, entfaltete er sogleich, las sie auf dem Pferde und gab der Supplikantin einen kurzen Bescheid. — Waͤhrend dieser ganzen Heerschau war sein treuer, praͤchtig gekleideter Mameluck nicht dicht hinter ihm, (wie man so oft in Deutschland uns erzaͤhlt), son- dern bloß im Gefolge hinter allen Generalen.
Jetzt kam der Held zuruͤck und hielt vor dem Eingang der Tuillerien, nur wenige Schritte von dem Platze, den ich einnahm; hier uͤberreichte ihm der tuͤrkische Gesandte im Namen des Großherrn zwei Pferde zum Geschenk, die sehr schoͤn seyn sollen, von deren Schoͤnheit aber dem Auge wenig sichtbar wurde, weil das lange, weite von Gold und Perlen strotzende Reitzeug sie fast ganz bedeckte. Muthig waren sie allerdings, denn als zwei Tuͤrken sich darauf setzten, um auf dem Platze sie herum zu tummeln, ward der Eine sogleich abgeworfen, schien aber das Ding gewohnt zu seyn, denn er stand flugs auf den Beinen und war auch mit Einem Sprunge wieder im Sattel. — Bonaparte, der waͤhrend dieser Kavalkade oft Tabak aus einer sehr einfachen Dose von Schildplatt schnupfte, wuͤr- digte das Geschenk eben keiner großen Aufmerksamkeit; kaum warf er dann und wann einen gleichguͤltigen Blick darauf. Hingegen schien er ganz mit den Truppen be- schaͤftigt, die er jetzt, ein Regiment nach dem andern,
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ke herum ritt, war sein Leben in der Hand eines jeden
entschlossenen Boͤsewichts. — Auch als er wieder in den
Hof hereinritt, wurde er verschiedene male von Frauen-
zimmern angehalten, die ihm in der That sehr nahe auf
den Leib traten, mit ihm sprachen und ihm Bittschriften
hinauf reichten. Er gab diese, so viel ich sehen konnte,
seinen Adjutanten. Doch eine, deren Ueberreicherin (wenn
meine Augen mich nicht getaͤuscht haben) sogar den Zuͤgel
seines Rosses gefaßt hatte, entfaltete er sogleich, las sie
auf dem Pferde und gab der Supplikantin einen kurzen
Bescheid. — Waͤhrend dieser ganzen Heerschau war sein
treuer, praͤchtig gekleideter Mameluck nicht dicht hinter
ihm, (wie man so oft in Deutschland uns erzaͤhlt), son-
dern bloß im Gefolge hinter allen Generalen.
Jetzt kam der Held zuruͤck und hielt vor dem Eingang
der Tuillerien, nur wenige Schritte von dem Platze, den
ich einnahm; hier uͤberreichte ihm der tuͤrkische Gesandte
im Namen des Großherrn zwei Pferde zum Geschenk,
die sehr schoͤn seyn sollen, von deren Schoͤnheit aber dem
Auge wenig sichtbar wurde, weil das lange, weite von
Gold und Perlen strotzende Reitzeug sie fast ganz bedeckte.
Muthig waren sie allerdings, denn als zwei Tuͤrken sich
darauf setzten, um auf dem Platze sie herum zu tummeln,
ward der Eine sogleich abgeworfen, schien aber das Ding
gewohnt zu seyn, denn er stand flugs auf den Beinen
und war auch mit Einem Sprunge wieder im Sattel. —
Bonaparte, der waͤhrend dieser Kavalkade oft Tabak aus
einer sehr einfachen Dose von Schildplatt schnupfte, wuͤr-
digte das Geschenk eben keiner großen Aufmerksamkeit;
kaum warf er dann und wann einen gleichguͤltigen Blick
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schaͤftigt, die er jetzt, ein Regiment nach dem andern,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/81>, abgerufen am 16.02.2025.
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