Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.allen Stürmen bloß stellen, und sinkt oft ermattet nieder. Wohl dem Kummervollen, der reisen darf! Fremde Potsdam. Welch ein Gewimmel und Getümmel belebt des be- allen Stuͤrmen bloß stellen, und sinkt oft ermattet nieder. Wohl dem Kummervollen, der reisen darf! Fremde Potsdam. Welch ein Gewimmel und Getuͤmmel belebt des be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="4"/> allen Stuͤrmen bloß stellen, und sinkt oft ermattet nieder.<lb/> Jm frohen Umgang mit einem muntern Gefaͤhrten, sucht<lb/> und findet der Reisende Erholung; aber im Arm des treuen<lb/> Lebensgefaͤhrten kann man sich nie sicher der Freude uͤber-<lb/> lassen: denn in dem Augenblick vielleicht, wo man ihn am<lb/> herzlichsten an seinen Busen druͤckt, muß man ihn, wie<lb/> eine welke Blume, ploͤtzlich fallen sehn! — Genug! —</p><lb/> <p>Wohl dem Kummervollen, der reisen <hi rendition="#g">darf!</hi> Fremde<lb/> Berge und Thaͤler, <hi rendition="#g">ach!</hi> und mehr noch fremde <hi rendition="#g">Gesich-<lb/> ter,</hi> die nichts von ihm wissen, nichts von dem ahnen,<lb/> was in ihm vorgeht, die muß er suchen, wenn er seines<lb/> Lebens druͤckende Erinnerungen, eine nach der andern, von<lb/> sich waͤlzen will. Wem das Feuer sein Haus zerstoͤrte,<lb/> thaͤte thoͤricht, den rauchenden Truͤmmern gegenuͤber sitzen<lb/> zu bleiben. Wohl mir! Jch entferne mich von ihnen!</p><lb/> <p>Potsdam.</p><lb/> <p>Welch ein Gewimmel und Getuͤmmel belebt des be-<lb/> sten Koͤnigs sonst ruhige Wohnung! Uniformen von allen<lb/> Farben malen die Straßen bunt, Fremden aus allen Ge-<lb/> genden stroͤmen zum praͤchtigen Schauspiel; die dumpfe<lb/> Trommel wirbelt, und das Geschuͤtz donnert, und des<lb/> halben Mondes Gloͤcklein toͤnen freundlich dazwischen. Die<lb/> Thore sind nicht weit genug, die schauende Menge zu fas-<lb/> sen: sie druͤckt und draͤngt, preßt und schiebt sich; hier<lb/> stoͤßt ein Elbogen, dort streift ein Rad; hier bleibt den zar-<lb/> ten Schoͤnen ein Sporn im Kleide haͤngen; dort ruht der<lb/> Kopf eines Gauls auf ihrer duͤnn- verschleierten Schulter:<lb/> bis endlich aus des Thores weiten Munde die Wolke her-<lb/> vorquillt, Huͤgel und Thaͤler uͤberschwemmt. Da stehen<lb/> und wogen die Tausende, und heften ihre Blicke, von Ver-<lb/> gnuͤgen trunken, auf die lange unabsehbare Fronte, uͤber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0008]
allen Stuͤrmen bloß stellen, und sinkt oft ermattet nieder.
Jm frohen Umgang mit einem muntern Gefaͤhrten, sucht
und findet der Reisende Erholung; aber im Arm des treuen
Lebensgefaͤhrten kann man sich nie sicher der Freude uͤber-
lassen: denn in dem Augenblick vielleicht, wo man ihn am
herzlichsten an seinen Busen druͤckt, muß man ihn, wie
eine welke Blume, ploͤtzlich fallen sehn! — Genug! —
Wohl dem Kummervollen, der reisen darf! Fremde
Berge und Thaͤler, ach! und mehr noch fremde Gesich-
ter, die nichts von ihm wissen, nichts von dem ahnen,
was in ihm vorgeht, die muß er suchen, wenn er seines
Lebens druͤckende Erinnerungen, eine nach der andern, von
sich waͤlzen will. Wem das Feuer sein Haus zerstoͤrte,
thaͤte thoͤricht, den rauchenden Truͤmmern gegenuͤber sitzen
zu bleiben. Wohl mir! Jch entferne mich von ihnen!
Potsdam.
Welch ein Gewimmel und Getuͤmmel belebt des be-
sten Koͤnigs sonst ruhige Wohnung! Uniformen von allen
Farben malen die Straßen bunt, Fremden aus allen Ge-
genden stroͤmen zum praͤchtigen Schauspiel; die dumpfe
Trommel wirbelt, und das Geschuͤtz donnert, und des
halben Mondes Gloͤcklein toͤnen freundlich dazwischen. Die
Thore sind nicht weit genug, die schauende Menge zu fas-
sen: sie druͤckt und draͤngt, preßt und schiebt sich; hier
stoͤßt ein Elbogen, dort streift ein Rad; hier bleibt den zar-
ten Schoͤnen ein Sporn im Kleide haͤngen; dort ruht der
Kopf eines Gauls auf ihrer duͤnn- verschleierten Schulter:
bis endlich aus des Thores weiten Munde die Wolke her-
vorquillt, Huͤgel und Thaͤler uͤberschwemmt. Da stehen
und wogen die Tausende, und heften ihre Blicke, von Ver-
gnuͤgen trunken, auf die lange unabsehbare Fronte, uͤber
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