Grieche, den das Orakel für den Weisesten erklärte, sei- ner Weisheit unbeschadet, einen Dämon haben durfte, warum denn nicht Bonaparte einen Stern? --
Die große Parade, jetzt eine der vorzüglichsten Merk- würdigkeiten von Paris, hab' ich auch ein paarmal mit angesehen. Es ist in der That ein imponirendes Schau- spiel. Jch befand mich nebst einigen Anderen in einem Saal der bel-etage, fast in der Mitte der Tuillerien, durch welchen Bonaparte gehen mußte. Die Bedienten hatten uns diesen Platz mit vieler Höflichkeit angewiesen, und unsern Uniformen verdankten wir es, daß wir auch da bleiben durften; denn bald kam ein Adjutant, der einem unserer Gefährten im Frack (jedoch abermals mit großer Höflichkeit), andeutete, er könne hier nicht stehen bleiben, und ihm eine andere sehr gute Stelle anweisen ließ.
Alle Säle waren en haie mit Garden besetzt, zehn bis zwölf Mann in jedem Saale, alle zwei bis drei Schrit- te ein Mann, so auch die Treppen, wo jede Stufe zwei Mann trug. Auf dem großen Hofe der Tuillerien war die Jnfanterie bereits aufmarschirt, vier oder fünf verschie- dene Regimenter. Die Uniformen würden wenig ins Au- ge fallen, denn sie sind einfach, und die langen Röcke scheinen mir weder schön noch bequem, aber die gewalti- gen Bärenmützen gewähren einen kriegerischen Anblick. Die Fahnen der Konsular-Garde sind nicht bloß mit den Nationalfarben geschmückt, sondern führen in der Mitte goldne Sonnen, und sind größtentheils grün, auch die Federbüsche der Gardeofficiere sind roth und grün. Ei- ne eitle Zierde jedes Regiments ist der Regimentstambour, der von dem Corps der Officiere mit verschwenderischer Pracht gekleidet wird, wobei man es stets einander zuvor
Grieche, den das Orakel fuͤr den Weisesten erklaͤrte, sei- ner Weisheit unbeschadet, einen Daͤmon haben durfte, warum denn nicht Bonaparte einen Stern? —
Die große Parade, jetzt eine der vorzuͤglichsten Merk- wuͤrdigkeiten von Paris, hab' ich auch ein paarmal mit angesehen. Es ist in der That ein imponirendes Schau- spiel. Jch befand mich nebst einigen Anderen in einem Saal der bel-étage, fast in der Mitte der Tuillerien, durch welchen Bonaparte gehen mußte. Die Bedienten hatten uns diesen Platz mit vieler Hoͤflichkeit angewiesen, und unsern Uniformen verdankten wir es, daß wir auch da bleiben durften; denn bald kam ein Adjutant, der einem unserer Gefaͤhrten im Frack (jedoch abermals mit großer Hoͤflichkeit), andeutete, er koͤnne hier nicht stehen bleiben, und ihm eine andere sehr gute Stelle anweisen ließ.
Alle Saͤle waren en haie mit Garden besetzt, zehn bis zwoͤlf Mann in jedem Saale, alle zwei bis drei Schrit- te ein Mann, so auch die Treppen, wo jede Stufe zwei Mann trug. Auf dem großen Hofe der Tuillerien war die Jnfanterie bereits aufmarschirt, vier oder fuͤnf verschie- dene Regimenter. Die Uniformen wuͤrden wenig ins Au- ge fallen, denn sie sind einfach, und die langen Roͤcke scheinen mir weder schoͤn noch bequem, aber die gewalti- gen Baͤrenmuͤtzen gewaͤhren einen kriegerischen Anblick. Die Fahnen der Konsular-Garde sind nicht bloß mit den Nationalfarben geschmuͤckt, sondern fuͤhren in der Mitte goldne Sonnen, und sind groͤßtentheils gruͤn, auch die Federbuͤsche der Gardeofficiere sind roth und gruͤn. Ei- ne eitle Zierde jedes Regiments ist der Regimentstambour, der von dem Corps der Officiere mit verschwenderischer Pracht gekleidet wird, wobei man es stets einander zuvor
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Grieche, den das Orakel fuͤr den Weisesten erklaͤrte, sei-
ner Weisheit unbeschadet, einen Daͤmon haben durfte,
warum denn nicht Bonaparte einen Stern? —
Die große Parade, jetzt eine der vorzuͤglichsten Merk-
wuͤrdigkeiten von Paris, hab' ich auch ein paarmal mit
angesehen. Es ist in der That ein imponirendes Schau-
spiel. Jch befand mich nebst einigen Anderen in einem
Saal der bel-étage, fast in der Mitte der Tuillerien,
durch welchen Bonaparte gehen mußte. Die Bedienten
hatten uns diesen Platz mit vieler Hoͤflichkeit angewiesen,
und unsern Uniformen verdankten wir es, daß wir auch
da bleiben durften; denn bald kam ein Adjutant, der
einem unserer Gefaͤhrten im Frack (jedoch abermals mit
großer Hoͤflichkeit), andeutete, er koͤnne hier nicht stehen
bleiben, und ihm eine andere sehr gute Stelle anweisen
ließ.
Alle Saͤle waren en haie mit Garden besetzt, zehn
bis zwoͤlf Mann in jedem Saale, alle zwei bis drei Schrit-
te ein Mann, so auch die Treppen, wo jede Stufe zwei
Mann trug. Auf dem großen Hofe der Tuillerien war
die Jnfanterie bereits aufmarschirt, vier oder fuͤnf verschie-
dene Regimenter. Die Uniformen wuͤrden wenig ins Au-
ge fallen, denn sie sind einfach, und die langen Roͤcke
scheinen mir weder schoͤn noch bequem, aber die gewalti-
gen Baͤrenmuͤtzen gewaͤhren einen kriegerischen Anblick.
Die Fahnen der Konsular-Garde sind nicht bloß mit den
Nationalfarben geschmuͤckt, sondern fuͤhren in der Mitte
goldne Sonnen, und sind groͤßtentheils gruͤn, auch die
Federbuͤsche der Gardeofficiere sind roth und gruͤn. Ei-
ne eitle Zierde jedes Regiments ist der Regimentstambour,
der von dem Corps der Officiere mit verschwenderischer
Pracht gekleidet wird, wobei man es stets einander zuvor
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/79>, abgerufen am 16.02.2025.
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