Es wäre kühn und zwecklos, wenn ich über Bonaparte als Helden oder Staatsmann, sprechen wollte. Thaten durch Erfolg gekrönt, sind immer Heldenthaten, und die- jenige Staatskunst ist die rechte, die dem Lande Glück und Ruhm bringt. Daher kann nur die Nachwelt über den Mann richten, der jetzt, wie einst vom Jupiter gesungen wurde, mit seinem Augenwimper Welten bewegt. Und worauf wird das Urtheil der Nachwelt sich gründen? Aber- mals fast nur auf den Erfolg; wir beschränkte Men- schen haben nun einmal keinen andern Maasstab. Er- kämpft Bonaparte Frieden und lange Ruhe; darf er das Schwert für eine Reihe von Jahren sinken lassen, -- (es ganz in die Scheide zu senken, wär' ihm schwerlich zu ra- then), -- so wird er auch gewiß alle die wohlthätigen Begleiter des Friedens unter seinem Schilde sammeln. Man giebt ihm Schuld, was man schon vielen großen Männern vorgeworfen, er achte die Menschen wenig, sie seyen ihm nur Mittel zum Zwecke. Gesetzt dem wäre so, (und ohne zu erinnern, daß dem Manne auf des Berges Spitze die Menschen im Thale nur klein scheinen, der Regent hingegen an des Volkes Spitze nicht wenig Men- schen kennen lernt, die wirklich klein sind,) -- gesetzt also dem wäre so, was kümmert es das Volk, zu wissen, warum Bonaparte es glücklich gemacht hat? -- Wenn nur die schöne Zeit wiederkehrt, wo jeder Bauer sein Huhn in den Topf steckt, wird er dabei fragen: ist es auch die Liebe des Regenten, der ich meinen Wohlstand verdan-
Der erste Konsul und dessen Umgebungen.
Es waͤre kuͤhn und zwecklos, wenn ich uͤber Bonaparte als Helden oder Staatsmann, sprechen wollte. Thaten durch Erfolg gekroͤnt, sind immer Heldenthaten, und die- jenige Staatskunst ist die rechte, die dem Lande Gluͤck und Ruhm bringt. Daher kann nur die Nachwelt uͤber den Mann richten, der jetzt, wie einst vom Jupiter gesungen wurde, mit seinem Augenwimper Welten bewegt. Und worauf wird das Urtheil der Nachwelt sich gruͤnden? Aber- mals fast nur auf den Erfolg; wir beschraͤnkte Men- schen haben nun einmal keinen andern Maasstab. Er- kaͤmpft Bonaparte Frieden und lange Ruhe; darf er das Schwert fuͤr eine Reihe von Jahren sinken lassen, — (es ganz in die Scheide zu senken, waͤr' ihm schwerlich zu ra- then), — so wird er auch gewiß alle die wohlthaͤtigen Begleiter des Friedens unter seinem Schilde sammeln. Man giebt ihm Schuld, was man schon vielen großen Maͤnnern vorgeworfen, er achte die Menschen wenig, sie seyen ihm nur Mittel zum Zwecke. Gesetzt dem waͤre so, (und ohne zu erinnern, daß dem Manne auf des Berges Spitze die Menschen im Thale nur klein scheinen, der Regent hingegen an des Volkes Spitze nicht wenig Men- schen kennen lernt, die wirklich klein sind,) — gesetzt also dem waͤre so, was kuͤmmert es das Volk, zu wissen, warum Bonaparte es gluͤcklich gemacht hat? — Wenn nur die schoͤne Zeit wiederkehrt, wo jeder Bauer sein Huhn in den Topf steckt, wird er dabei fragen: ist es auch die Liebe des Regenten, der ich meinen Wohlstand verdan-
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Der erste Konsul und dessen Umgebungen.
Es waͤre kuͤhn und zwecklos, wenn ich uͤber Bonaparte
als Helden oder Staatsmann, sprechen wollte. Thaten
durch Erfolg gekroͤnt, sind immer Heldenthaten, und die-
jenige Staatskunst ist die rechte, die dem Lande Gluͤck und
Ruhm bringt. Daher kann nur die Nachwelt uͤber den
Mann richten, der jetzt, wie einst vom Jupiter gesungen
wurde, mit seinem Augenwimper Welten bewegt. Und
worauf wird das Urtheil der Nachwelt sich gruͤnden? Aber-
mals fast nur auf den Erfolg; wir beschraͤnkte Men-
schen haben nun einmal keinen andern Maasstab. Er-
kaͤmpft Bonaparte Frieden und lange Ruhe; darf er das
Schwert fuͤr eine Reihe von Jahren sinken lassen, — (es
ganz in die Scheide zu senken, waͤr' ihm schwerlich zu ra-
then), — so wird er auch gewiß alle die wohlthaͤtigen
Begleiter des Friedens unter seinem Schilde sammeln.
Man giebt ihm Schuld, was man schon vielen großen
Maͤnnern vorgeworfen, er achte die Menschen wenig, sie
seyen ihm nur Mittel zum Zwecke. Gesetzt dem waͤre so,
(und ohne zu erinnern, daß dem Manne auf des Berges
Spitze die Menschen im Thale nur klein scheinen, der
Regent hingegen an des Volkes Spitze nicht wenig Men-
schen kennen lernt, die wirklich klein sind,) — gesetzt
also dem waͤre so, was kuͤmmert es das Volk, zu wissen,
warum Bonaparte es gluͤcklich gemacht hat? — Wenn
nur die schoͤne Zeit wiederkehrt, wo jeder Bauer sein Huhn
in den Topf steckt, wird er dabei fragen: ist es auch die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/75>, abgerufen am 16.02.2025.
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