Trinkgeld verlangten, die Köchin, zwei Stubenmädchen, die Feuer machen und Essen bringen, eine andere, die das Bett macht; wieder eine andere, die Kaffee und Thee bringt, dann verschiedene Hausknechte, der Kutscher und endlich noch ein Stallknecht, der den Reisewagen gewa- schen hatte. Da können Sie sich nicht anders durchschla- gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. -- Diese schreckliche Jagd auf fremde Beutel rührt zum Theil von der großen Armuth und von dem Mangel an Reisenden her, über den ich überall klagen hörte. Die Engländer, die sonst am meisten reisen und Geld verschwenden, dür- fen sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer Reiseliebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeiten ab- halten. Das ungebührliche Erpressen der Gastwirthe und Posthalter ist aber wiederum auf der andern Seite Ursa- che, daß selbst die wohlhabendsten und angesehensten Leu- te in Frankreich nicht mehr mit Extrapost reisen. -- Un- zählige Diligencen, sogenannte Berlinen und Cabrio- lets durchkreuzen alle Straßen; sie sind sämmtlich be- quem, in Ressorts hangend, und gehen fast schneller als die Extraposten. Der Reisende kann, wenn er Bequem- lichkeit liebt, einige Plätze mehr bestellen, als er wirklich braucht, ja er kann die ganze Berline für sich allein nehmen, und es wird ihm immer noch nicht die Hälfte von dem kosten, was er für Extrapost ausgeben müßte. Jn allen Wirthshäusern findet er einen guten Tisch für sehr mäßige Preise; der Conducteur macht die Auslagen, und sorgt für Alles; mit den Postillionen hat er nichts zu schaffen, und für Wagenreparaturen braucht er nicht zu sorgen. Aller Aerger und alle Prellerei fallen auf die- se Weise hinweg, und ich rathe daher einem jeden, sei- nen eigenen Wagen in einem Grenzort stehen zu lassen,
Trinkgeld verlangten, die Koͤchin, zwei Stubenmaͤdchen, die Feuer machen und Essen bringen, eine andere, die das Bett macht; wieder eine andere, die Kaffee und Thee bringt, dann verschiedene Hausknechte, der Kutscher und endlich noch ein Stallknecht, der den Reisewagen gewa- schen hatte. Da koͤnnen Sie sich nicht anders durchschla- gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. — Diese schreckliche Jagd auf fremde Beutel ruͤhrt zum Theil von der großen Armuth und von dem Mangel an Reisenden her, uͤber den ich uͤberall klagen hoͤrte. Die Englaͤnder, die sonst am meisten reisen und Geld verschwenden, duͤr- fen sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer Reiseliebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeiten ab- halten. Das ungebuͤhrliche Erpressen der Gastwirthe und Posthalter ist aber wiederum auf der andern Seite Ursa- che, daß selbst die wohlhabendsten und angesehensten Leu- te in Frankreich nicht mehr mit Extrapost reisen. — Un- zaͤhlige Diligencen, sogenannte Berlinen und Cabrio- lets durchkreuzen alle Straßen; sie sind saͤmmtlich be- quem, in Ressorts hangend, und gehen fast schneller als die Extraposten. Der Reisende kann, wenn er Bequem- lichkeit liebt, einige Plaͤtze mehr bestellen, als er wirklich braucht, ja er kann die ganze Berline fuͤr sich allein nehmen, und es wird ihm immer noch nicht die Haͤlfte von dem kosten, was er fuͤr Extrapost ausgeben muͤßte. Jn allen Wirthshaͤusern findet er einen guten Tisch fuͤr sehr maͤßige Preise; der Conducteur macht die Auslagen, und sorgt fuͤr Alles; mit den Postillionen hat er nichts zu schaffen, und fuͤr Wagenreparaturen braucht er nicht zu sorgen. Aller Aerger und alle Prellerei fallen auf die- se Weise hinweg, und ich rathe daher einem jeden, sei- nen eigenen Wagen in einem Grenzort stehen zu lassen,
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Trinkgeld verlangten, die Koͤchin, zwei Stubenmaͤdchen,
die Feuer machen und Essen bringen, eine andere, die
das Bett macht; wieder eine andere, die Kaffee und Thee
bringt, dann verschiedene Hausknechte, der Kutscher und
endlich noch ein Stallknecht, der den Reisewagen gewa-
schen hatte. Da koͤnnen Sie sich nicht anders durchschla-
gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. — Diese
schreckliche Jagd auf fremde Beutel ruͤhrt zum Theil von
der großen Armuth und von dem Mangel an Reisenden
her, uͤber den ich uͤberall klagen hoͤrte. Die Englaͤnder,
die sonst am meisten reisen und Geld verschwenden, duͤr-
fen sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer
Reiseliebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeiten ab-
halten. Das ungebuͤhrliche Erpressen der Gastwirthe und
Posthalter ist aber wiederum auf der andern Seite Ursa-
che, daß selbst die wohlhabendsten und angesehensten Leu-
te in Frankreich nicht mehr mit Extrapost reisen. — Un-
zaͤhlige Diligencen, sogenannte Berlinen und Cabrio-
lets durchkreuzen alle Straßen; sie sind saͤmmtlich be-
quem, in Ressorts hangend, und gehen fast schneller als
die Extraposten. Der Reisende kann, wenn er Bequem-
lichkeit liebt, einige Plaͤtze mehr bestellen, als er wirklich
braucht, ja er kann die ganze Berline fuͤr sich allein
nehmen, und es wird ihm immer noch nicht die Haͤlfte
von dem kosten, was er fuͤr Extrapost ausgeben muͤßte.
Jn allen Wirthshaͤusern findet er einen guten Tisch fuͤr
sehr maͤßige Preise; der Conducteur macht die Auslagen,
und sorgt fuͤr Alles; mit den Postillionen hat er nichts
zu schaffen, und fuͤr Wagenreparaturen braucht er nicht
zu sorgen. Aller Aerger und alle Prellerei fallen auf die-
se Weise hinweg, und ich rathe daher einem jeden, sei-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/48>, abgerufen am 08.07.2024.
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