Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.Mauern herabschaute. -- Ja, wenn er das könnte, die Zürch. Sie sehen, ich bin in der Schweiz. Erwarten Sie Mauern herabschaute. — Ja, wenn er das koͤnnte, die Zuͤrch. Sie sehen, ich bin in der Schweiz. Erwarten Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="25"/> Mauern herabschaute. — Ja, wenn er <hi rendition="#g">das</hi> koͤnnte, die<lb/> Freude moͤchte ich ihm goͤnnen! —</p><lb/> <p>Zuͤrch.</p><lb/> <p>Sie sehen, ich bin in der Schweiz. Erwarten Sie<lb/> aber gar keine mahlerische Beschreibung der großen Na-<lb/> turschoͤnheiten, die ich hier gesehen habe. Der Reisen in<lb/> die Schweiz giebt es bei Dutzenden, gute, mittelmaͤßige<lb/> und schlechte, und es laͤßt sich uͤber die Naturwunder die-<lb/> ses Landes nicht allein nichts Neues mehr sagen, sondern<lb/> es waͤre auch von Anbeginn besser gewesen, man haͤtte<lb/> gar nichts daruͤber gesagt. Denn — aufrichtig gestanden<lb/> — hat noch je die <hi rendition="#g">Beschreibung</hi> einer schoͤnen Gegend,<lb/> waͤre sie auch von Meisterhand, Jhnen ein deutliches Bild<lb/> vor die Seele geschoben? — Mir nie. Man kann mir<lb/> freilich einen See, dessen Ufer mit lieblichen Landhaͤusern<lb/> besaͤet ist, zur Rechten hinmahlen, man kann mir die<lb/> Kette des Jura-Gebirges zur Linken zeigen, den Mont-<lb/> blanc in den Hintergrund stellen, u. s. w.; man kann sich<lb/> der poetischen Bildersprache dabei bedienen: in meiner<lb/> Phantasie wird man doch immer nur ein verwirrtes Bild<lb/> von allen diesen Gegenstaͤnden wecken; verwirrt und nicht<lb/> einmal aͤhnlich schwimmt es vor mir herum, und ich su-<lb/> che vergebens es festzuhalten. Darum war ich von jeher<lb/> ein Feind von allen solchen Beschreibungen. Die Schweiz<lb/> muß man <hi rendition="#g">selbst sehen,</hi> so wie man ein Concert selbst<lb/> hoͤren muß. Wer mir mit Worten, Gegenden mahlt, der<lb/> thut noch weniger, als der, der mir eine Symphonie vor-<lb/> traͤllert. Jch kann und will also weiter nichts von der<lb/> Schweiz sagen, als daß ich hier und da auf Stellen ge-<lb/> standen habe, auf denen vermuthlich der liebe Gott stand,<lb/> als er nach der Schoͤpfung die Welt ansah und sagte: <hi rendition="#g">sie<lb/></hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0029]
Mauern herabschaute. — Ja, wenn er das koͤnnte, die
Freude moͤchte ich ihm goͤnnen! —
Zuͤrch.
Sie sehen, ich bin in der Schweiz. Erwarten Sie
aber gar keine mahlerische Beschreibung der großen Na-
turschoͤnheiten, die ich hier gesehen habe. Der Reisen in
die Schweiz giebt es bei Dutzenden, gute, mittelmaͤßige
und schlechte, und es laͤßt sich uͤber die Naturwunder die-
ses Landes nicht allein nichts Neues mehr sagen, sondern
es waͤre auch von Anbeginn besser gewesen, man haͤtte
gar nichts daruͤber gesagt. Denn — aufrichtig gestanden
— hat noch je die Beschreibung einer schoͤnen Gegend,
waͤre sie auch von Meisterhand, Jhnen ein deutliches Bild
vor die Seele geschoben? — Mir nie. Man kann mir
freilich einen See, dessen Ufer mit lieblichen Landhaͤusern
besaͤet ist, zur Rechten hinmahlen, man kann mir die
Kette des Jura-Gebirges zur Linken zeigen, den Mont-
blanc in den Hintergrund stellen, u. s. w.; man kann sich
der poetischen Bildersprache dabei bedienen: in meiner
Phantasie wird man doch immer nur ein verwirrtes Bild
von allen diesen Gegenstaͤnden wecken; verwirrt und nicht
einmal aͤhnlich schwimmt es vor mir herum, und ich su-
che vergebens es festzuhalten. Darum war ich von jeher
ein Feind von allen solchen Beschreibungen. Die Schweiz
muß man selbst sehen, so wie man ein Concert selbst
hoͤren muß. Wer mir mit Worten, Gegenden mahlt, der
thut noch weniger, als der, der mir eine Symphonie vor-
traͤllert. Jch kann und will also weiter nichts von der
Schweiz sagen, als daß ich hier und da auf Stellen ge-
standen habe, auf denen vermuthlich der liebe Gott stand,
als er nach der Schoͤpfung die Welt ansah und sagte: sie
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