"ben -- oder, wenn sie das vorzieht, blos ihr Jn- "teresse mit dem seinigen zu vereinigen, "ohne ein anderes Band als das der Freundschaft, "auf welche sie von seiner Seite rechnen kann."
Einmal habe ich sogar gelesen, daß ein vormaliger Parlaments-Advocat für seinen reichen jungen Neffen auf diese Weise eine Frau suchte. Der wollte aber frei- lich schon höher hinaus. Sie sollte nicht weit über 18 Jahr, von guter Geburt, artig und liebenswür- dig seyn, auch 25 bis 30,000 Franken baares Vermö- gen besitzen. Eine solche wurde ersucht, eine Zusammen- kunft zu verstatten, um sich wechselseitig zu besehen und zu prüfen.
Fast mögte man aus diesen verschiedenen Beispielen, die ich ansehnlich vermehren könnte, folgern: daß die zweckdienlichsten Eigenschaften zum Heyrathen oder zum Vereinigen, bei den Parisern selten angetroffen wer- den, weil so viele sie außer dem Cirkel ihrer Bekann- ten suchen, die sich doch wohl Alle vorher in diesem Cirkel werden umgesehen haben. Mit den Bekann- ten mögen sie sich nicht einlassen, die noch Unbekann- ten malt ihnen die Phantasie mit tausend Reizen und Vorzügen, die wohl auch in der Nähe verschwinden wer- den. Freilich sind es meist Hagestolze, oder gar schon alte Leute, die solche Wege einschlagen.
Gern mögte ich dem Leser nun auch berichten, wie einige dieser Verbindungen ausgefallen, aber das lassen die Herren und Damen nicht in die Zeitungen setzen.
4. Lustmädchen und was dahin gehört.
Die schmiegsamen Jungfrauen sind nicht allein noch eben so häufig als vor der Revolution, son-
„ben — oder, wenn sie das vorzieht, blos ihr Jn- „teresse mit dem seinigen zu vereinigen, „ohne ein anderes Band als das der Freundschaft, „auf welche sie von seiner Seite rechnen kann.“
Einmal habe ich sogar gelesen, daß ein vormaliger Parlaments-Advocat fuͤr seinen reichen jungen Neffen auf diese Weise eine Frau suchte. Der wollte aber frei- lich schon hoͤher hinaus. Sie sollte nicht weit uͤber 18 Jahr, von guter Geburt, artig und liebenswuͤr- dig seyn, auch 25 bis 30,000 Franken baares Vermoͤ- gen besitzen. Eine solche wurde ersucht, eine Zusammen- kunft zu verstatten, um sich wechselseitig zu besehen und zu pruͤfen.
Fast moͤgte man aus diesen verschiedenen Beispielen, die ich ansehnlich vermehren koͤnnte, folgern: daß die zweckdienlichsten Eigenschaften zum Heyrathen oder zum Vereinigen, bei den Parisern selten angetroffen wer- den, weil so viele sie außer dem Cirkel ihrer Bekann- ten suchen, die sich doch wohl Alle vorher in diesem Cirkel werden umgesehen haben. Mit den Bekann- ten moͤgen sie sich nicht einlassen, die noch Unbekann- ten malt ihnen die Phantasie mit tausend Reizen und Vorzuͤgen, die wohl auch in der Naͤhe verschwinden wer- den. Freilich sind es meist Hagestolze, oder gar schon alte Leute, die solche Wege einschlagen.
Gern moͤgte ich dem Leser nun auch berichten, wie einige dieser Verbindungen ausgefallen, aber das lassen die Herren und Damen nicht in die Zeitungen setzen.
4. Lustmaͤdchen und was dahin gehoͤrt.
Die schmiegsamen Jungfrauen sind nicht allein noch eben so haͤufig als vor der Revolution, son-
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„ben — oder, wenn sie das vorzieht, blos ihr Jn-
„teresse mit dem seinigen zu vereinigen,
„ohne ein anderes Band als das der Freundschaft,
„auf welche sie von seiner Seite rechnen kann.“
Einmal habe ich sogar gelesen, daß ein vormaliger
Parlaments-Advocat fuͤr seinen reichen jungen Neffen
auf diese Weise eine Frau suchte. Der wollte aber frei-
lich schon hoͤher hinaus. Sie sollte nicht weit uͤber 18
Jahr, von guter Geburt, artig und liebenswuͤr-
dig seyn, auch 25 bis 30,000 Franken baares Vermoͤ-
gen besitzen. Eine solche wurde ersucht, eine Zusammen-
kunft zu verstatten, um sich wechselseitig zu besehen
und zu pruͤfen.
Fast moͤgte man aus diesen verschiedenen Beispielen,
die ich ansehnlich vermehren koͤnnte, folgern: daß die
zweckdienlichsten Eigenschaften zum Heyrathen oder zum
Vereinigen, bei den Parisern selten angetroffen wer-
den, weil so viele sie außer dem Cirkel ihrer Bekann-
ten suchen, die sich doch wohl Alle vorher in diesem
Cirkel werden umgesehen haben. Mit den Bekann-
ten moͤgen sie sich nicht einlassen, die noch Unbekann-
ten malt ihnen die Phantasie mit tausend Reizen und
Vorzuͤgen, die wohl auch in der Naͤhe verschwinden wer-
den. Freilich sind es meist Hagestolze, oder gar schon
alte Leute, die solche Wege einschlagen.
Gern moͤgte ich dem Leser nun auch berichten, wie
einige dieser Verbindungen ausgefallen, aber das lassen
die Herren und Damen nicht in die Zeitungen setzen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/195>, abgerufen am 08.07.2024.
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