wenig mehr getragen, und die Redingotte mit vie- len Kragen den Bedienten überlassen. So gehören auch die Hüte mit weißen Federn nur für die Livree, die Feder auf dem Hute des Herrn muß schwarz seyn. Halbes Negligee, wie der Mode-Sklav im Schau- spiel erscheint, ist ein runder holländischer Hut mit gro- ßen Rändern, Beinkleider von dürrblätterfarbigem Sammt oder panne (eine Art Zeug, das vormals nur Kesselflicker und Bergbauern trugen), Suwarow- Stiefeln mit gelben Klappen, der Rock schwer zu- zuknöpfen, um den Wuchs zu bezeichnen, eine Menge Gilets, je mehr je besser. So sieht denn dieser hier einem Paillasso ähnlich, jener einem fiacre, dieser ei- nem Jockey, jener einem Postillion, und so spiegeln sich (um mit Schlegel zu reden) die Herren in sich selbst.
Ueberhaupt theilen sich die Elegants jetzt in zwei Classen, die eine ist die oben beschriebene, die andere trägt schwarze Kleider, weiße seidene Strümpfe, Schuh mit Schnallen, Haarbeutel, Degen; die Eine herrscht des Morgens beim dejeuner a la fourchette, beim di- ner sans ceremonie, im bois de Boulogne, auf den Straßen, in den boudoirs. Die Andere bei den gro- ßen diners, Bällen, beim Thee, in den Sallons de Compagnie u. s. w.
Auch die Herren stoppeln ihre Moden aus allen Ländern und Welttheilen zusammen. Holländische Leinewand, preußische Hüte, russische Stiefeln, englische Gilets. An den Redingotten tragen sie Täschchen oben über der Brust, die den Namen Ridi- cüles usurpirt haben, weil sie, seit jene Beutel ver- bannt worden, die Schnupftücher und Lorgnetten der Damen darin aufbewahren. -- Die Zöpfe werden
wenig mehr getragen, und die Redingotte mit vie- len Kragen den Bedienten uͤberlassen. So gehoͤren auch die Huͤte mit weißen Federn nur fuͤr die Livree, die Feder auf dem Hute des Herrn muß schwarz seyn. Halbes Negligee, wie der Mode-Sklav im Schau- spiel erscheint, ist ein runder hollaͤndischer Hut mit gro- ßen Raͤndern, Beinkleider von duͤrrblaͤtterfarbigem Sammt oder panne (eine Art Zeug, das vormals nur Kesselflicker und Bergbauern trugen), Suwarow- Stiefeln mit gelben Klappen, der Rock schwer zu- zuknoͤpfen, um den Wuchs zu bezeichnen, eine Menge Gilets, je mehr je besser. So sieht denn dieser hier einem Paillasso aͤhnlich, jener einem fiacre, dieser ei- nem Jockey, jener einem Postillion, und so spiegeln sich (um mit Schlegel zu reden) die Herren in sich selbst.
Ueberhaupt theilen sich die Elegants jetzt in zwei Classen, die eine ist die oben beschriebene, die andere traͤgt schwarze Kleider, weiße seidene Struͤmpfe, Schuh mit Schnallen, Haarbeutel, Degen; die Eine herrscht des Morgens beim déjeuner à la fourchette, beim di- ner sans cérémonie, im bois de Boulogne, auf den Straßen, in den boudoirs. Die Andere bei den gro- ßen diners, Baͤllen, beim Thee, in den Sallons de Compagnie u. s. w.
Auch die Herren stoppeln ihre Moden aus allen Laͤndern und Welttheilen zusammen. Hollaͤndische Leinewand, preußische Huͤte, russische Stiefeln, englische Gilets. An den Redingotten tragen sie Taͤschchen oben uͤber der Brust, die den Namen Ridi- cuͤles usurpirt haben, weil sie, seit jene Beutel ver- bannt worden, die Schnupftuͤcher und Lorgnetten der Damen darin aufbewahren. — Die Zoͤpfe werden
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wenig mehr getragen, und die Redingotte mit vie-
len Kragen den Bedienten uͤberlassen. So gehoͤren auch
die Huͤte mit weißen Federn nur fuͤr die Livree,
die Feder auf dem Hute des Herrn muß schwarz seyn.
Halbes Negligee, wie der Mode-Sklav im Schau-
spiel erscheint, ist ein runder hollaͤndischer Hut mit gro-
ßen Raͤndern, Beinkleider von duͤrrblaͤtterfarbigem
Sammt oder panne (eine Art Zeug, das vormals nur
Kesselflicker und Bergbauern trugen), Suwarow-
Stiefeln mit gelben Klappen, der Rock schwer zu-
zuknoͤpfen, um den Wuchs zu bezeichnen, eine Menge
Gilets, je mehr je besser. So sieht denn dieser hier
einem Paillasso aͤhnlich, jener einem fiacre, dieser ei-
nem Jockey, jener einem Postillion, und so spiegeln
sich (um mit Schlegel zu reden) die Herren in sich selbst.
Ueberhaupt theilen sich die Elegants jetzt in zwei
Classen, die eine ist die oben beschriebene, die andere
traͤgt schwarze Kleider, weiße seidene Struͤmpfe, Schuh
mit Schnallen, Haarbeutel, Degen; die Eine herrscht
des Morgens beim déjeuner à la fourchette, beim di-
ner sans cérémonie, im bois de Boulogne, auf den
Straßen, in den boudoirs. Die Andere bei den gro-
ßen diners, Baͤllen, beim Thee, in den Sallons de
Compagnie u. s. w.
Auch die Herren stoppeln ihre Moden aus allen
Laͤndern und Welttheilen zusammen. Hollaͤndische
Leinewand, preußische Huͤte, russische Stiefeln,
englische Gilets. An den Redingotten tragen sie
Taͤschchen oben uͤber der Brust, die den Namen Ridi-
cuͤles usurpirt haben, weil sie, seit jene Beutel ver-
bannt worden, die Schnupftuͤcher und Lorgnetten der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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