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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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tyrerthum der heil. Placida und der heil. Fla-
via
von Correggio. Gott! welch' ein gemeines Mensch
ist hier diese heil. Flavia. Sehr natürlich, daß die
Saracenen, die sonst eben nicht grausam gegen das
schöne Geschlecht waren, dieses Exemplar desselben
so unhöflich behandelten. -- Der Fluch Gottes
über die ersten Eltern,
von Domenichino,
erregt Lachen statt Schauder. Ein großer Haufen Enge-
lein tragen den lieben Gott in den Wolken, der ganz ge-
wiß herunter fallen würde, wenn ihm die Engelein nicht
überall die Hände untergeschoben hätten, besonders un-
ter die Posteriora. -- Die Ermordung der un-
schuldigen Kinder
ist abermals einer von den Ge-
genständen, bei welchen selbst Guido Reni's Name
mich nicht festhalten kann. Noch obendrein hat der
sonst so große Maler eine sehr geringe Kenntniß des
Mutterherzens verrathen, und aus seinem Gegenstande
gar nicht den Vortheil gezogen, den er daraus hätte
ziehen können. Die Mütter thun nichts als flehen
und schreien; keine bittet, keine wehrt sich.
Das letztere besonders dürfte durchaus nicht vermißt
werden, da ja das schwächste Huhn seine Jungen
gegen einen Adler vertheidigt. Jch erinnere mich in
Wien, ich glaube in der fürstlichen Lichtensteinischen
Gallerie, ein Gemälde derselben Greuel, ich weiß nicht
mehr von welchem Meister gesehen zu haben; es war
weit richtiger gedacht als dieses. Die Hand einer ver-
zweifelnden Mutter, der eben ihr Kind durchbohrt wur-
de, zerfleischte da in demselben Augenblicke die Backe
des Mörders. Es war gräßlich schön und wahr. --
Wer Davids berühmtes Gemälde, die Sabinerin-
nen
gesehen hat, der werfe hier auch einen Blick auf

tyrerthum der heil. Placida und der heil. Fla-
via
von Correggio. Gott! welch' ein gemeines Mensch
ist hier diese heil. Flavia. Sehr natuͤrlich, daß die
Saracenen, die sonst eben nicht grausam gegen das
schoͤne Geschlecht waren, dieses Exemplar desselben
so unhoͤflich behandelten. — Der Fluch Gottes
uͤber die ersten Eltern,
von Domenichino,
erregt Lachen statt Schauder. Ein großer Haufen Enge-
lein tragen den lieben Gott in den Wolken, der ganz ge-
wiß herunter fallen wuͤrde, wenn ihm die Engelein nicht
uͤberall die Haͤnde untergeschoben haͤtten, besonders un-
ter die Posteriora. — Die Ermordung der un-
schuldigen Kinder
ist abermals einer von den Ge-
genstaͤnden, bei welchen selbst Guido Reni's Name
mich nicht festhalten kann. Noch obendrein hat der
sonst so große Maler eine sehr geringe Kenntniß des
Mutterherzens verrathen, und aus seinem Gegenstande
gar nicht den Vortheil gezogen, den er daraus haͤtte
ziehen koͤnnen. Die Muͤtter thun nichts als flehen
und schreien; keine bittet, keine wehrt sich.
Das letztere besonders duͤrfte durchaus nicht vermißt
werden, da ja das schwaͤchste Huhn seine Jungen
gegen einen Adler vertheidigt. Jch erinnere mich in
Wien, ich glaube in der fuͤrstlichen Lichtensteinischen
Gallerie, ein Gemaͤlde derselben Greuel, ich weiß nicht
mehr von welchem Meister gesehen zu haben; es war
weit richtiger gedacht als dieses. Die Hand einer ver-
zweifelnden Mutter, der eben ihr Kind durchbohrt wur-
de, zerfleischte da in demselben Augenblicke die Backe
des Moͤrders. Es war graͤßlich schoͤn und wahr. —
Wer Davids beruͤhmtes Gemaͤlde, die Sabinerin-
nen
gesehen hat, der werfe hier auch einen Blick auf

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[146/0150] tyrerthum der heil. Placida und der heil. Fla- via von Correggio. Gott! welch' ein gemeines Mensch ist hier diese heil. Flavia. Sehr natuͤrlich, daß die Saracenen, die sonst eben nicht grausam gegen das schoͤne Geschlecht waren, dieses Exemplar desselben so unhoͤflich behandelten. — Der Fluch Gottes uͤber die ersten Eltern, von Domenichino, erregt Lachen statt Schauder. Ein großer Haufen Enge- lein tragen den lieben Gott in den Wolken, der ganz ge- wiß herunter fallen wuͤrde, wenn ihm die Engelein nicht uͤberall die Haͤnde untergeschoben haͤtten, besonders un- ter die Posteriora. — Die Ermordung der un- schuldigen Kinder ist abermals einer von den Ge- genstaͤnden, bei welchen selbst Guido Reni's Name mich nicht festhalten kann. Noch obendrein hat der sonst so große Maler eine sehr geringe Kenntniß des Mutterherzens verrathen, und aus seinem Gegenstande gar nicht den Vortheil gezogen, den er daraus haͤtte ziehen koͤnnen. Die Muͤtter thun nichts als flehen und schreien; keine bittet, keine wehrt sich. Das letztere besonders duͤrfte durchaus nicht vermißt werden, da ja das schwaͤchste Huhn seine Jungen gegen einen Adler vertheidigt. Jch erinnere mich in Wien, ich glaube in der fuͤrstlichen Lichtensteinischen Gallerie, ein Gemaͤlde derselben Greuel, ich weiß nicht mehr von welchem Meister gesehen zu haben; es war weit richtiger gedacht als dieses. Die Hand einer ver- zweifelnden Mutter, der eben ihr Kind durchbohrt wur- de, zerfleischte da in demselben Augenblicke die Backe des Moͤrders. Es war graͤßlich schoͤn und wahr. — Wer Davids beruͤhmtes Gemaͤlde, die Sabinerin- nen gesehen hat, der werfe hier auch einen Blick auf

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/150>, abgerufen am 23.11.2024.