Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

sich auf diese schimpfliche Weise an Franz des Ersten
Denkmal versündigt und verewigt.

Diese schöne Säule, mit Lorbeeren und Weinblät-
tern umwunden, trägt auf ihrer Spitze das Bild der
Gerechtigkeit, und verschloß einst das Herz des edlen
Connetable von Montmorency, zugleich mit dem eines
Königs, der mit dem Freunde im Tod und im Leben,
vereinigt bleiben wollte. Der Jnschrift fehlt es wohl
an Geschmack, aber gewiß nicht an Herzlichkeit:

Cy-dessous gist un Coeur plein de vaillance,
Un Coeur d'honneur, un Coeur qui tout savait,
Coeur de vertus qui mille coeurs avait,
Coeur de trois rois et de toute la France.
Ci gist ce Coeur qui fut notre assurance.
Coeur qui de Coeur de justice vivait,
Coeur qui de force et de Conseil servait,
Coeur qui le Ciel honora des J'enfance,
Coeur, non jamais, ni trop haut, ni remis,
Le Coeur des siens, l'effroi des ennemis,
Coeur qui fut coeur du roi Henri son maeitre,
Roi qui voulut qu'un Sepulcre commun
Les infermoit apres leur mort, pour etre
Comme en vivant, deux memes coeurs en un.

Obgleich vom König nur in den letzten vier Zeilen
die Rede ist, so weiß ich doch kaum, wem die Jnschrift
mehr Ehre macht, dem treuen Diener, desgleichen es
viele giebt? oder dem liebenden Könige, dessen Glei-
chen es wenige giebt?

Bei der knieenden Bildsäule des Kanzlers Rene
Birague, (der mit der abscheulichen Catharina von Me-
dicis in den Blutströmen der Bartholomäusnacht sich ba-
dete), würde ich keinen Augenblick verweilen, wenn
nicht unter seinen Füßen der Anblick seiner Gattin mich

sich auf diese schimpfliche Weise an Franz des Ersten
Denkmal versuͤndigt und verewigt.

Diese schoͤne Saͤule, mit Lorbeeren und Weinblaͤt-
tern umwunden, traͤgt auf ihrer Spitze das Bild der
Gerechtigkeit, und verschloß einst das Herz des edlen
Connetable von Montmorency, zugleich mit dem eines
Koͤnigs, der mit dem Freunde im Tod und im Leben,
vereinigt bleiben wollte. Der Jnschrift fehlt es wohl
an Geschmack, aber gewiß nicht an Herzlichkeit:

Cy-dessous gist un Coeur plein de vaillance,
Un Coeur d'honneur, un Coeur qui tout savait,
Coeur de vertus qui mille coeurs avait,
Coeur de trois rois et de toute la France.
Ci gist ce Coeur qui fut notre assurance.
Coeur qui de Coeur de justice vivait,
Coeur qui de force et de Conseil servait,
Coeur qui le Ciel honora dès J'enfance,
Coeur, non jamais, ni trop haut, ni remis,
Le Coeur des siens, l'effroi des ennemis,
Coeur qui fut coeur du roi Henri son maître,
Roi qui voulut qu'un Sépulcre commun
Les infermoit après leur mort, pour être
Comme en vivant, deux mêmes coeurs en un.

Obgleich vom Koͤnig nur in den letzten vier Zeilen
die Rede ist, so weiß ich doch kaum, wem die Jnschrift
mehr Ehre macht, dem treuen Diener, desgleichen es
viele giebt? oder dem liebenden Koͤnige, dessen Glei-
chen es wenige giebt?

Bei der knieenden Bildsaͤule des Kanzlers René
Birague, (der mit der abscheulichen Catharina von Me-
dicis in den Blutstroͤmen der Bartholomaͤusnacht sich ba-
dete), wuͤrde ich keinen Augenblick verweilen, wenn
nicht unter seinen Fuͤßen der Anblick seiner Gattin mich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0133" n="129"/>
sich auf diese schimpfliche Weise an Franz des Ersten<lb/>
Denkmal versu&#x0364;ndigt und verewigt.</p><lb/>
            <p>Diese scho&#x0364;ne Sa&#x0364;ule, mit Lorbeeren und Weinbla&#x0364;t-<lb/>
tern umwunden, tra&#x0364;gt auf ihrer Spitze das Bild der<lb/>
Gerechtigkeit, und verschloß einst das Herz des edlen<lb/>
Connetable von Montmorency, zugleich mit dem eines<lb/>
Ko&#x0364;nigs, der mit dem Freunde im Tod und im Leben,<lb/>
vereinigt bleiben wollte. Der Jnschrift fehlt es wohl<lb/>
an Geschmack, aber gewiß nicht an Herzlichkeit:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Cy-dessous gist un Coeur plein de vaillance,</l><lb/>
              <l>Un Coeur d'honneur, un Coeur qui tout savait,</l><lb/>
              <l>Coeur de vertus qui mille coeurs avait,</l><lb/>
              <l>Coeur de trois rois et de toute la France.</l><lb/>
              <l>Ci gist ce Coeur qui fut notre assurance.</l><lb/>
              <l>Coeur qui de Coeur de justice vivait,</l><lb/>
              <l>Coeur qui de force et de Conseil servait,</l><lb/>
              <l>Coeur qui le Ciel honora dès J'enfance,</l><lb/>
              <l>Coeur, non jamais, ni trop haut, ni remis,</l><lb/>
              <l>Le Coeur des siens, l'effroi des ennemis,</l><lb/>
              <l>Coeur qui fut coeur du roi Henri son maître,</l><lb/>
              <l>Roi qui voulut qu'un Sépulcre commun</l><lb/>
              <l>Les infermoit après leur mort, pour être</l><lb/>
              <l>Comme en vivant, deux mêmes coeurs en un.</l>
            </lg><lb/>
            <p>Obgleich vom Ko&#x0364;nig nur in den letzten vier Zeilen<lb/>
die Rede ist, so weiß ich doch kaum, wem die Jnschrift<lb/>
mehr Ehre macht, dem <hi rendition="#g">treuen</hi> Diener, desgleichen es<lb/>
viele giebt? oder dem <hi rendition="#g">liebenden</hi> Ko&#x0364;nige, dessen Glei-<lb/>
chen es wenige giebt?</p><lb/>
            <p>Bei der knieenden Bildsa&#x0364;ule des Kanzlers René<lb/>
Birague, (der mit der abscheulichen Catharina von Me-<lb/>
dicis in den Blutstro&#x0364;men der Bartholoma&#x0364;usnacht sich ba-<lb/>
dete), wu&#x0364;rde ich keinen Augenblick verweilen, wenn<lb/>
nicht unter seinen Fu&#x0364;ßen der Anblick seiner Gattin mich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0133] sich auf diese schimpfliche Weise an Franz des Ersten Denkmal versuͤndigt und verewigt. Diese schoͤne Saͤule, mit Lorbeeren und Weinblaͤt- tern umwunden, traͤgt auf ihrer Spitze das Bild der Gerechtigkeit, und verschloß einst das Herz des edlen Connetable von Montmorency, zugleich mit dem eines Koͤnigs, der mit dem Freunde im Tod und im Leben, vereinigt bleiben wollte. Der Jnschrift fehlt es wohl an Geschmack, aber gewiß nicht an Herzlichkeit: Cy-dessous gist un Coeur plein de vaillance, Un Coeur d'honneur, un Coeur qui tout savait, Coeur de vertus qui mille coeurs avait, Coeur de trois rois et de toute la France. Ci gist ce Coeur qui fut notre assurance. Coeur qui de Coeur de justice vivait, Coeur qui de force et de Conseil servait, Coeur qui le Ciel honora dès J'enfance, Coeur, non jamais, ni trop haut, ni remis, Le Coeur des siens, l'effroi des ennemis, Coeur qui fut coeur du roi Henri son maître, Roi qui voulut qu'un Sépulcre commun Les infermoit après leur mort, pour être Comme en vivant, deux mêmes coeurs en un. Obgleich vom Koͤnig nur in den letzten vier Zeilen die Rede ist, so weiß ich doch kaum, wem die Jnschrift mehr Ehre macht, dem treuen Diener, desgleichen es viele giebt? oder dem liebenden Koͤnige, dessen Glei- chen es wenige giebt? Bei der knieenden Bildsaͤule des Kanzlers René Birague, (der mit der abscheulichen Catharina von Me- dicis in den Blutstroͤmen der Bartholomaͤusnacht sich ba- dete), wuͤrde ich keinen Augenblick verweilen, wenn nicht unter seinen Fuͤßen der Anblick seiner Gattin mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/133
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/133>, abgerufen am 27.11.2024.