Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.einen Versuch zu ihrer Befreiung zu wagen. -- Herr- Mit Ehrfurcht betrete ich eine Kapelle, dem Wie- einen Versuch zu ihrer Befreiung zu wagen. — Herr- Mit Ehrfurcht betrete ich eine Kapelle, dem Wie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0132" n="128"/> einen Versuch zu ihrer Befreiung zu wagen. — Herr-<lb/> lich als Kunstwerk und interessant durch seinen Gegen-<lb/> stand, ist diese knieende Bildsaͤule Philipps von Villiers<lb/> l'Jsle Adam, desselben Großmeisters des Johanniter-<lb/> Ordens, der bei der beruͤhmten Belagerung von Rho-<lb/> dus, durch Tapferkeit und Klugheit 200000 Tuͤrken wi-<lb/> derstand, bis die Verraͤtherei seines Kanzlers Amaral<lb/> ihn zur Uebergabe noͤthigte. Jhm schenkte Carl der<lb/> Fuͤnfte Malta; als er starb, beweinten alle seine Ritter<lb/> in ihm den Helden und Vater. Auf seinen Leichenstein<lb/> grub man das schoͤne Lob: <hi rendition="#g">Hier ruht die Gluͤck-<lb/> besiegende Tugend.</hi></p><lb/> <p>Mit Ehrfurcht betrete ich eine Kapelle, dem Wie-<lb/> derhersteller der Kuͤnste, Franz dem Ersten geweiht.<lb/> Der Leichnam dieses Biedermannes, so wie der seiner<lb/> Gemahlin Claude de France, sind mit taͤuschender Wahr-<lb/> heit in Marmor nachgeahmt, und die hier und dort<lb/> angebrachten Reliefs interessiren durch treue Darstellung<lb/> der Kleidertrachten und Kriegsgeraͤthe damaliger Zeit.<lb/> Ueber dem von sechszehn jonischen Saͤulen getragenen Ge-<lb/> baͤlke erblicket man abermals die Bildsaͤulen des koͤniglichen<lb/> Paares, knieend, betend, von lieben Kindern umge-<lb/> ben, und die steifen Hof- und Staatskleider machen<lb/> einen grellen Abstich mit der Uniform des Todes da un-<lb/> ten. — Noch einmal finde ich den Leichnam von <hi rendition="#g">da<lb/> Vinci's</hi> Koͤniglichem Freunde, kunstreich abgebildet in<lb/> weißem Marmor, und mache leider die Erfahrung,<lb/> daß schon im sechszehnten Jahrhunderte der Knaben-<lb/> muthwille des Ehrgeizes eben so rege war als heutzu-<lb/> tage, durch Bekritzeln mit obscuren Namen die heiligsten<lb/> Denkmaͤler zu entweihen. Da haben z. B. ein Hugues<lb/> Bétauld im Jahr 1580., ein Lormel 1584., u. a. m.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0132]
einen Versuch zu ihrer Befreiung zu wagen. — Herr-
lich als Kunstwerk und interessant durch seinen Gegen-
stand, ist diese knieende Bildsaͤule Philipps von Villiers
l'Jsle Adam, desselben Großmeisters des Johanniter-
Ordens, der bei der beruͤhmten Belagerung von Rho-
dus, durch Tapferkeit und Klugheit 200000 Tuͤrken wi-
derstand, bis die Verraͤtherei seines Kanzlers Amaral
ihn zur Uebergabe noͤthigte. Jhm schenkte Carl der
Fuͤnfte Malta; als er starb, beweinten alle seine Ritter
in ihm den Helden und Vater. Auf seinen Leichenstein
grub man das schoͤne Lob: Hier ruht die Gluͤck-
besiegende Tugend.
Mit Ehrfurcht betrete ich eine Kapelle, dem Wie-
derhersteller der Kuͤnste, Franz dem Ersten geweiht.
Der Leichnam dieses Biedermannes, so wie der seiner
Gemahlin Claude de France, sind mit taͤuschender Wahr-
heit in Marmor nachgeahmt, und die hier und dort
angebrachten Reliefs interessiren durch treue Darstellung
der Kleidertrachten und Kriegsgeraͤthe damaliger Zeit.
Ueber dem von sechszehn jonischen Saͤulen getragenen Ge-
baͤlke erblicket man abermals die Bildsaͤulen des koͤniglichen
Paares, knieend, betend, von lieben Kindern umge-
ben, und die steifen Hof- und Staatskleider machen
einen grellen Abstich mit der Uniform des Todes da un-
ten. — Noch einmal finde ich den Leichnam von da
Vinci's Koͤniglichem Freunde, kunstreich abgebildet in
weißem Marmor, und mache leider die Erfahrung,
daß schon im sechszehnten Jahrhunderte der Knaben-
muthwille des Ehrgeizes eben so rege war als heutzu-
tage, durch Bekritzeln mit obscuren Namen die heiligsten
Denkmaͤler zu entweihen. Da haben z. B. ein Hugues
Bétauld im Jahr 1580., ein Lormel 1584., u. a. m.
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