Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Ruhig wahrlich, reuelos und müde Werd' ich in die enge Wohnung gehn! Langer Schlummer wird und tiefer Friede Um den früherhöhten Hügel wehn! Und wer weiss, ob nicht der immerwache Argwohn dann sein Meisterstück bereut, Ob nicht selbst die spätversöhnte Rache Ihrem Opfer dann ein Thränchen weiht. Selig, wessen Flug das Land erflieget, Wo der Seelen Scheidewand zerfällt; Wo sich Herz an Herz vertraulich schmieget, Und gesellig Geist zu Geist sich hält; Wo kein Vorurtheil die Treuen tadelt, Und kein Wahn sie auseinander reisst; Wo nur Güte hebt, wo Kraft nur adelt, Und der Trefflichste der Erste heisst! Ruhig wahrlich, reuelos und müde Werd' ich in die enge Wohnung gehn! Langer Schlummer wird und tiefer Friede Um den früherhöhten Hügel wehn! Und wer weiſs, ob nicht der immerwache Argwohn dann sein Meisterstück bereut, Ob nicht selbst die spätversöhnte Rache Ihrem Opfer dann ein Thränchen weiht. Selig, wessen Flug das Land erflieget, Wo der Seelen Scheidewand zerfällt; Wo sich Herz an Herz vertraulich schmieget, Und gesellig Geist zu Geist sich hält; Wo kein Vorurtheil die Treuen tadelt, Und kein Wahn sie auseinander reiſst; Wo nur Güte hebt, wo Kraft nur adelt, Und der Trefflichste der Erste heiſst! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0303" n="277"/> <lg n="17"> <l>Ruhig wahrlich, reuelos und müde</l><lb/> <l>Werd' ich in die enge Wohnung gehn!</l><lb/> <l>Langer Schlummer wird und tiefer Friede</l><lb/> <l>Um den früherhöhten Hügel wehn!</l><lb/> <l>Und wer weiſs, ob nicht der immerwache</l><lb/> <l>Argwohn dann sein Meisterstück bereut,</l><lb/> <l>Ob nicht selbst die spätversöhnte Rache</l><lb/> <l>Ihrem Opfer dann ein Thränchen weiht.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>Selig, wessen Flug das Land erflieget,</l><lb/> <l>Wo der Seelen Scheidewand zerfällt;</l><lb/> <l>Wo sich Herz an Herz vertraulich schmieget,</l><lb/> <l>Und gesellig Geist zu Geist sich hält;</l><lb/> <l>Wo kein Vorurtheil die Treuen tadelt,</l><lb/> <l>Und kein Wahn sie auseinander reiſst;</l><lb/> <l>Wo nur Güte hebt, wo Kraft nur adelt,</l><lb/> <l>Und der Trefflichste der Erste heiſst!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [277/0303]
Ruhig wahrlich, reuelos und müde
Werd' ich in die enge Wohnung gehn!
Langer Schlummer wird und tiefer Friede
Um den früherhöhten Hügel wehn!
Und wer weiſs, ob nicht der immerwache
Argwohn dann sein Meisterstück bereut,
Ob nicht selbst die spätversöhnte Rache
Ihrem Opfer dann ein Thränchen weiht.
Selig, wessen Flug das Land erflieget,
Wo der Seelen Scheidewand zerfällt;
Wo sich Herz an Herz vertraulich schmieget,
Und gesellig Geist zu Geist sich hält;
Wo kein Vorurtheil die Treuen tadelt,
Und kein Wahn sie auseinander reiſst;
Wo nur Güte hebt, wo Kraft nur adelt,
Und der Trefflichste der Erste heiſst!
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