Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Ihm, dem Schlichten, Schimmerlosen, Dem Cytherens Stern nicht glänzt, Den nicht schmücken Heben's Rosen, Den der Charis Kranz nicht kränzt, Ihm beschieden, ihm, dem Armen, Wär' der köstliche Gewinn? Nein, nicht Liebe, nur Erbarmen Schmelzt Adelens strengen Sinn. Sie, die Eine, Wunderbare, Hochbegabt an Leib und Geist, Sie, die Holde, Reine, Klare, Die kein Lied nach Würden preist; Ihm, dem Schlichten, Anmutharmen, Hätte diese sich gespart? Nein, sie kennt nur das Erbarmen, Nicht Gefühle zartrer Art. Zwar, das Herz, das Liebe fodert, Pflegt das Mitleid zu verschmähn. Ich auch pflog, von Stolz durchlodert, Sonst wohl mächtig mich zu blähn. Aber ach, des Stolzes Nacken Beugt der Liebe heilge Scheu. Schaamroth glühn der Frechheit Backen, Und ein Lämmlein wird der Leu. Ihm, dem Schlichten, Schimmerlosen, Dem Cytherens Stern nicht glänzt, Den nicht schmücken Heben's Rosen, Den der Charis Kranz nicht kränzt, Ihm beschieden, ihm, dem Armen, Wär' der köstliche Gewinn? Nein, nicht Liebe, nur Erbarmen Schmelzt Adelens strengen Sinn. Sie, die Eine, Wunderbare, Hochbegabt an Leib und Geist, Sie, die Holde, Reine, Klare, Die kein Lied nach Würden preist; Ihm, dem Schlichten, Anmutharmen, Hätte diese sich gespart? Nein, sie kennt nur das Erbarmen, Nicht Gefühle zartrer Art. Zwar, das Herz, das Liebe fodert, Pflegt das Mitleid zu verschmähn. Ich auch pflog, von Stolz durchlodert, Sonst wohl mächtig mich zu blähn. Aber ach, des Stolzes Nacken Beugt der Liebe heilge Scheu. Schaamroth glühn der Frechheit Backen, Und ein Lämmlein wird der Leu. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0213" n="191"/> <lg n="5"> <l>Ihm, dem Schlichten, Schimmerlosen,</l><lb/> <l>Dem Cytherens Stern nicht glänzt,</l><lb/> <l>Den nicht schmücken Heben's Rosen,</l><lb/> <l>Den der Charis Kranz nicht kränzt,</l><lb/> <l>Ihm beschieden, ihm, dem Armen,</l><lb/> <l>Wär' der köstliche Gewinn?</l><lb/> <l>Nein, nicht Liebe, nur Erbarmen</l><lb/> <l>Schmelzt Adelens strengen Sinn.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Sie, die Eine, Wunderbare,</l><lb/> <l>Hochbegabt an Leib und Geist,</l><lb/> <l>Sie, die Holde, Reine, Klare,</l><lb/> <l>Die kein Lied nach Würden preist;</l><lb/> <l>Ihm, dem Schlichten, Anmutharmen,</l><lb/> <l>Hätte diese sich gespart?</l><lb/> <l>Nein, sie kennt nur das Erbarmen,</l><lb/> <l>Nicht Gefühle zartrer Art.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Zwar, das Herz, das Liebe fodert,</l><lb/> <l>Pflegt das Mitleid zu verschmähn.</l><lb/> <l>Ich auch pflog, von Stolz durchlodert,</l><lb/> <l>Sonst wohl mächtig mich zu blähn.</l><lb/> <l>Aber ach, des Stolzes Nacken</l><lb/> <l>Beugt der Liebe heilge Scheu.</l><lb/> <l>Schaamroth glühn der Frechheit Backen,</l><lb/> <l>Und ein Lämmlein wird der Leu.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0213]
Ihm, dem Schlichten, Schimmerlosen,
Dem Cytherens Stern nicht glänzt,
Den nicht schmücken Heben's Rosen,
Den der Charis Kranz nicht kränzt,
Ihm beschieden, ihm, dem Armen,
Wär' der köstliche Gewinn?
Nein, nicht Liebe, nur Erbarmen
Schmelzt Adelens strengen Sinn.
Sie, die Eine, Wunderbare,
Hochbegabt an Leib und Geist,
Sie, die Holde, Reine, Klare,
Die kein Lied nach Würden preist;
Ihm, dem Schlichten, Anmutharmen,
Hätte diese sich gespart?
Nein, sie kennt nur das Erbarmen,
Nicht Gefühle zartrer Art.
Zwar, das Herz, das Liebe fodert,
Pflegt das Mitleid zu verschmähn.
Ich auch pflog, von Stolz durchlodert,
Sonst wohl mächtig mich zu blähn.
Aber ach, des Stolzes Nacken
Beugt der Liebe heilge Scheu.
Schaamroth glühn der Frechheit Backen,
Und ein Lämmlein wird der Leu.
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/213>, abgerufen am 23.07.2024. |