Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Schön bist du, Erde, schön im goldnen Sommer- kleide. Dich grüsst mein Preisgesang; dich ehret meine Freude. Sieh, wie die gelbe Saat die schweren Häupter neigt! Wie unter seiner Last das schwanke Reis sich beugt! Wie auf der fetten Trift die satte Heerde hüpfet! Wie durch das hohe Gras das Sonnenwürmchen schlüpfet! Horch, wie der Wachtel Schlag im Weizen, tief im Wald Der Drossel Flöte schallt! Doch schwüler wird die Luft; die Kreaturen ächzen; Die matte Schöpfung stöhnt; die welken Fluren lechzen. Allvater winkt, und schnell klimmt schwarze Wet- ternacht Herauf aus Süd und West. Des Sturmes Kraft erwacht. Es blitzt. Der Donner grollt. Das Bodenfeste zittert. Das wilde Weltmeer tobt. Der Eichwald dampft und splittert. Der Haingesang erstummt. Das scheue Ross ent- fleucht, Und Held und Memm' erbleicht! Schön bist du, Erde, schön im goldnen Sommer- kleide. Dich grüsst mein Preisgesang; dich ehret meine Freude. Sieh, wie die gelbe Saat die schweren Häupter neigt! Wie unter seiner Last das schwanke Reis sich beugt! Wie auf der fetten Trift die satte Heerde hüpfet! Wie durch das hohe Gras das Sonnenwürmchen schlüpfet! Horch, wie der Wachtel Schlag im Weizen, tief im Wald Der Drossel Flöte schallt! Doch schwüler wird die Luft; die Kreaturen ächzen; Die matte Schöpfung stöhnt; die welken Fluren lechzen. Allvater winkt, und schnell klimmt schwarze Wet- ternacht Herauf aus Süd und West. Des Sturmes Kraft erwacht. Es blitzt. Der Donner grollt. Das Bodenfeste zittert. Das wilde Weltmeer tobt. Der Eichwald dampft und splittert. Der Haingesang erstummt. Das scheue Ross ent- fleucht, Und Held und Memm' erbleicht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0289" n="271"/> </l> <lg n="2"> <l>Schön bist du, Erde, schön im goldnen Sommer-</l><lb/> <l>kleide.</l><lb/> <l>Dich grüsst mein Preisgesang; dich ehret meine</l><lb/> <l>Freude.</l><lb/> <l>Sieh, wie die gelbe Saat die schweren Häupter</l><lb/> <l>neigt!</l><lb/> <l>Wie unter seiner Last das schwanke Reis sich</l><lb/> <l>beugt!</l><lb/> <l>Wie auf der fetten Trift die satte Heerde hüpfet!</l><lb/> <l>Wie durch das hohe Gras das Sonnenwürmchen</l><lb/> <l>schlüpfet!</l><lb/> <l>Horch, wie der Wachtel Schlag im Weizen, tief</l><lb/> <l>im Wald</l><lb/> <l>Der Drossel Flöte schallt!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch schwüler wird die Luft; die Kreaturen</l><lb/> <l>ächzen;</l><lb/> <l>Die matte Schöpfung stöhnt; die welken Fluren</l><lb/> <l>lechzen.</l><lb/> <l>Allvater winkt, und schnell klimmt schwarze Wet-</l><lb/> <l>ternacht</l><lb/> <l>Herauf aus Süd und West. Des Sturmes Kraft erwacht.</l><lb/> <l>Es blitzt. Der Donner grollt. Das Bodenfeste zittert.</l><lb/> <l>Das wilde Weltmeer tobt. Der Eichwald dampft</l><lb/> <l>und splittert.</l><lb/> <l>Der Haingesang erstummt. Das scheue Ross ent-</l><lb/> <l>fleucht,</l><lb/> <l>Und Held und Memm' erbleicht!</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0289]
Schön bist du, Erde, schön im goldnen Sommer-
kleide.
Dich grüsst mein Preisgesang; dich ehret meine
Freude.
Sieh, wie die gelbe Saat die schweren Häupter
neigt!
Wie unter seiner Last das schwanke Reis sich
beugt!
Wie auf der fetten Trift die satte Heerde hüpfet!
Wie durch das hohe Gras das Sonnenwürmchen
schlüpfet!
Horch, wie der Wachtel Schlag im Weizen, tief
im Wald
Der Drossel Flöte schallt!
Doch schwüler wird die Luft; die Kreaturen
ächzen;
Die matte Schöpfung stöhnt; die welken Fluren
lechzen.
Allvater winkt, und schnell klimmt schwarze Wet-
ternacht
Herauf aus Süd und West. Des Sturmes Kraft erwacht.
Es blitzt. Der Donner grollt. Das Bodenfeste zittert.
Das wilde Weltmeer tobt. Der Eichwald dampft
und splittert.
Der Haingesang erstummt. Das scheue Ross ent-
fleucht,
Und Held und Memm' erbleicht!
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