Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Wer bewahrt mir meine Blume, Dass kein Frevel sie entweih, Dass kein frecher Sturm sie knicke, Dass der Mehlthau Schmeicheley Ihre Blätter nicht versenge, Dass nicht schwüle Fantasie Ihres Halmes Saft verzehre, Wer bewahrt, wer schirmet sie? Einen Engel und noch Einen Kenn' ich, meine Lieblingin, Die die Schüchterne beschirmen: Thätigkeit und reinen Sinn. Jene schützt dich vor dir selber; Dieser scheucht die Frechheit weg. Beyde leiten sanft und sicher Dich der Jugend Blumenweg. Lieblich ist der Lenz des Jahres, Lieblich, doch gefährlich auch. Ihm entsäuseln Gift und Balsam, Lebensodem, Todeshauch. Liebling ist der Lenz des Lebens, Aber auch gefahrenvoll; Seinem Blüthenkelch entduften Lebensweh und Lebenswohl. Wer bewahrt mir meine Blume, Dass kein Frevel sie entweih, Dass kein frecher Sturm sie knicke, Dass der Mehlthau Schmeicheley Ihre Blätter nicht versenge, Dass nicht schwüle Fantasie Ihres Halmes Saft verzehre, Wer bewahrt, wer schirmet sie? Einen Engel und noch Einen Kenn' ich, meine Lieblingin, Die die Schüchterne beschirmen: Thätigkeit und reinen Sinn. Jene schützt dich vor dir selber; Dieser scheucht die Frechheit weg. Beyde leiten sanft und sicher Dich der Jugend Blumenweg. Lieblich ist der Lenz des Jahres, Lieblich, doch gefährlich auch. Ihm entsäuseln Gift und Balsam, Lebensodem, Todeshauch. Liebling ist der Lenz des Lebens, Aber auch gefahrenvoll; Seinem Blüthenkelch entduften Lebensweh und Lebenswohl. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0273" n="255"/> </l> <lg n="2"> <l>Wer bewahrt mir meine Blume,</l><lb/> <l>Dass kein Frevel sie entweih,</l><lb/> <l>Dass kein frecher Sturm sie knicke,</l><lb/> <l>Dass der Mehlthau Schmeicheley</l><lb/> <l>Ihre Blätter nicht versenge,</l><lb/> <l>Dass nicht schwüle Fantasie</l><lb/> <l>Ihres Halmes Saft verzehre,</l><lb/> <l>Wer bewahrt, wer schirmet sie?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Einen Engel und noch Einen</l><lb/> <l>Kenn' ich, meine Lieblingin,</l><lb/> <l>Die die Schüchterne beschirmen:</l><lb/> <l>Thätigkeit und reinen Sinn.</l><lb/> <l>Jene schützt dich vor dir selber;</l><lb/> <l>Dieser scheucht die Frechheit weg.</l><lb/> <l>Beyde leiten sanft und sicher</l><lb/> <l>Dich der Jugend Blumenweg.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Lieblich ist der Lenz des Jahres,</l><lb/> <l>Lieblich, doch gefährlich auch.</l><lb/> <l>Ihm entsäuseln Gift und Balsam,</l><lb/> <l>Lebensodem, Todeshauch.</l><lb/> <l>Liebling ist der Lenz des Lebens,</l><lb/> <l>Aber auch gefahrenvoll;</l><lb/> <l>Seinem Blüthenkelch entduften</l><lb/> <l>Lebensweh und Lebenswohl.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0273]
Wer bewahrt mir meine Blume,
Dass kein Frevel sie entweih,
Dass kein frecher Sturm sie knicke,
Dass der Mehlthau Schmeicheley
Ihre Blätter nicht versenge,
Dass nicht schwüle Fantasie
Ihres Halmes Saft verzehre,
Wer bewahrt, wer schirmet sie?
Einen Engel und noch Einen
Kenn' ich, meine Lieblingin,
Die die Schüchterne beschirmen:
Thätigkeit und reinen Sinn.
Jene schützt dich vor dir selber;
Dieser scheucht die Frechheit weg.
Beyde leiten sanft und sicher
Dich der Jugend Blumenweg.
Lieblich ist der Lenz des Jahres,
Lieblich, doch gefährlich auch.
Ihm entsäuseln Gift und Balsam,
Lebensodem, Todeshauch.
Liebling ist der Lenz des Lebens,
Aber auch gefahrenvoll;
Seinem Blüthenkelch entduften
Lebensweh und Lebenswohl.
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