Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Oder ruhst du sanft und schön
In des Paradieses Auen,
Wo die Weste würzig wehn,
Wo die Fluren Nektar thauen,
Wo der Bach melodisch quillt,
Harmonie die Lüfte füllt?
Hast du etwa -- o der Lust! --
Dort die Traute wiederfunden,
Und geschmiegt an ihre Brust,
Vom getreuen Arm umwunden,
Horchst du nun in süsser Ruh
Dem Gesang der Sphären zu?
Theurer Vater, gern, ach gern,
Gönnen wir dir deine Freuden.
Dennoch dünkst du uns so fern;
Dennoch schmerzet uns dein Scheiden.
Rastlos schauet unser Blick
Sehnsuchtvoll nach dir zurück.
Wann der goldne Tag uns weckt,
Ächzen wir: "Wo bist du, Vater?"
Wann die heilige Nacht uns deckt,
Seufzen wir: "Schlaf ruhig, Vater!"
In dem sanften Mondenschein
Denken wir mit Wehmuth -- dein.

Oder ruhst du sanft und schön
In des Paradieses Auen,
Wo die Weste würzig wehn,
Wo die Fluren Nektar thauen,
Wo der Bach melodisch quillt,
Harmonie die Lüfte füllt?
Hast du etwa — o der Lust! —
Dort die Traute wiederfunden,
Und geschmiegt an ihre Brust,
Vom getreuen Arm umwunden,
Horchst du nun in süsser Ruh
Dem Gesang der Sphären zu?
Theurer Vater, gern, ach gern,
Gönnen wir dir deine Freuden.
Dennoch dünkst du uns so fern;
Dennoch schmerzet uns dein Scheiden.
Rastlos schauet unser Blick
Sehnsuchtvoll nach dir zurück.
Wann der goldne Tag uns weckt,
Ächzen wir: „Wo bist du, Vater?“
Wann die heilige Nacht uns deckt,
Seufzen wir: „Schlaf ruhig, Vater!“
In dem sanften Mondenschein
Denken wir mit Wehmuth — dein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0149" n="133"/>
            </l>
            <lg n="3">
              <l>Oder ruhst du sanft und schön</l><lb/>
              <l>In des Paradieses Auen,</l><lb/>
              <l>Wo die Weste würzig wehn,</l><lb/>
              <l>Wo die Fluren Nektar thauen,</l><lb/>
              <l>Wo der Bach melodisch quillt,</l><lb/>
              <l>Harmonie die Lüfte füllt?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Hast du etwa &#x2014; o der Lust! &#x2014;</l><lb/>
              <l>Dort die Traute wiederfunden,</l><lb/>
              <l>Und geschmiegt an ihre Brust,</l><lb/>
              <l>Vom getreuen Arm umwunden,</l><lb/>
              <l>Horchst du nun in süsser Ruh</l><lb/>
              <l>Dem Gesang der Sphären zu?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Theurer Vater, gern, ach gern,</l><lb/>
              <l>Gönnen wir dir deine Freuden.</l><lb/>
              <l>Dennoch dünkst du uns so fern;</l><lb/>
              <l>Dennoch schmerzet uns dein Scheiden.</l><lb/>
              <l>Rastlos schauet unser Blick</l><lb/>
              <l>Sehnsuchtvoll nach dir zurück.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Wann der goldne Tag uns weckt,</l><lb/>
              <l>Ächzen wir: &#x201E;Wo bist du, Vater?&#x201C;</l><lb/>
              <l>Wann die heilige Nacht uns deckt,</l><lb/>
              <l>Seufzen wir: &#x201E;Schlaf ruhig, Vater!&#x201C;</l><lb/>
              <l>In dem sanften Mondenschein</l><lb/>
              <l>Denken wir mit Wehmuth &#x2014; dein.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0149] Oder ruhst du sanft und schön In des Paradieses Auen, Wo die Weste würzig wehn, Wo die Fluren Nektar thauen, Wo der Bach melodisch quillt, Harmonie die Lüfte füllt? Hast du etwa — o der Lust! — Dort die Traute wiederfunden, Und geschmiegt an ihre Brust, Vom getreuen Arm umwunden, Horchst du nun in süsser Ruh Dem Gesang der Sphären zu? Theurer Vater, gern, ach gern, Gönnen wir dir deine Freuden. Dennoch dünkst du uns so fern; Dennoch schmerzet uns dein Scheiden. Rastlos schauet unser Blick Sehnsuchtvoll nach dir zurück. Wann der goldne Tag uns weckt, Ächzen wir: „Wo bist du, Vater?“ Wann die heilige Nacht uns deckt, Seufzen wir: „Schlaf ruhig, Vater!“ In dem sanften Mondenschein Denken wir mit Wehmuth — dein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/149
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/149>, abgerufen am 24.11.2024.