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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Frühlinge blühten und Sommer verreiften und Herbste
verwelkten,
Auf dem Fittig des Sturms stöberten Winter
vorbey.
Und noch wallte, wie eine Erscheinung aus besse-
ren Welten,
Reich an Tugend und That, Rosa auf irdi-
scher Flur.
Hochauf wallte der Duft von ihrer Tugend, zum
Himmel
Rauschte die wogende Saat edeler Thaten
empor.
Ähre, du neigst dein Haupt, vom Segen Gottes
belastet!
Reife Frucht, du entsinkst leise dem be-
benden Ast.
Also neigte sich Rosa, gereift zu besseren Wel-
ten,
Senkte öfter den Blick ruheverlangend
hinab.
Einen schimmernden Jüngling -- es war der Engel
des Mädchens,
Leuchtender, liebender hat keinen der Him-
mel erzeugt --
Sandte der Vater der Geister, die Tochter zu holen.
Er schwebte
Um die Schlummernde her, flisterte zärtlich
ihr zu:

2 G
Frühlinge blühten und Sommer verreiften und Herbste
verwelkten,
Auf dem Fittig des Sturms stöberten Winter
vorbey.
Und noch wallte, wie eine Erscheinung aus besse-
ren Welten,
Reich an Tugend und That, Rosa auf irdi-
scher Flur.
Hochauf wallte der Duft von ihrer Tugend, zum
Himmel
Rauschte die wogende Saat edeler Thaten
empor.
Ähre, du neigst dein Haupt, vom Segen Gottes
belastet!
Reife Frucht, du entsinkst leise dem be-
benden Ast.
Also neigte sich Rosa, gereift zu besseren Wel-
ten,
Senkte öfter den Blick ruheverlangend
hinab.
Einen schimmernden Jüngling — es war der Engel
des Mädchens,
Leuchtender, liebender hat keinen der Him-
mel erzeugt —
Sandte der Vater der Geister, die Tochter zu holen.
Er schwebte
Um die Schlummernde her, flisterte zärtlich
ihr zu:

2 G
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[97/0113] Frühlinge blühten und Sommer verreiften und Herbste verwelkten, Auf dem Fittig des Sturms stöberten Winter vorbey. Und noch wallte, wie eine Erscheinung aus besse- ren Welten, Reich an Tugend und That, Rosa auf irdi- scher Flur. Hochauf wallte der Duft von ihrer Tugend, zum Himmel Rauschte die wogende Saat edeler Thaten empor. Ähre, du neigst dein Haupt, vom Segen Gottes belastet! Reife Frucht, du entsinkst leise dem be- benden Ast. Also neigte sich Rosa, gereift zu besseren Wel- ten, Senkte öfter den Blick ruheverlangend hinab. Einen schimmernden Jüngling — es war der Engel des Mädchens, Leuchtender, liebender hat keinen der Him- mel erzeugt — Sandte der Vater der Geister, die Tochter zu holen. Er schwebte Um die Schlummernde her, flisterte zärtlich ihr zu: 2 G

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/113>, abgerufen am 27.11.2024.