Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Nimm, Verzagte, denn, nimm alles wieder,
Was ich Köstliches von dir besass.
Deine Schleifen, Locken, Briefe, Lieder,
Auch dein Herz nimm wieder, kannst du das.
Lebe glücklich, und damit die Ahnen
Dein sich rühmen, o so freye ja
Solche Farben nur, und solche Fahnen,
Die Arkona noch turnieren sah.
Lebe glücklich. Ist ja leicht hienieden,
Herzlos, seellos und glückselig seyn.
Lebe glücklich; und wenn es dem Frieden
Deiner Seele frommt -- vergiss auch mein!
Dein vergess' ich nie. Auf weiter Erden
Gleichet keine dir, und keine ist
Künftig werth, von Dem geliebt zu werden,
Der der Mädchen Erste Braut gegrüsst!
Diesen Hefenrest von meinen Tagen
Will ich meinem Gram und Unmuth weihn,
Will des Schicksals Eigensinn verklagen,
Und das Mitleid und die Tröster scheun.
Brechen wird die Schwermuth meiner Jugend
Kaum erschlossne Blüthen, mich geschwind
Einer Welt entwinken, wo die Tugend
Und das Glück in ewgem Kriege sind.
Nimm, Verzagte, denn, nimm alles wieder,
Was ich Köstliches von dir besaſs.
Deine Schleifen, Locken, Briefe, Lieder,
Auch dein Herz nimm wieder, kannst du das.
Lebe glücklich, und damit die Ahnen
Dein sich rühmen, o so freye ja
Solche Farben nur, und solche Fahnen,
Die Arkona noch turnieren sah.
Lebe glücklich. Ist ja leicht hienieden,
Herzlos, seellos und glückselig seyn.
Lebe glücklich; und wenn es dem Frieden
Deiner Seele frommt — vergiſs auch mein!
Dein vergess' ich nie. Auf weiter Erden
Gleichet keine dir, und keine ist
Künftig werth, von Dem geliebt zu werden,
Der der Mädchen Erste Braut gegrüſst!
Diesen Hefenrest von meinen Tagen
Will ich meinem Gram und Unmuth weihn,
Will des Schicksals Eigensinn verklagen,
Und das Mitleid und die Tröster scheun.
Brechen wird die Schwermuth meiner Jugend
Kaum erschloſsne Blüthen, mich geschwind
Einer Welt entwinken, wo die Tugend
Und das Glück in ewgem Kriege sind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0418" n="372"/>
            <lg n="14">
              <l>Nimm, Verzagte, denn, nimm alles wieder,</l><lb/>
              <l>Was ich Köstliches von dir besa&#x017F;s.</l><lb/>
              <l>Deine Schleifen, Locken, Briefe, Lieder,</l><lb/>
              <l>Auch dein Herz nimm wieder, kannst du das.</l><lb/>
              <l>Lebe glücklich, und damit die Ahnen</l><lb/>
              <l>Dein sich rühmen, o so freye ja</l><lb/>
              <l>Solche Farben nur, und solche Fahnen,</l><lb/>
              <l>Die <hi rendition="#g">Arkona</hi> noch turnieren sah.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Lebe glücklich. Ist ja leicht hienieden,</l><lb/>
              <l>Herzlos, seellos und glückselig seyn.</l><lb/>
              <l>Lebe glücklich; und wenn es dem Frieden</l><lb/>
              <l>Deiner Seele frommt &#x2014; vergi&#x017F;s auch mein!</l><lb/>
              <l>Dein vergess' ich nie. Auf weiter Erden</l><lb/>
              <l>Gleichet keine dir, und keine ist</l><lb/>
              <l>Künftig werth, von Dem geliebt zu werden,</l><lb/>
              <l>Der der Mädchen Erste Braut gegrü&#x017F;st!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Diesen Hefenrest von meinen Tagen</l><lb/>
              <l>Will ich meinem Gram und Unmuth weihn,</l><lb/>
              <l>Will des Schicksals Eigensinn verklagen,</l><lb/>
              <l>Und das Mitleid und die Tröster scheun.</l><lb/>
              <l>Brechen wird die Schwermuth meiner Jugend</l><lb/>
              <l>Kaum erschlo&#x017F;sne Blüthen, mich geschwind</l><lb/>
              <l>Einer Welt entwinken, wo die Tugend</l><lb/>
              <l>Und das Glück in ewgem Kriege sind.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0418] Nimm, Verzagte, denn, nimm alles wieder, Was ich Köstliches von dir besaſs. Deine Schleifen, Locken, Briefe, Lieder, Auch dein Herz nimm wieder, kannst du das. Lebe glücklich, und damit die Ahnen Dein sich rühmen, o so freye ja Solche Farben nur, und solche Fahnen, Die Arkona noch turnieren sah. Lebe glücklich. Ist ja leicht hienieden, Herzlos, seellos und glückselig seyn. Lebe glücklich; und wenn es dem Frieden Deiner Seele frommt — vergiſs auch mein! Dein vergess' ich nie. Auf weiter Erden Gleichet keine dir, und keine ist Künftig werth, von Dem geliebt zu werden, Der der Mädchen Erste Braut gegrüſst! Diesen Hefenrest von meinen Tagen Will ich meinem Gram und Unmuth weihn, Will des Schicksals Eigensinn verklagen, Und das Mitleid und die Tröster scheun. Brechen wird die Schwermuth meiner Jugend Kaum erschloſsne Blüthen, mich geschwind Einer Welt entwinken, wo die Tugend Und das Glück in ewgem Kriege sind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/418
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/418>, abgerufen am 27.11.2024.