Mein Salem, mein Trauter, so kannst du nicht wähnen. Bist du nicht mein Seufzen, mein Schmachten und Sehnen? Was frag' ich nach eiteln, vergänglichen Schätzen, Bleibst du mir, mein Reichthum, mein Seelenergötzen!
Salem.
Doch wenn ich, erwäg' es, beherz' es, o Seele, Sprich, wenn ich der Ehre helle Juwele Dir raubte, dich stürzte in Schmach und Schande: Dann rissen wohl, Freundin, die zärtlichen Bande.
Sulamith.
Lass drohen Verachtung und Schmähung und Schande! Das reisst nicht die zärtlichen, ewigen Bande. Was acht' ichs, ob Menschen mich schmähen und höhnen, Wenn Myrten der himmlischen Liebe mich krönen!
Salem.
Ich glaub' es, ich weiss es; ich kenne dein Lieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch wenn ich, damit sich die Liebe bewährte, Mit Ketten im grausen Verliess dich beschwerte,
Sulamith.
Mein Salem, mein Trauter, so kannst du nicht wähnen. Bist du nicht mein Seufzen, mein Schmachten und Sehnen? Was frag' ich nach eiteln, vergänglichen Schätzen, Bleibst du mir, mein Reichthum, mein Seelenergötzen!
Salem.
Doch wenn ich, erwäg' es, beherz' es, o Seele, Sprich, wenn ich der Ehre helle Juwele Dir raubte, dich stürzte in Schmach und Schande: Dann rissen wohl, Freundin, die zärtlichen Bande.
Sulamith.
Laſs drohen Verachtung und Schmähung und Schande! Das reiſst nicht die zärtlichen, ewigen Bande. Was acht' ichs, ob Menschen mich schmähen und höhnen, Wenn Myrten der himmlischen Liebe mich krönen!
Salem.
Ich glaub' es, ich weiſs es; ich kenne dein Lieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch wenn ich, damit sich die Liebe bewährte, Mit Ketten im grausen Verlieſs dich beschwerte,
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Sulamith.
Mein Salem, mein Trauter, so kannst du nicht
wähnen.
Bist du nicht mein Seufzen, mein Schmachten und
Sehnen?
Was frag' ich nach eiteln, vergänglichen Schätzen,
Bleibst du mir, mein Reichthum, mein Seelenergötzen!
Salem.
Doch wenn ich, erwäg' es, beherz' es, o Seele,
Sprich, wenn ich der Ehre helle Juwele
Dir raubte, dich stürzte in Schmach und Schande:
Dann rissen wohl, Freundin, die zärtlichen Bande.
Sulamith.
Laſs drohen Verachtung und Schmähung und
Schande!
Das reiſst nicht die zärtlichen, ewigen Bande.
Was acht' ichs, ob Menschen mich schmähen und
höhnen,
Wenn Myrten der himmlischen Liebe mich krönen!
Salem.
Ich glaub' es, ich weiſs es; ich kenne dein Lieben.
Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be-
trüben.
Doch wenn ich, damit sich die Liebe bewährte,
Mit Ketten im grausen Verlieſs dich beschwerte,
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/393>, abgerufen am 16.02.2025.
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