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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den
seidenen Wimpern
Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be-
gierde
Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen
vom Rehthal.
Listig wusst' er den lüsternen Blick im schüchternen
Hinschaun,
Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen-
dem Lispel.
Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die
Saiten. Im Kelchglas
Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele
des Frechen.

Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken,
flüchtet das Fräulein
Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte
die Sonne.
Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von
der Linde
Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach-
tende, warf sich
Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen
Rasens.
Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei-
den vom Mahl nicht.

Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den
seidenen Wimpern
Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be-
gierde
Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen
vom Rehthal.
Listig wuſst' er den lüsternen Blick im schüchternen
Hinschaun,
Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen-
dem Lispel.
Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die
Saiten. Im Kelchglas
Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele
des Frechen.

Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken,
flüchtet das Fräulein
Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte
die Sonne.
Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von
der Linde
Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach-
tende, warf sich
Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen
Rasens.
Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei-
den vom Mahl nicht.
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[268/0314] Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den seidenen Wimpern Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be- gierde Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen vom Rehthal. Listig wuſst' er den lüsternen Blick im schüchternen Hinschaun, Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen- dem Lispel. Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die Saiten. Im Kelchglas Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele des Frechen. Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken, flüchtet das Fräulein Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte die Sonne. Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von der Linde Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach- tende, warf sich Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen Rasens. Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei- den vom Mahl nicht.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/314>, abgerufen am 22.11.2024.