"Ich sehe dich wieder. -- Wie wird mir! -- wie wohl! "Wie weh' und wie bange! wie dämmernd! -- Leb' wohl! "Leb' wohl, mein Vertrauter -- wir finden uns -- ach!" -- Es stand ihr Herz, und ihr Auge brach.
Die Seele, umflossen von Blüthenduft Und schwebend auf strahlender Morgenluft, Entwallte der Erden, und schwebete rein Zur Pforte des Gartens der Seligen ein.
Da blühen der duftenden Blumen so viel! Da wehen die Lüfte so linde, so kühl! Da rauscht' es, da glänzt' es so strömend, so hell Von thauenden Myrten am gurgelnden Quell!
Ihr Engel umschwebt sie in sonnigem Schein, Und führt sie die stilleste Laube hinein. Die Lüftlein, die Bächlein in leiserem Gang, Vereinen die Töne zum Schlummergesang.
"Kind Gottes, so lächelt der Engel ihr zu, "Kind Gottes, verweil' hier drey Stündlein in Ruh. "Bald jauchzet unendliche Freude dich wach -- "Ich geh' und bringe den Liebling dir nach."
„Ich sehe dich wieder. — Wie wird mir! — wie wohl! „Wie weh' und wie bange! wie dämmernd! — Leb' wohl! „Leb' wohl, mein Vertrauter — wir finden uns — ach!“ — Es stand ihr Herz, und ihr Auge brach.
Die Seele, umflossen von Blüthenduft Und schwebend auf strahlender Morgenluft, Entwallte der Erden, und schwebete rein Zur Pforte des Gartens der Seligen ein.
Da blühen der duftenden Blumen so viel! Da wehen die Lüfte so linde, so kühl! Da rauscht' es, da glänzt' es so strömend, so hell Von thauenden Myrten am gurgelnden Quell!
Ihr Engel umschwebt sie in sonnigem Schein, Und führt sie die stilleste Laube hinein. Die Lüftlein, die Bächlein in leiserem Gang, Vereinen die Töne zum Schlummergesang.
„Kind Gottes, so lächelt der Engel ihr zu, „Kind Gottes, verweil' hier drey Stündlein in Ruh. „Bald jauchzet unendliche Freude dich wach — „Ich geh' und bringe den Liebling dir nach.“
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„Ich sehe dich wieder. — Wie wird mir! — wie
wohl!
„Wie weh' und wie bange! wie dämmernd! — Leb'
wohl!
„Leb' wohl, mein Vertrauter — wir finden uns —
ach!“ —
Es stand ihr Herz, und ihr Auge brach.
Die Seele, umflossen von Blüthenduft
Und schwebend auf strahlender Morgenluft,
Entwallte der Erden, und schwebete rein
Zur Pforte des Gartens der Seligen ein.
Da blühen der duftenden Blumen so viel!
Da wehen die Lüfte so linde, so kühl!
Da rauscht' es, da glänzt' es so strömend, so hell
Von thauenden Myrten am gurgelnden Quell!
Ihr Engel umschwebt sie in sonnigem Schein,
Und führt sie die stilleste Laube hinein.
Die Lüftlein, die Bächlein in leiserem Gang,
Vereinen die Töne zum Schlummergesang.
„Kind Gottes, so lächelt der Engel ihr zu,
„Kind Gottes, verweil' hier drey Stündlein in Ruh.
„Bald jauchzet unendliche Freude dich wach —
„Ich geh' und bringe den Liebling dir nach.“
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/262>, abgerufen am 16.02.2025.
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