Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Wild schwärmte der Jüngling manch freudiges Jahr. Da sah er Schön Hedchen mit goldigem Haar. Wie wurde dem Schwärmer im Herzen so warm! Doch wärmer noch ward ihm dem Mädchen im Arm. Beym Blicken und Drücken der Holden im Arm Vergass er der Brüder lautlärmenden Schwarm. Es schmolz vor den Blicken sein eiserner Sinn, Wie Wachs am Strahle der Sonne dahin! Wie, wenn an den Busen Schön Hedchen ihn nahm, Wie wurde der Wildfang so sittig, so zahm! Schön Hedchen, so schüchtern, so zaghaft vorhin, Wie ward sie am Busen des Jünglings so kühn! Bald schworen die Beyden den ewigen Bund; Doch ward er nicht Menschen, ward Engeln nur kund. Da stürmten Gewitter und Wolken herein, Und hüllten den Himmel der Liebenden ein. Es rief den Geliebten sein König ins Heer. Es entzog ihn der Trauten ein donnerndes Meer. Hier klirrten ihm Fesseln; dort glänzt' ihm ein Thron. Der Treue bot Thronen und Fesseln nur Hohn. Wild schwärmte der Jüngling manch freudiges Jahr. Da sah er Schön Hedchen mit goldigem Haar. Wie wurde dem Schwärmer im Herzen so warm! Doch wärmer noch ward ihm dem Mädchen im Arm. Beym Blicken und Drücken der Holden im Arm Vergaſs er der Brüder lautlärmenden Schwarm. Es schmolz vor den Blicken sein eiserner Sinn, Wie Wachs am Strahle der Sonne dahin! Wie, wenn an den Busen Schön Hedchen ihn nahm, Wie wurde der Wildfang so sittig, so zahm! Schön Hedchen, so schüchtern, so zaghaft vorhin, Wie ward sie am Busen des Jünglings so kühn! Bald schworen die Beyden den ewigen Bund; Doch ward er nicht Menschen, ward Engeln nur kund. Da stürmten Gewitter und Wolken herein, Und hüllten den Himmel der Liebenden ein. Es rief den Geliebten sein König ins Heer. Es entzog ihn der Trauten ein donnerndes Meer. Hier klirrten ihm Fesseln; dort glänzt' ihm ein Thron. Der Treue bot Thronen und Fesseln nur Hohn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0255" n="213"/> <lg n="3"> <l>Wild schwärmte der Jüngling manch freudiges</l><lb/> <l>Jahr.</l><lb/> <l>Da sah er Schön Hedchen mit goldigem Haar.</l><lb/> <l>Wie wurde dem Schwärmer im Herzen so warm!</l><lb/> <l>Doch wärmer noch ward ihm dem Mädchen im Arm.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Beym Blicken und Drücken der Holden im Arm</l><lb/> <l>Vergaſs er der Brüder lautlärmenden Schwarm.</l><lb/> <l>Es schmolz vor den Blicken sein eiserner Sinn,</l><lb/> <l>Wie Wachs am Strahle der Sonne dahin!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wie, wenn an den Busen Schön Hedchen ihn</l><lb/> <l>nahm,</l><lb/> <l>Wie wurde der Wildfang so sittig, so zahm!</l><lb/> <l>Schön Hedchen, so schüchtern, so zaghaft vorhin,</l><lb/> <l>Wie ward sie am Busen des Jünglings so kühn!</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Bald schworen die Beyden den ewigen Bund;</l><lb/> <l>Doch ward er nicht Menschen, ward Engeln nur</l><lb/> <l>kund.</l><lb/> <l>Da stürmten Gewitter und Wolken herein,</l><lb/> <l>Und hüllten den Himmel der Liebenden ein.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Es rief den Geliebten sein König ins Heer.</l><lb/> <l>Es entzog ihn der Trauten ein donnerndes Meer.</l><lb/> <l>Hier klirrten ihm Fesseln; dort glänzt' ihm ein</l><lb/> <l>Thron.</l><lb/> <l>Der Treue bot Thronen und Fesseln nur Hohn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0255]
Wild schwärmte der Jüngling manch freudiges
Jahr.
Da sah er Schön Hedchen mit goldigem Haar.
Wie wurde dem Schwärmer im Herzen so warm!
Doch wärmer noch ward ihm dem Mädchen im Arm.
Beym Blicken und Drücken der Holden im Arm
Vergaſs er der Brüder lautlärmenden Schwarm.
Es schmolz vor den Blicken sein eiserner Sinn,
Wie Wachs am Strahle der Sonne dahin!
Wie, wenn an den Busen Schön Hedchen ihn
nahm,
Wie wurde der Wildfang so sittig, so zahm!
Schön Hedchen, so schüchtern, so zaghaft vorhin,
Wie ward sie am Busen des Jünglings so kühn!
Bald schworen die Beyden den ewigen Bund;
Doch ward er nicht Menschen, ward Engeln nur
kund.
Da stürmten Gewitter und Wolken herein,
Und hüllten den Himmel der Liebenden ein.
Es rief den Geliebten sein König ins Heer.
Es entzog ihn der Trauten ein donnerndes Meer.
Hier klirrten ihm Fesseln; dort glänzt' ihm ein
Thron.
Der Treue bot Thronen und Fesseln nur Hohn.
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/255>, abgerufen am 16.02.2025. |