Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Mit diamantnem Griffel Ward es in Erz geschrieben: "Was Staub ist, soll zerstieben; "Was athmet, soll verwehn; "Die vollste Kraft ermatten; "Der lichte Tag in Schatten, "Die Schönheit und die Jugend "In Moder übergehn!" Welkt, Lorbeern meines Hauptes! Bekränzt mich, Weid' und Wermuth! Die Seele wölke Schwermuth, Das Auge Thränenfluth! Verblühn wird Idens Blüthe; Dein Blick voll reiner Güte, Ellwina, wird ermatten, Erlöschen meine Gluth! Klagt, Saiten, ächzt, ihr Weiden -- Doch nein, erjauchzt in Psalmen! Rauscht, Edens ewge Palmen! Mag seyn, dass Staub zerstiebe! Eins, weiss ich, kann nicht sterben; Eins trotzet dem Verderben, Eins spottet der Verwesung -- Ein Geist, der Tugend liebt! Mit diamantnem Griffel Ward es in Erz geschrieben: „Was Staub ist, soll zerstieben; „Was athmet, soll verwehn; „Die vollste Kraft ermatten; „Der lichte Tag in Schatten, „Die Schönheit und die Jugend „In Moder übergehn!“ Welkt, Lorbeern meines Hauptes! Bekränzt mich, Weid' und Wermuth! Die Seele wölke Schwermuth, Das Auge Thränenfluth! Verblühn wird Idens Blüthe; Dein Blick voll reiner Güte, Ellwina, wird ermatten, Erlöschen meine Gluth! Klagt, Saiten, ächzt, ihr Weiden — Doch nein, erjauchzt in Psalmen! Rauscht, Edens ewge Palmen! Mag seyn, daſs Staub zerstiebe! Eins, weiſs ich, kann nicht sterben; Eins trotzet dem Verderben, Eins spottet der Verwesung — Ein Geist, der Tugend liebt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0122" n="82"/> <lg n="8"> <l>Mit diamantnem Griffel</l><lb/> <l>Ward es in Erz geschrieben:</l><lb/> <l>„Was Staub ist, soll zerstieben;</l><lb/> <l>„Was athmet, soll verwehn;</l><lb/> <l>„Die vollste Kraft ermatten;</l><lb/> <l>„Der lichte Tag in Schatten,</l><lb/> <l>„Die Schönheit und die Jugend</l><lb/> <l>„In Moder übergehn!“</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Welkt, Lorbeern meines Hauptes!</l><lb/> <l>Bekränzt mich, Weid' und Wermuth!</l><lb/> <l>Die Seele wölke Schwermuth,</l><lb/> <l>Das Auge Thränenfluth!</l><lb/> <l>Verblühn wird Idens Blüthe;</l><lb/> <l>Dein Blick voll reiner Güte,</l><lb/> <l>Ellwina, wird ermatten,</l><lb/> <l>Erlöschen meine Gluth!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Klagt, Saiten, ächzt, ihr Weiden —</l><lb/> <l>Doch nein, erjauchzt in Psalmen!</l><lb/> <l>Rauscht, Edens ewge Palmen!</l><lb/> <l>Mag seyn, daſs Staub zerstiebe!</l><lb/> <l>Eins, weiſs ich, kann nicht sterben;</l><lb/> <l>Eins trotzet dem Verderben,</l><lb/> <l>Eins spottet der Verwesung —</l><lb/> <l>Ein Geist, der Tugend liebt!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0122]
Mit diamantnem Griffel
Ward es in Erz geschrieben:
„Was Staub ist, soll zerstieben;
„Was athmet, soll verwehn;
„Die vollste Kraft ermatten;
„Der lichte Tag in Schatten,
„Die Schönheit und die Jugend
„In Moder übergehn!“
Welkt, Lorbeern meines Hauptes!
Bekränzt mich, Weid' und Wermuth!
Die Seele wölke Schwermuth,
Das Auge Thränenfluth!
Verblühn wird Idens Blüthe;
Dein Blick voll reiner Güte,
Ellwina, wird ermatten,
Erlöschen meine Gluth!
Klagt, Saiten, ächzt, ihr Weiden —
Doch nein, erjauchzt in Psalmen!
Rauscht, Edens ewge Palmen!
Mag seyn, daſs Staub zerstiebe!
Eins, weiſs ich, kann nicht sterben;
Eins trotzet dem Verderben,
Eins spottet der Verwesung —
Ein Geist, der Tugend liebt!
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