Eine Nachtigall klagen, und weinet dir Thränen der Rührung. -- Zwar auch die Nachtigall stirbt; Aber es keimt aus der Nachtigall Asch' ein blühen- des Mägdlein, Edel von Anstand, von Wuchs, Schlank und zierlich, wie unter den Blumen Emma einhergeht. Sey mir, schlanke Gestalt, Sey mir gegrüsst! -- Auch du wirst sterben -- nicht sterben -- nur reifen Wirst du, holdes Gebild, Reifen vom Mädchen zum Engel, vom Engel zum Seraph. -- Dem Kühnen Schwindelt -- o schone mein! Schon' und hemme die wiehernden Rosse des Wa- gens, Begeistrung, Dass nicht ihr sausender Flug In der Unendlichkeit Strudel mich reisse, die zornigen Strudel Mich erfassen und tief Aus der sonnigen Höh', die strahlenden Sphären hinunter Schleudern ins donnernde Meer.
Eine Nachtigall klagen, und weinet dir Thränen der Rührung. — Zwar auch die Nachtigall stirbt; Aber es keimt aus der Nachtigall Asch' ein blühen- des Mägdlein, Edel von Anstand, von Wuchs, Schlank und zierlich, wie unter den Blumen Emma einhergeht. Sey mir, schlanke Gestalt, Sey mir gegrüſst! — Auch du wirst sterben — nicht sterben — nur reifen Wirst du, holdes Gebild, Reifen vom Mädchen zum Engel, vom Engel zum Seraph. — Dem Kühnen Schwindelt — o schone mein! Schon' und hemme die wiehernden Rosse des Wa- gens, Begeistrung, Daſs nicht ihr sausender Flug In der Unendlichkeit Strudel mich reiſse, die zornigen Strudel Mich erfassen und tief Aus der sonnigen Höh', die strahlenden Sphären hinunter Schleudern ins donnernde Meer.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="6"><pbfacs="#f0113"n="73"/><l>Eine Nachtigall klagen, und weinet dir Thränen</l><lb/><l>der Rührung. —</l><lb/><l>Zwar auch die Nachtigall stirbt;</l><lb/><l>Aber es keimt aus der Nachtigall Asch' ein blühen-</l><lb/><l>des Mägdlein,</l><lb/><l>Edel von Anstand, von Wuchs,</l><lb/><l>Schlank und zierlich, wie unter den Blumen Emma</l><lb/><l>einhergeht.</l><lb/><l>Sey mir, schlanke Gestalt,</l><lb/><l>Sey mir gegrüſst! — Auch du wirst sterben — nicht</l><lb/><l>sterben — nur reifen</l><lb/><l>Wirst du, holdes Gebild,</l><lb/><l>Reifen vom Mädchen zum Engel, vom Engel zum</l><lb/><l>Seraph. — Dem Kühnen</l><lb/><l>Schwindelt — o schone mein!</l><lb/><l>Schon' und hemme die wiehernden Rosse des Wa-</l><lb/><l>gens, Begeistrung,</l><lb/><l>Daſs nicht ihr sausender Flug</l><lb/><l>In der Unendlichkeit Strudel mich reiſse, die zornigen</l><lb/><l>Strudel</l><lb/><l>Mich erfassen und tief</l><lb/><l>Aus der sonnigen Höh', die strahlenden Sphären</l><lb/><l>hinunter</l><lb/><l>Schleudern ins donnernde Meer.</l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[73/0113]
Eine Nachtigall klagen, und weinet dir Thränen
der Rührung. —
Zwar auch die Nachtigall stirbt;
Aber es keimt aus der Nachtigall Asch' ein blühen-
des Mägdlein,
Edel von Anstand, von Wuchs,
Schlank und zierlich, wie unter den Blumen Emma
einhergeht.
Sey mir, schlanke Gestalt,
Sey mir gegrüſst! — Auch du wirst sterben — nicht
sterben — nur reifen
Wirst du, holdes Gebild,
Reifen vom Mädchen zum Engel, vom Engel zum
Seraph. — Dem Kühnen
Schwindelt — o schone mein!
Schon' und hemme die wiehernden Rosse des Wa-
gens, Begeistrung,
Daſs nicht ihr sausender Flug
In der Unendlichkeit Strudel mich reiſse, die zornigen
Strudel
Mich erfassen und tief
Aus der sonnigen Höh', die strahlenden Sphären
hinunter
Schleudern ins donnernde Meer.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/113>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.