Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Aus dem Staube herauf rufst du die Pflanzen- welt. Säuselnd wallet die Saat, säuselnd der Eichenwald. Sonnan rauschet die Zeder, Würzig duftet das Veilchenthal. Stoffen gibst du Gestalt, gibst dem Atom Ge- fühl, Jubel füllen den Busch, Jubel die blaue Luft. Schau, es wimmelt im Tropfen, Schau, das Sandkorn bevölkert sich. Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künst lerin, Leben jeglicher Art, Kondor und Colibri, Strausspolype und Flusspferd, Riesenmuschel und Räderthier. Aber lauter, denn sie, preist dich des Menschen Geist, Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers, Dich der Zirkel des Newton, Dich der Pinsel des Raphael. Ahnd' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche, Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth Zu ergründen, der Hymne Flug umsonst zu erfliegen strebt? E 2
Aus dem Staube herauf rufst du die Pflanzen- welt. Säuselnd wallet die Saat, säuselnd der Eichenwald. Sonnan rauschet die Zeder, Würzig duftet das Veilchenthal. Stoffen gibst du Gestalt, gibst dem Atom Ge- fühl, Jubel füllen den Busch, Jubel die blaue Luft. Schau, es wimmelt im Tropfen, Schau, das Sandkorn bevölkert sich. Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künst lerin, Leben jeglicher Art, Kondor und Colibri, Strauſspolype und Fluſspferd, Riesenmuschel und Räderthier. Aber lauter, denn sie, preist dich des Menschen Geist, Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers, Dich der Zirkel des Newton, Dich der Pinsel des Raphael. Ahnd' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche, Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth Zu ergründen, der Hymne Flug umsonst zu erfliegen strebt? E 2
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Aus dem Staube herauf rufst du die Pflanzen-
welt.
Säuselnd wallet die Saat, säuselnd der Eichenwald.
Sonnan rauschet die Zeder,
Würzig duftet das Veilchenthal.
Stoffen gibst du Gestalt, gibst dem Atom Ge-
fühl,
Jubel füllen den Busch, Jubel die blaue Luft.
Schau, es wimmelt im Tropfen,
Schau, das Sandkorn bevölkert sich.
Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künst
lerin,
Leben jeglicher Art, Kondor und Colibri,
Strauſspolype und Fluſspferd,
Riesenmuschel und Räderthier.
Aber lauter, denn sie, preist dich des Menschen
Geist,
Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers,
Dich der Zirkel des Newton,
Dich der Pinsel des Raphael.
Ahnd' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche,
Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth
Zu ergründen, der Hymne
Flug umsonst zu erfliegen strebt?
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