Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.15. Seine halbgeistliche Kleidung und Perrücke Gefiel auch der Alten im Augenblicke, Und er versicherte derselben geschwind, Daß er wäre kein Weltkind. 16. Er mußte also bei so gestalten Sachen Die erste Probe noch heute machen, Und er wohnte mit großem Geschrei Der frommen, singenden Versammlung bei. 17. Hat auch, mit einem ernsthaften Wesen, Aus der Hauspostill eine Predigt gelesen, Und that alles mit besonderm Anstand, Daß die Dame Vergnügen drin fand. 18. Durch ihn ward ihr frommer geistlicher Eifer Tagtäglich dann immer fester und steifer, Und ihr ohnedem geistlicher Sinn Mehr und mehr erbauet durch ihn. 19. Sie ließ sich auch von dem frommen Kandi- daten In allen ihren Handlungen leiten und rathen, Und so ward in kurzer Zeit hier Hieronimus der Liebling von ihr. 20. Wenn er sich zuweilen auch etwa verginge, Und sich ungeistlicher Dinge unterfinge: So übersah sie doch immer dies Als eine menschliche Schwachheit gewiß. 21. Er
15. Seine halbgeiſtliche Kleidung und Perruͤcke Gefiel auch der Alten im Augenblicke, Und er verſicherte derſelben geſchwind, Daß er waͤre kein Weltkind. 16. Er mußte alſo bei ſo geſtalten Sachen Die erſte Probe noch heute machen, Und er wohnte mit großem Geſchrei Der frommen, ſingenden Verſammlung bei. 17. Hat auch, mit einem ernſthaften Weſen, Aus der Hauspoſtill eine Predigt geleſen, Und that alles mit beſonderm Anſtand, Daß die Dame Vergnuͤgen drin fand. 18. Durch ihn ward ihr frommer geiſtlicher Eifer Tagtaͤglich dann immer feſter und ſteifer, Und ihr ohnedem geiſtlicher Sinn Mehr und mehr erbauet durch ihn. 19. Sie ließ ſich auch von dem frommen Kandi- daten In allen ihren Handlungen leiten und rathen, Und ſo ward in kurzer Zeit hier Hieronimus der Liebling von ihr. 20. Wenn er ſich zuweilen auch etwa verginge, Und ſich ungeiſtlicher Dinge unterfinge: So uͤberſah ſie doch immer dies Als eine menſchliche Schwachheit gewiß. 21. Er
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15. Seine halbgeiſtliche Kleidung und Perruͤcke
Gefiel auch der Alten im Augenblicke,
Und er verſicherte derſelben geſchwind,
Daß er waͤre kein Weltkind.
16. Er mußte alſo bei ſo geſtalten Sachen
Die erſte Probe noch heute machen,
Und er wohnte mit großem Geſchrei
Der frommen, ſingenden Verſammlung bei.
17. Hat auch, mit einem ernſthaften Weſen,
Aus der Hauspoſtill eine Predigt geleſen,
Und that alles mit beſonderm Anſtand,
Daß die Dame Vergnuͤgen drin fand.
18. Durch ihn ward ihr frommer geiſtlicher Eifer
Tagtaͤglich dann immer feſter und ſteifer,
Und ihr ohnedem geiſtlicher Sinn
Mehr und mehr erbauet durch ihn.
19. Sie ließ ſich auch von dem frommen Kandi-
daten
In allen ihren Handlungen leiten und rathen,
Und ſo ward in kurzer Zeit hier
Hieronimus der Liebling von ihr.
20. Wenn er ſich zuweilen auch etwa verginge,
Und ſich ungeiſtlicher Dinge unterfinge:
So uͤberſah ſie doch immer dies
Als eine menſchliche Schwachheit gewiß.
21. Er
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