Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gehen; sie kommen von allen Seiten, wir können sonst nicht mehr hindurch! -- Strintillo blieb immer erstaunt stehen: Rein, das ist ganz mein Traum, mein Traum! -- Auch Granco und selbst der Richter wurden von den sonderbaren Dingen sehr in Verwunderung gesetzt und begriffen nicht, wie Alles zuging. Granco aber fing an, für sein Glück bange zu werden. -- Was sind das für Bretter hier am Boden? -- fragte Strintillo Ciccio'n. -- Mit diesen Brettern sind heute die Goldstücke, in die Ihr neulich versunken seid, bedeckt worden, damit man besser gehen könne; da seht, hier leuchten welche durch die Ritzen. Ich will Euch ein paar aufheben. -- Damit scharrte er einige Goldstücke aus den Ritzen und gab sie Strintillo, der sie verwundert betrachtete. Wahrhaftig, pure Goldstücke! Mein Traum, mein Traum! -- Nun hätte Granco vor Wuth Alles zerreißen mögen; aber er fürchtete sich, nur einen Finger zu bewegen, weil er die Braut dann ganz verloren glaubte. So traten sie in einen Keller, der ganz voll Weinfässer war; Ciccio zapfte eines an und gab den Herren zu kosten; man bot auch Granco an, aber so gern er getrunken hätte, er stand wie eine steinerne Säule und gab kein Zeichen von sich, weil er sich beständig irgend einer Falschheit vermuthend war. Strintillo fand den Wein vortrefflich. Nun gingen sie eine lange Weile zwischen lauter Fässern, welche nach Sacchetti's Angabe so künstlich gestellt waren, daß sie ein Labyrinth bildeten, welches gehen; sie kommen von allen Seiten, wir können sonst nicht mehr hindurch! — Strintillo blieb immer erstaunt stehen: Rein, das ist ganz mein Traum, mein Traum! — Auch Granco und selbst der Richter wurden von den sonderbaren Dingen sehr in Verwunderung gesetzt und begriffen nicht, wie Alles zuging. Granco aber fing an, für sein Glück bange zu werden. — Was sind das für Bretter hier am Boden? — fragte Strintillo Ciccio'n. — Mit diesen Brettern sind heute die Goldstücke, in die Ihr neulich versunken seid, bedeckt worden, damit man besser gehen könne; da seht, hier leuchten welche durch die Ritzen. Ich will Euch ein paar aufheben. — Damit scharrte er einige Goldstücke aus den Ritzen und gab sie Strintillo, der sie verwundert betrachtete. Wahrhaftig, pure Goldstücke! Mein Traum, mein Traum! — Nun hätte Granco vor Wuth Alles zerreißen mögen; aber er fürchtete sich, nur einen Finger zu bewegen, weil er die Braut dann ganz verloren glaubte. So traten sie in einen Keller, der ganz voll Weinfässer war; Ciccio zapfte eines an und gab den Herren zu kosten; man bot auch Granco an, aber so gern er getrunken hätte, er stand wie eine steinerne Säule und gab kein Zeichen von sich, weil er sich beständig irgend einer Falschheit vermuthend war. Strintillo fand den Wein vortrefflich. Nun gingen sie eine lange Weile zwischen lauter Fässern, welche nach Sacchetti's Angabe so künstlich gestellt waren, daß sie ein Labyrinth bildeten, welches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062"/> gehen; sie kommen von allen Seiten, wir können sonst nicht mehr hindurch! — Strintillo blieb immer erstaunt stehen: Rein, das ist ganz mein Traum, mein Traum! — Auch Granco und selbst der Richter wurden von den sonderbaren Dingen sehr in Verwunderung gesetzt und begriffen nicht, wie Alles zuging. Granco aber fing an, für sein Glück bange zu werden. — Was sind das für Bretter hier am Boden? — fragte Strintillo Ciccio'n. — Mit diesen Brettern sind heute die Goldstücke, in die Ihr neulich versunken seid, bedeckt worden, damit man besser gehen könne; da seht, hier leuchten welche durch die Ritzen. Ich will Euch ein paar aufheben. — Damit scharrte er einige Goldstücke aus den Ritzen und gab sie Strintillo, der sie verwundert betrachtete. Wahrhaftig, pure Goldstücke! Mein Traum, mein Traum! — Nun hätte Granco vor Wuth Alles zerreißen mögen; aber er fürchtete sich, nur einen Finger zu bewegen, weil er die Braut dann ganz verloren glaubte. So traten sie in einen Keller, der ganz voll Weinfässer war; Ciccio zapfte eines an und gab den Herren zu kosten; man bot auch Granco an, aber so gern er getrunken hätte, er stand wie eine steinerne Säule und gab kein Zeichen von sich, weil er sich beständig irgend einer Falschheit vermuthend war. Strintillo fand den Wein vortrefflich. Nun gingen sie eine lange Weile zwischen lauter Fässern, welche nach Sacchetti's Angabe so künstlich gestellt waren, daß sie ein Labyrinth bildeten, welches<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
gehen; sie kommen von allen Seiten, wir können sonst nicht mehr hindurch! — Strintillo blieb immer erstaunt stehen: Rein, das ist ganz mein Traum, mein Traum! — Auch Granco und selbst der Richter wurden von den sonderbaren Dingen sehr in Verwunderung gesetzt und begriffen nicht, wie Alles zuging. Granco aber fing an, für sein Glück bange zu werden. — Was sind das für Bretter hier am Boden? — fragte Strintillo Ciccio'n. — Mit diesen Brettern sind heute die Goldstücke, in die Ihr neulich versunken seid, bedeckt worden, damit man besser gehen könne; da seht, hier leuchten welche durch die Ritzen. Ich will Euch ein paar aufheben. — Damit scharrte er einige Goldstücke aus den Ritzen und gab sie Strintillo, der sie verwundert betrachtete. Wahrhaftig, pure Goldstücke! Mein Traum, mein Traum! — Nun hätte Granco vor Wuth Alles zerreißen mögen; aber er fürchtete sich, nur einen Finger zu bewegen, weil er die Braut dann ganz verloren glaubte. So traten sie in einen Keller, der ganz voll Weinfässer war; Ciccio zapfte eines an und gab den Herren zu kosten; man bot auch Granco an, aber so gern er getrunken hätte, er stand wie eine steinerne Säule und gab kein Zeichen von sich, weil er sich beständig irgend einer Falschheit vermuthend war. Strintillo fand den Wein vortrefflich. Nun gingen sie eine lange Weile zwischen lauter Fässern, welche nach Sacchetti's Angabe so künstlich gestellt waren, daß sie ein Labyrinth bildeten, welches
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T13:35:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T13:35:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |