Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.um damit Alles zu vergolden; weil er, kindischer Weise, in dieses Gefunkel alle Schönheit setzte. Immer war ihm bange, daß Giovanni ihn übertreffen könnte, und er schickte aus Neugier bald diesen, bald jenen Boten, um Giovanni Etwas abzusehen. Aber die Boten kamen nur mit Lügen wieder, da sie von ausgestellten Wachen abgehalten wurden und jene Kluft so glücklich mitten in Giovanni's Garten lag, daß man von anderwärts her nicht hineinsehen konnte. Granco wollte vor Neugier sterben; denn er selbst getraute sich wegen des Charivari's nicht wieder hin. Aber als nun der Nachmittag erschien, an welchem das Fest stattfinden sollte, und Alles schön vergoldet war, bildete sich Don Granco dennoch ein, bei ihm sei Alles unübertrefflich, machte sich auf, geputzt wie ein Osterei, holte Don Strintillo und den Richter des Orts ab und sprach, indem er Beide mit stolzem Behagen bei seinen zahlreichen Gästen, die mehrentheils von fern gekommen, einführte: Hier, meine Herren, ist der ehrenwerthe Richter von Gragnano, Herr Don Orzo, und hier mein künftiger Schwiegervater, und hier, zu Strintillo gewendet, ist meine Hochzeit! -- Halt! halt! Herr Granco, meinte Strintillo, bis jetzt sagt nur "Euer Fest" und "Herr Strintillo"; ob Ihr "Hochzeit" und "Schwiegervater" sagen dürft, das wird sich nachher zeigen! Jetzt sehen wir uns um, wie es bei Euch aussieht. Herr Don Orzo, der Richter, wird mir beistehen, um Alles wohl zu betrachten. -- Von um damit Alles zu vergolden; weil er, kindischer Weise, in dieses Gefunkel alle Schönheit setzte. Immer war ihm bange, daß Giovanni ihn übertreffen könnte, und er schickte aus Neugier bald diesen, bald jenen Boten, um Giovanni Etwas abzusehen. Aber die Boten kamen nur mit Lügen wieder, da sie von ausgestellten Wachen abgehalten wurden und jene Kluft so glücklich mitten in Giovanni's Garten lag, daß man von anderwärts her nicht hineinsehen konnte. Granco wollte vor Neugier sterben; denn er selbst getraute sich wegen des Charivari's nicht wieder hin. Aber als nun der Nachmittag erschien, an welchem das Fest stattfinden sollte, und Alles schön vergoldet war, bildete sich Don Granco dennoch ein, bei ihm sei Alles unübertrefflich, machte sich auf, geputzt wie ein Osterei, holte Don Strintillo und den Richter des Orts ab und sprach, indem er Beide mit stolzem Behagen bei seinen zahlreichen Gästen, die mehrentheils von fern gekommen, einführte: Hier, meine Herren, ist der ehrenwerthe Richter von Gragnano, Herr Don Orzo, und hier mein künftiger Schwiegervater, und hier, zu Strintillo gewendet, ist meine Hochzeit! — Halt! halt! Herr Granco, meinte Strintillo, bis jetzt sagt nur „Euer Fest“ und „Herr Strintillo“; ob Ihr „Hochzeit“ und „Schwiegervater“ sagen dürft, das wird sich nachher zeigen! Jetzt sehen wir uns um, wie es bei Euch aussieht. Herr Don Orzo, der Richter, wird mir beistehen, um Alles wohl zu betrachten. — Von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056"/> um damit Alles zu vergolden; weil er, kindischer Weise, in dieses Gefunkel alle Schönheit setzte. Immer war ihm bange, daß Giovanni ihn übertreffen könnte, und er schickte aus Neugier bald diesen, bald jenen Boten, um Giovanni Etwas abzusehen. Aber die Boten kamen nur mit Lügen wieder, da sie von ausgestellten Wachen abgehalten wurden und jene Kluft so glücklich mitten in Giovanni's Garten lag, daß man von anderwärts her nicht hineinsehen konnte. Granco wollte vor Neugier sterben; denn er selbst getraute sich wegen des Charivari's nicht wieder hin. Aber als nun der Nachmittag erschien, an welchem das Fest stattfinden sollte, und Alles schön vergoldet war, bildete sich Don Granco dennoch ein, bei ihm sei Alles unübertrefflich, machte sich auf, geputzt wie ein Osterei, holte Don Strintillo und den Richter des Orts ab und sprach, indem er Beide mit stolzem Behagen bei seinen zahlreichen Gästen, die mehrentheils von fern gekommen, einführte: Hier, meine Herren, ist der ehrenwerthe Richter von Gragnano, Herr Don Orzo, und hier mein künftiger Schwiegervater, und hier, zu Strintillo gewendet, ist meine Hochzeit! — Halt! halt! Herr Granco, meinte Strintillo, bis jetzt sagt nur „Euer Fest“ und „Herr Strintillo“; ob Ihr „Hochzeit“ und „Schwiegervater“ sagen dürft, das wird sich nachher zeigen! Jetzt sehen wir uns um, wie es bei Euch aussieht. Herr Don Orzo, der Richter, wird mir beistehen, um Alles wohl zu betrachten. — Von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
um damit Alles zu vergolden; weil er, kindischer Weise, in dieses Gefunkel alle Schönheit setzte. Immer war ihm bange, daß Giovanni ihn übertreffen könnte, und er schickte aus Neugier bald diesen, bald jenen Boten, um Giovanni Etwas abzusehen. Aber die Boten kamen nur mit Lügen wieder, da sie von ausgestellten Wachen abgehalten wurden und jene Kluft so glücklich mitten in Giovanni's Garten lag, daß man von anderwärts her nicht hineinsehen konnte. Granco wollte vor Neugier sterben; denn er selbst getraute sich wegen des Charivari's nicht wieder hin. Aber als nun der Nachmittag erschien, an welchem das Fest stattfinden sollte, und Alles schön vergoldet war, bildete sich Don Granco dennoch ein, bei ihm sei Alles unübertrefflich, machte sich auf, geputzt wie ein Osterei, holte Don Strintillo und den Richter des Orts ab und sprach, indem er Beide mit stolzem Behagen bei seinen zahlreichen Gästen, die mehrentheils von fern gekommen, einführte: Hier, meine Herren, ist der ehrenwerthe Richter von Gragnano, Herr Don Orzo, und hier mein künftiger Schwiegervater, und hier, zu Strintillo gewendet, ist meine Hochzeit! — Halt! halt! Herr Granco, meinte Strintillo, bis jetzt sagt nur „Euer Fest“ und „Herr Strintillo“; ob Ihr „Hochzeit“ und „Schwiegervater“ sagen dürft, das wird sich nachher zeigen! Jetzt sehen wir uns um, wie es bei Euch aussieht. Herr Don Orzo, der Richter, wird mir beistehen, um Alles wohl zu betrachten. — Von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/56 |
Zitationshilfe: | Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/56>, abgerufen am 16.07.2024. |