Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.doch nun mein ist; bedenkt: Andrer Eigenthum begehren, ist große Sünde! Gebt mir den Ring wieder! sprach Donna Teresa und rang noch heftiger darnach: als von dieser Bewegung die Maske, welche nicht allzuwohl befestigt war, plötzlich herabfiel, so daß der entzückte Don Antonio ihr schönes Gesicht von hellen Thränen der Rührung überströmt sah, welchen sie bisher unter der Maske nicht Einhalt gethan. Nun aber suchte sie, weil Don Antonio sie nicht fortließ, ihr verlegenes Erröthen in den Falten des Eremitengewandes zu bergen, als Don Carlo, welcher schon ein gut Theil der Scene mit angehört, ihr in die Augen sah und sprach: Wie? Ringe werden gewechselt? Masken fallen ab und Thränen fließen? Darüber muß ich meinen Mantel breiten, bis ich den Notar geholt! -- Hiemit warf er seinen weiten Pythagorasmantel um die Liebenden und verschlang ihn so, daß ihn Beide nicht so bald entwirren konnten: ja das Entwirren ging so langsam, daß Einige meinten, Beide blieben gern so verborgen, der Philosoph sowohl als der Eremit. Als sie endlich den purpurnen Vorhang, der sie umschloß, erhoben hatten, stand ein kleines Tischchen vor ihnen, woran Cicero saß und eine Feder schnitt. Es war der Notar des Ortes, welcher den beiden Willigen einen Ehecontract in zwei Worten zusammensetzte, den Beide mit zitternder Hand unterschrieben, während krystallne Thränen des Entzückens darauf hinab- doch nun mein ist; bedenkt: Andrer Eigenthum begehren, ist große Sünde! Gebt mir den Ring wieder! sprach Donna Teresa und rang noch heftiger darnach: als von dieser Bewegung die Maske, welche nicht allzuwohl befestigt war, plötzlich herabfiel, so daß der entzückte Don Antonio ihr schönes Gesicht von hellen Thränen der Rührung überströmt sah, welchen sie bisher unter der Maske nicht Einhalt gethan. Nun aber suchte sie, weil Don Antonio sie nicht fortließ, ihr verlegenes Erröthen in den Falten des Eremitengewandes zu bergen, als Don Carlo, welcher schon ein gut Theil der Scene mit angehört, ihr in die Augen sah und sprach: Wie? Ringe werden gewechselt? Masken fallen ab und Thränen fließen? Darüber muß ich meinen Mantel breiten, bis ich den Notar geholt! — Hiemit warf er seinen weiten Pythagorasmantel um die Liebenden und verschlang ihn so, daß ihn Beide nicht so bald entwirren konnten: ja das Entwirren ging so langsam, daß Einige meinten, Beide blieben gern so verborgen, der Philosoph sowohl als der Eremit. Als sie endlich den purpurnen Vorhang, der sie umschloß, erhoben hatten, stand ein kleines Tischchen vor ihnen, woran Cicero saß und eine Feder schnitt. Es war der Notar des Ortes, welcher den beiden Willigen einen Ehecontract in zwei Worten zusammensetzte, den Beide mit zitternder Hand unterschrieben, während krystallne Thränen des Entzückens darauf hinab- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063"/> doch nun mein ist; bedenkt: Andrer Eigenthum begehren, ist große Sünde!</p><lb/> <p>Gebt mir den Ring wieder! sprach Donna Teresa und rang noch heftiger darnach: als von dieser Bewegung die Maske, welche nicht allzuwohl befestigt war, plötzlich herabfiel, so daß der entzückte Don Antonio ihr schönes Gesicht von hellen Thränen der Rührung überströmt sah, welchen sie bisher unter der Maske nicht Einhalt gethan. Nun aber suchte sie, weil Don Antonio sie nicht fortließ, ihr verlegenes Erröthen in den Falten des Eremitengewandes zu bergen, als Don Carlo, welcher schon ein gut Theil der Scene mit angehört, ihr in die Augen sah und sprach: Wie? Ringe werden gewechselt? Masken fallen ab und Thränen fließen? Darüber muß ich meinen Mantel breiten, bis ich den Notar geholt! — Hiemit warf er seinen weiten Pythagorasmantel um die Liebenden und verschlang ihn so, daß ihn Beide nicht so bald entwirren konnten: ja das Entwirren ging so langsam, daß Einige meinten, Beide blieben gern so verborgen, der Philosoph sowohl als der Eremit.</p><lb/> <p>Als sie endlich den purpurnen Vorhang, der sie umschloß, erhoben hatten, stand ein kleines Tischchen vor ihnen, woran Cicero saß und eine Feder schnitt. Es war der Notar des Ortes, welcher den beiden Willigen einen Ehecontract in zwei Worten zusammensetzte, den Beide mit zitternder Hand unterschrieben, während krystallne Thränen des Entzückens darauf hinab-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
doch nun mein ist; bedenkt: Andrer Eigenthum begehren, ist große Sünde!
Gebt mir den Ring wieder! sprach Donna Teresa und rang noch heftiger darnach: als von dieser Bewegung die Maske, welche nicht allzuwohl befestigt war, plötzlich herabfiel, so daß der entzückte Don Antonio ihr schönes Gesicht von hellen Thränen der Rührung überströmt sah, welchen sie bisher unter der Maske nicht Einhalt gethan. Nun aber suchte sie, weil Don Antonio sie nicht fortließ, ihr verlegenes Erröthen in den Falten des Eremitengewandes zu bergen, als Don Carlo, welcher schon ein gut Theil der Scene mit angehört, ihr in die Augen sah und sprach: Wie? Ringe werden gewechselt? Masken fallen ab und Thränen fließen? Darüber muß ich meinen Mantel breiten, bis ich den Notar geholt! — Hiemit warf er seinen weiten Pythagorasmantel um die Liebenden und verschlang ihn so, daß ihn Beide nicht so bald entwirren konnten: ja das Entwirren ging so langsam, daß Einige meinten, Beide blieben gern so verborgen, der Philosoph sowohl als der Eremit.
Als sie endlich den purpurnen Vorhang, der sie umschloß, erhoben hatten, stand ein kleines Tischchen vor ihnen, woran Cicero saß und eine Feder schnitt. Es war der Notar des Ortes, welcher den beiden Willigen einen Ehecontract in zwei Worten zusammensetzte, den Beide mit zitternder Hand unterschrieben, während krystallne Thränen des Entzückens darauf hinab-
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