Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Kahlköpfen auch ihre beiden lockigen Anbeter entdeckte. Sie zitterten und klapperten wie die Störche, und wenn Vater Homerus jemals Recht hatte zu sagen: Nichts vermöge den Mann mehr zu verwüsten als das Meer, so hatte dieser große Poet hier dreimal Recht. Die Aermsten waren kaum mehr wieder zu erkennen. Ihre netten Kleiderchen waren überall zerrissen und hingen schlapp und triefend herab um die allzu schlanken Leiber. Ihre Locken hatte die Wuth des Elementes fast rein hinweggespült. Immer versuchten sie durch die Menge zu dringen, welche sie, grausam genug, ans Feuer zurückhielt, mit der neckenden Weisung: sie möchten sich erst noch ein Bischen wärmen! Da trat Don Antonio hinzu. Wie vor einem Könige ward Platz vor ihm, und er sprach zu den grausamen Lachern: Lieben Freunde, wie drollig es sich gefügt hat, daß auch diese Kahlköpfe zu uns gerathen müssen, lasset sie nun hinweg, sie bedürfen trockener Kleider; die aber lasset uns ihnen verschaffen! Das wird ihnen wohler thun als euer Lachen. Hiemit nahm Don Antonio den nächsten besten der Frierenden an den Händen, und die Menge wollte sie eben hindurch lassen und begleiten, da rief Don Carlo: Halt! noch wolle sie nicht entlassen, ihr liebwerthen Freunde; dahier bin ich Herr und werde mein Strandrecht zu gebrauchen wissen. Hört mich an, ihr unglückseligen Seefahrer, weß Standes und Amtes ihr sein möget. Der Himmel hat euch, mittelst der gewaltigen Seewogen, auf meinen Kahlköpfen auch ihre beiden lockigen Anbeter entdeckte. Sie zitterten und klapperten wie die Störche, und wenn Vater Homerus jemals Recht hatte zu sagen: Nichts vermöge den Mann mehr zu verwüsten als das Meer, so hatte dieser große Poet hier dreimal Recht. Die Aermsten waren kaum mehr wieder zu erkennen. Ihre netten Kleiderchen waren überall zerrissen und hingen schlapp und triefend herab um die allzu schlanken Leiber. Ihre Locken hatte die Wuth des Elementes fast rein hinweggespült. Immer versuchten sie durch die Menge zu dringen, welche sie, grausam genug, ans Feuer zurückhielt, mit der neckenden Weisung: sie möchten sich erst noch ein Bischen wärmen! Da trat Don Antonio hinzu. Wie vor einem Könige ward Platz vor ihm, und er sprach zu den grausamen Lachern: Lieben Freunde, wie drollig es sich gefügt hat, daß auch diese Kahlköpfe zu uns gerathen müssen, lasset sie nun hinweg, sie bedürfen trockener Kleider; die aber lasset uns ihnen verschaffen! Das wird ihnen wohler thun als euer Lachen. Hiemit nahm Don Antonio den nächsten besten der Frierenden an den Händen, und die Menge wollte sie eben hindurch lassen und begleiten, da rief Don Carlo: Halt! noch wolle sie nicht entlassen, ihr liebwerthen Freunde; dahier bin ich Herr und werde mein Strandrecht zu gebrauchen wissen. Hört mich an, ihr unglückseligen Seefahrer, weß Standes und Amtes ihr sein möget. Der Himmel hat euch, mittelst der gewaltigen Seewogen, auf meinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048"/> Kahlköpfen auch ihre beiden lockigen Anbeter entdeckte. Sie zitterten und klapperten wie die Störche, und wenn Vater Homerus jemals Recht hatte zu sagen: Nichts vermöge den Mann mehr zu verwüsten als das Meer, so hatte dieser große Poet hier dreimal Recht. Die Aermsten waren kaum mehr wieder zu erkennen. Ihre netten Kleiderchen waren überall zerrissen und hingen schlapp und triefend herab um die allzu schlanken Leiber. Ihre Locken hatte die Wuth des Elementes fast rein hinweggespült. Immer versuchten sie durch die Menge zu dringen, welche sie, grausam genug, ans Feuer zurückhielt, mit der neckenden Weisung: sie möchten sich erst noch ein Bischen wärmen!</p><lb/> <p>Da trat Don Antonio hinzu. Wie vor einem Könige ward Platz vor ihm, und er sprach zu den grausamen Lachern: Lieben Freunde, wie drollig es sich gefügt hat, daß auch diese Kahlköpfe zu uns gerathen müssen, lasset sie nun hinweg, sie bedürfen trockener Kleider; die aber lasset uns ihnen verschaffen! Das wird ihnen wohler thun als euer Lachen. Hiemit nahm Don Antonio den nächsten besten der Frierenden an den Händen, und die Menge wollte sie eben hindurch lassen und begleiten, da rief Don Carlo: Halt! noch wolle sie nicht entlassen, ihr liebwerthen Freunde; dahier bin ich Herr und werde mein Strandrecht zu gebrauchen wissen. Hört mich an, ihr unglückseligen Seefahrer, weß Standes und Amtes ihr sein möget. Der Himmel hat euch, mittelst der gewaltigen Seewogen, auf meinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
Kahlköpfen auch ihre beiden lockigen Anbeter entdeckte. Sie zitterten und klapperten wie die Störche, und wenn Vater Homerus jemals Recht hatte zu sagen: Nichts vermöge den Mann mehr zu verwüsten als das Meer, so hatte dieser große Poet hier dreimal Recht. Die Aermsten waren kaum mehr wieder zu erkennen. Ihre netten Kleiderchen waren überall zerrissen und hingen schlapp und triefend herab um die allzu schlanken Leiber. Ihre Locken hatte die Wuth des Elementes fast rein hinweggespült. Immer versuchten sie durch die Menge zu dringen, welche sie, grausam genug, ans Feuer zurückhielt, mit der neckenden Weisung: sie möchten sich erst noch ein Bischen wärmen!
Da trat Don Antonio hinzu. Wie vor einem Könige ward Platz vor ihm, und er sprach zu den grausamen Lachern: Lieben Freunde, wie drollig es sich gefügt hat, daß auch diese Kahlköpfe zu uns gerathen müssen, lasset sie nun hinweg, sie bedürfen trockener Kleider; die aber lasset uns ihnen verschaffen! Das wird ihnen wohler thun als euer Lachen. Hiemit nahm Don Antonio den nächsten besten der Frierenden an den Händen, und die Menge wollte sie eben hindurch lassen und begleiten, da rief Don Carlo: Halt! noch wolle sie nicht entlassen, ihr liebwerthen Freunde; dahier bin ich Herr und werde mein Strandrecht zu gebrauchen wissen. Hört mich an, ihr unglückseligen Seefahrer, weß Standes und Amtes ihr sein möget. Der Himmel hat euch, mittelst der gewaltigen Seewogen, auf meinen
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Zitationshilfe: | Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/48>, abgerufen am 15.08.2024. |