Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.er war, wie mancher Zornige, der Meinung, damit durchzudringen; -- aber die Ischiesen verstanden das Schelten noch besser, und es ward ein so großer Lärm in der Straße, daß Don Antonio wieder aus seinem Hause kam. Als er nun sah, wie seine Gäste von den Leuten aufgehalten wurden, rief er: Liebe Kinder, was macht ihr? Laßt sie frei gehn, es sind meine Gäste! -- Da ließen alle Hände von dem Fremden ab, und der Schwarm öffnete sich vor Don Antonio. -- Der Herr da nennt uns ein Gesindel, riefen Einige. Da sprach Don Antonio beschwichtigend: Herr Ottavio, Ihr habt sehr Unrecht, diese Männer nicht nach Würden zu ehren. Ihr würdet dies auch gewiß thun, wenn Ihr sie kenntet. Es sind brave Leute, die mit ihren Armen manches Nützliche schaffen: Weingärtner, Fischer und Ackerleute. Doch ihr, liebe Kinder, müßt nicht gleich so heftig zufahren, wenn Jemand, der euch nicht kennt, ein Wort fallen läßt, das Niemandem gefällt. Wisset, Herr Antonio, wir mußten wohl heftig werden, da er Euch beschimpft. Warum aber sollte er mich denn beschimpft haben? Warum, wissen wir nicht, sagten Einige, aber er rief Euch einen Kahlkopf nach. Nun, wenn es weiter nichts ist! Ein Kahlkopf bin ich wirklich, sprach Don Antonio und nahm das Käppchen ab: das weiß die Sonne, die mir die Haare weggesengt. Geht in Frieden, meine Herren. Ein Kahlkopf ist ja kein Schimpf, so lange die Ehrlichkeit nicht aus er war, wie mancher Zornige, der Meinung, damit durchzudringen; — aber die Ischiesen verstanden das Schelten noch besser, und es ward ein so großer Lärm in der Straße, daß Don Antonio wieder aus seinem Hause kam. Als er nun sah, wie seine Gäste von den Leuten aufgehalten wurden, rief er: Liebe Kinder, was macht ihr? Laßt sie frei gehn, es sind meine Gäste! — Da ließen alle Hände von dem Fremden ab, und der Schwarm öffnete sich vor Don Antonio. — Der Herr da nennt uns ein Gesindel, riefen Einige. Da sprach Don Antonio beschwichtigend: Herr Ottavio, Ihr habt sehr Unrecht, diese Männer nicht nach Würden zu ehren. Ihr würdet dies auch gewiß thun, wenn Ihr sie kenntet. Es sind brave Leute, die mit ihren Armen manches Nützliche schaffen: Weingärtner, Fischer und Ackerleute. Doch ihr, liebe Kinder, müßt nicht gleich so heftig zufahren, wenn Jemand, der euch nicht kennt, ein Wort fallen läßt, das Niemandem gefällt. Wisset, Herr Antonio, wir mußten wohl heftig werden, da er Euch beschimpft. Warum aber sollte er mich denn beschimpft haben? Warum, wissen wir nicht, sagten Einige, aber er rief Euch einen Kahlkopf nach. Nun, wenn es weiter nichts ist! Ein Kahlkopf bin ich wirklich, sprach Don Antonio und nahm das Käppchen ab: das weiß die Sonne, die mir die Haare weggesengt. Geht in Frieden, meine Herren. Ein Kahlkopf ist ja kein Schimpf, so lange die Ehrlichkeit nicht aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015"/> er war, wie mancher Zornige, der Meinung, damit durchzudringen; — aber die Ischiesen verstanden das Schelten noch besser, und es ward ein so großer Lärm in der Straße, daß Don Antonio wieder aus seinem Hause kam. Als er nun sah, wie seine Gäste von den Leuten aufgehalten wurden, rief er: Liebe Kinder, was macht ihr? Laßt sie frei gehn, es sind meine Gäste! — Da ließen alle Hände von dem Fremden ab, und der Schwarm öffnete sich vor Don Antonio. — Der Herr da nennt uns ein Gesindel, riefen Einige. Da sprach Don Antonio beschwichtigend: Herr Ottavio, Ihr habt sehr Unrecht, diese Männer nicht nach Würden zu ehren. Ihr würdet dies auch gewiß thun, wenn Ihr sie kenntet. Es sind brave Leute, die mit ihren Armen manches Nützliche schaffen: Weingärtner, Fischer und Ackerleute. Doch ihr, liebe Kinder, müßt nicht gleich so heftig zufahren, wenn Jemand, der euch nicht kennt, ein Wort fallen läßt, das Niemandem gefällt.</p><lb/> <p>Wisset, Herr Antonio, wir mußten wohl heftig werden, da er Euch beschimpft.</p><lb/> <p>Warum aber sollte er mich denn beschimpft haben?</p><lb/> <p>Warum, wissen wir nicht, sagten Einige, aber er rief Euch einen Kahlkopf nach.</p><lb/> <p>Nun, wenn es weiter nichts ist! Ein Kahlkopf bin ich wirklich, sprach Don Antonio und nahm das Käppchen ab: das weiß die Sonne, die mir die Haare weggesengt. Geht in Frieden, meine Herren. Ein Kahlkopf ist ja kein Schimpf, so lange die Ehrlichkeit nicht aus<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
er war, wie mancher Zornige, der Meinung, damit durchzudringen; — aber die Ischiesen verstanden das Schelten noch besser, und es ward ein so großer Lärm in der Straße, daß Don Antonio wieder aus seinem Hause kam. Als er nun sah, wie seine Gäste von den Leuten aufgehalten wurden, rief er: Liebe Kinder, was macht ihr? Laßt sie frei gehn, es sind meine Gäste! — Da ließen alle Hände von dem Fremden ab, und der Schwarm öffnete sich vor Don Antonio. — Der Herr da nennt uns ein Gesindel, riefen Einige. Da sprach Don Antonio beschwichtigend: Herr Ottavio, Ihr habt sehr Unrecht, diese Männer nicht nach Würden zu ehren. Ihr würdet dies auch gewiß thun, wenn Ihr sie kenntet. Es sind brave Leute, die mit ihren Armen manches Nützliche schaffen: Weingärtner, Fischer und Ackerleute. Doch ihr, liebe Kinder, müßt nicht gleich so heftig zufahren, wenn Jemand, der euch nicht kennt, ein Wort fallen läßt, das Niemandem gefällt.
Wisset, Herr Antonio, wir mußten wohl heftig werden, da er Euch beschimpft.
Warum aber sollte er mich denn beschimpft haben?
Warum, wissen wir nicht, sagten Einige, aber er rief Euch einen Kahlkopf nach.
Nun, wenn es weiter nichts ist! Ein Kahlkopf bin ich wirklich, sprach Don Antonio und nahm das Käppchen ab: das weiß die Sonne, die mir die Haare weggesengt. Geht in Frieden, meine Herren. Ein Kahlkopf ist ja kein Schimpf, so lange die Ehrlichkeit nicht aus
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Zitationshilfe: | Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/15>, abgerufen am 16.02.2025. |