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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Stimme, vor wem sollt' sich denn Marjim auch fürchten? Meinst du, und wenn heut' der Mallech Hamoves (Todesengel) kommt und sagt mir: Marjim, du mußt mit, es ist Zeit, meinst du, ich werd' nur mit den Augenwimpern zucken? Ich hab' lang genug gelebt -- und ausgestanden hab' ich, daß Gott ein ganz Buch damit voll haben muß.

Durch die eigenthümlichen Reden der Großmutter, die er noch nie mit solcher Klarheit und Ordnung sich hatte ausdrücken hören, war Fischele ganz verwirrt worden; er war es früher gewohnt, den Gedankengang der alten Frau wie die Zeiger einer Uhr zu richten, jetzt war er selbst ein willenloses Werkzeug; das Kind fühlte es, wie eine höhere Intelligenz ihm hier gegenüberstand, und beugte sich schüchtern davor.

Aber, Babe, willst du denn nicht, daß ich thu' erzählen, was ich ausgericht' hab'? wagte er endlich vorzubringen.

Schmah Jisroel, schrie Marjim auf und griff mit ihrer Hand nach der des Enkels und schaute ihm mit allen Anzeichen tiefster Seelenangst in das Antlitz, ist dir, Gott sei davor, nichts geschehen? Hat man den Hund nicht auf dich gehetzt? Hat er dich gebissen und wo? Und die Hack' hat sie nicht aufgehoben gegen dich, und hat dich damit erschlagen wollen? Mein Kind, mein Kind Leben, wo hab' ich dich hingeschickt, und wie kommst du nur lebendig noch daheim? -- --

Stimme, vor wem sollt' sich denn Marjim auch fürchten? Meinst du, und wenn heut' der Mallech Hamoves (Todesengel) kommt und sagt mir: Marjim, du mußt mit, es ist Zeit, meinst du, ich werd' nur mit den Augenwimpern zucken? Ich hab' lang genug gelebt — und ausgestanden hab' ich, daß Gott ein ganz Buch damit voll haben muß.

Durch die eigenthümlichen Reden der Großmutter, die er noch nie mit solcher Klarheit und Ordnung sich hatte ausdrücken hören, war Fischele ganz verwirrt worden; er war es früher gewohnt, den Gedankengang der alten Frau wie die Zeiger einer Uhr zu richten, jetzt war er selbst ein willenloses Werkzeug; das Kind fühlte es, wie eine höhere Intelligenz ihm hier gegenüberstand, und beugte sich schüchtern davor.

Aber, Babe, willst du denn nicht, daß ich thu' erzählen, was ich ausgericht' hab'? wagte er endlich vorzubringen.

Schmah Jisroel, schrie Marjim auf und griff mit ihrer Hand nach der des Enkels und schaute ihm mit allen Anzeichen tiefster Seelenangst in das Antlitz, ist dir, Gott sei davor, nichts geschehen? Hat man den Hund nicht auf dich gehetzt? Hat er dich gebissen und wo? Und die Hack' hat sie nicht aufgehoben gegen dich, und hat dich damit erschlagen wollen? Mein Kind, mein Kind Leben, wo hab' ich dich hingeschickt, und wie kommst du nur lebendig noch daheim? — —

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[0074] Stimme, vor wem sollt' sich denn Marjim auch fürchten? Meinst du, und wenn heut' der Mallech Hamoves (Todesengel) kommt und sagt mir: Marjim, du mußt mit, es ist Zeit, meinst du, ich werd' nur mit den Augenwimpern zucken? Ich hab' lang genug gelebt — und ausgestanden hab' ich, daß Gott ein ganz Buch damit voll haben muß. Durch die eigenthümlichen Reden der Großmutter, die er noch nie mit solcher Klarheit und Ordnung sich hatte ausdrücken hören, war Fischele ganz verwirrt worden; er war es früher gewohnt, den Gedankengang der alten Frau wie die Zeiger einer Uhr zu richten, jetzt war er selbst ein willenloses Werkzeug; das Kind fühlte es, wie eine höhere Intelligenz ihm hier gegenüberstand, und beugte sich schüchtern davor. Aber, Babe, willst du denn nicht, daß ich thu' erzählen, was ich ausgericht' hab'? wagte er endlich vorzubringen. Schmah Jisroel, schrie Marjim auf und griff mit ihrer Hand nach der des Enkels und schaute ihm mit allen Anzeichen tiefster Seelenangst in das Antlitz, ist dir, Gott sei davor, nichts geschehen? Hat man den Hund nicht auf dich gehetzt? Hat er dich gebissen und wo? Und die Hack' hat sie nicht aufgehoben gegen dich, und hat dich damit erschlagen wollen? Mein Kind, mein Kind Leben, wo hab' ich dich hingeschickt, und wie kommst du nur lebendig noch daheim? — —

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/74>, abgerufen am 23.11.2024.