Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wilden Bauer überkam ihn mit dem gewohnten Grauen. -- Du weißt nicht, wer deine Teufel sind? rief Parzik mit lautem Gelächter. Nein. So will ich dir's sagen. Die Herren Rabbiner mit den langen Bärten, das sind deine Teufel, und von dem, was ich jetzt gesagt, zwacken mir zehntausend Pfaffen nicht einen Bissen ab. Josseph versuchte zu diesen Worten zu lächeln. Wie jedem gläubigen Gemüthe war ihm wohl die Kraft nach innen, aber keine nach außen gegeben, um sich im Kampfe gegen Spott und Unglauben aufrecht zu erhalten. Wie kommen unsere Rabbiner zu euren Geistlichen? fragte er und lächelte dabei, so siegesbewußt! Alles Eins, Alles Eins! schrie der Bauer heftig. Wenn du mir einen Pfaffen zeigst in der ganzen Welt, du kannst auf und ab wandern, bis du einen finden wirst, wenn du mir einen Pfaffen zeigst, der nicht eben so gut Rabbiner bei den Juden sein könnte, so lass' ich mich auch von der Brücke hinunterwerfen in die Moldau, und die Menschen machen mich vielleicht dann auch zum Heiligen. Jetzt halten sie mich ohnedies für einen Teufel. Wer weiß, wie man's anfangen muß, damit die Menschen einen nach dem Tode für einen Engel und Heiligen halten. Der dort wilden Bauer überkam ihn mit dem gewohnten Grauen. — Du weißt nicht, wer deine Teufel sind? rief Parzik mit lautem Gelächter. Nein. So will ich dir's sagen. Die Herren Rabbiner mit den langen Bärten, das sind deine Teufel, und von dem, was ich jetzt gesagt, zwacken mir zehntausend Pfaffen nicht einen Bissen ab. Josseph versuchte zu diesen Worten zu lächeln. Wie jedem gläubigen Gemüthe war ihm wohl die Kraft nach innen, aber keine nach außen gegeben, um sich im Kampfe gegen Spott und Unglauben aufrecht zu erhalten. Wie kommen unsere Rabbiner zu euren Geistlichen? fragte er und lächelte dabei, so siegesbewußt! Alles Eins, Alles Eins! schrie der Bauer heftig. Wenn du mir einen Pfaffen zeigst in der ganzen Welt, du kannst auf und ab wandern, bis du einen finden wirst, wenn du mir einen Pfaffen zeigst, der nicht eben so gut Rabbiner bei den Juden sein könnte, so lass' ich mich auch von der Brücke hinunterwerfen in die Moldau, und die Menschen machen mich vielleicht dann auch zum Heiligen. Jetzt halten sie mich ohnedies für einen Teufel. Wer weiß, wie man's anfangen muß, damit die Menschen einen nach dem Tode für einen Engel und Heiligen halten. Der dort <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0064"/> wilden Bauer überkam ihn mit dem gewohnten Grauen. —</p><lb/> <p>Du weißt nicht, wer deine Teufel sind? rief Parzik mit lautem Gelächter.</p><lb/> <p>Nein.</p><lb/> <p>So will ich dir's sagen. Die Herren Rabbiner mit den langen Bärten, das sind deine Teufel, und von dem, was ich jetzt gesagt, zwacken mir zehntausend Pfaffen nicht einen Bissen ab.</p><lb/> <p>Josseph versuchte zu diesen Worten zu lächeln. Wie jedem gläubigen Gemüthe war ihm wohl die Kraft nach innen, aber keine nach außen gegeben, um sich im Kampfe gegen Spott und Unglauben aufrecht zu erhalten.</p><lb/> <p>Wie kommen unsere Rabbiner zu euren Geistlichen? fragte er und lächelte dabei, so siegesbewußt!</p><lb/> <p>Alles Eins, Alles Eins! schrie der Bauer heftig. Wenn du mir einen Pfaffen zeigst in der ganzen Welt, du kannst auf und ab wandern, bis du einen finden wirst, wenn du mir einen Pfaffen zeigst, der nicht eben so gut Rabbiner bei den Juden sein könnte, so lass' ich mich auch von der Brücke hinunterwerfen in die Moldau, und die Menschen machen mich vielleicht dann auch zum Heiligen. Jetzt halten sie mich ohnedies für einen Teufel. Wer weiß, wie man's anfangen muß, damit die Menschen einen nach dem Tode für einen Engel und Heiligen halten. Der dort<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
wilden Bauer überkam ihn mit dem gewohnten Grauen. —
Du weißt nicht, wer deine Teufel sind? rief Parzik mit lautem Gelächter.
Nein.
So will ich dir's sagen. Die Herren Rabbiner mit den langen Bärten, das sind deine Teufel, und von dem, was ich jetzt gesagt, zwacken mir zehntausend Pfaffen nicht einen Bissen ab.
Josseph versuchte zu diesen Worten zu lächeln. Wie jedem gläubigen Gemüthe war ihm wohl die Kraft nach innen, aber keine nach außen gegeben, um sich im Kampfe gegen Spott und Unglauben aufrecht zu erhalten.
Wie kommen unsere Rabbiner zu euren Geistlichen? fragte er und lächelte dabei, so siegesbewußt!
Alles Eins, Alles Eins! schrie der Bauer heftig. Wenn du mir einen Pfaffen zeigst in der ganzen Welt, du kannst auf und ab wandern, bis du einen finden wirst, wenn du mir einen Pfaffen zeigst, der nicht eben so gut Rabbiner bei den Juden sein könnte, so lass' ich mich auch von der Brücke hinunterwerfen in die Moldau, und die Menschen machen mich vielleicht dann auch zum Heiligen. Jetzt halten sie mich ohnedies für einen Teufel. Wer weiß, wie man's anfangen muß, damit die Menschen einen nach dem Tode für einen Engel und Heiligen halten. Der dort
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Zitationshilfe: | Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/64>, abgerufen am 01.07.2024. |