Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.thu' ich auch redlich, und es schad't mir, Gott sei Lob und Dank, gar nichts. Das ist halt die jüdische Ader, die in dir steckt, bemerkte Josseph eifrig, die läßt dir nicht Ruh' und nicht Rast; denn der Jüd muß sich immer plagen, wo Andere sich einen guten Tag machen. Hat er keine Plag', so muß er auf eine sinnen; sich eine Freud' gönnen, ins Wirthshaus gehen und sich da belustigen, das ist er nicht im Stand. Wissen möcht' ich, wo das herkommt, und ob das einmal anders werden wird? Ich sag' dir aber, in dir steckt noch die jüdische Ader. Madlena schaute lächelnd zu dem eifrig sprechenden Bruder auf. Da hast du Recht, sagte sie dann mit gesenkten Augen; das Schlechteste wär' das eben nicht an mir. Bist du auch ganz glücklich? fragte er sie nach einer Weile; ich meine, so ganz zufrieden? setzte er stockend hinzu. Mein Mann, gab Madlena ohne Zögern die Antwort, hat mich gern und ich ihn auch. Und behandelt er dich gut? Ich sag' dir ja, er ist nicht wie Andere, der ist gerade so, als wenn er von euch herstammte. Verzeih, verzeih, rief er schmerzlich lebhaft, und ergriff ihre Hand, ich hab' ihn immer für Einen gehalten, der nicht besser ist, als die Andern, und darum hab' ich dich gehaßt und veracht't. thu' ich auch redlich, und es schad't mir, Gott sei Lob und Dank, gar nichts. Das ist halt die jüdische Ader, die in dir steckt, bemerkte Josseph eifrig, die läßt dir nicht Ruh' und nicht Rast; denn der Jüd muß sich immer plagen, wo Andere sich einen guten Tag machen. Hat er keine Plag', so muß er auf eine sinnen; sich eine Freud' gönnen, ins Wirthshaus gehen und sich da belustigen, das ist er nicht im Stand. Wissen möcht' ich, wo das herkommt, und ob das einmal anders werden wird? Ich sag' dir aber, in dir steckt noch die jüdische Ader. Madlena schaute lächelnd zu dem eifrig sprechenden Bruder auf. Da hast du Recht, sagte sie dann mit gesenkten Augen; das Schlechteste wär' das eben nicht an mir. Bist du auch ganz glücklich? fragte er sie nach einer Weile; ich meine, so ganz zufrieden? setzte er stockend hinzu. Mein Mann, gab Madlena ohne Zögern die Antwort, hat mich gern und ich ihn auch. Und behandelt er dich gut? Ich sag' dir ja, er ist nicht wie Andere, der ist gerade so, als wenn er von euch herstammte. Verzeih, verzeih, rief er schmerzlich lebhaft, und ergriff ihre Hand, ich hab' ihn immer für Einen gehalten, der nicht besser ist, als die Andern, und darum hab' ich dich gehaßt und veracht't. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="14"> <p><pb facs="#f0201"/> thu' ich auch redlich, und es schad't mir, Gott sei Lob und Dank, gar nichts.</p><lb/> <p>Das ist halt die jüdische Ader, die in dir steckt, bemerkte Josseph eifrig, die läßt dir nicht Ruh' und nicht Rast; denn der Jüd muß sich immer plagen, wo Andere sich einen guten Tag machen. Hat er keine Plag', so muß er auf eine sinnen; sich eine Freud' gönnen, ins Wirthshaus gehen und sich da belustigen, das ist er nicht im Stand. Wissen möcht' ich, wo das herkommt, und ob das einmal anders werden wird? Ich sag' dir aber, in dir steckt noch die jüdische Ader.</p><lb/> <p>Madlena schaute lächelnd zu dem eifrig sprechenden Bruder auf.</p><lb/> <p>Da hast du Recht, sagte sie dann mit gesenkten Augen; das Schlechteste wär' das eben nicht an mir.</p><lb/> <p>Bist du auch ganz glücklich? fragte er sie nach einer Weile; ich meine, so ganz zufrieden? setzte er stockend hinzu.</p><lb/> <p>Mein Mann, gab Madlena ohne Zögern die Antwort, hat mich gern und ich ihn auch.</p><lb/> <p>Und behandelt er dich gut?</p><lb/> <p>Ich sag' dir ja, er ist nicht wie Andere, der ist gerade so, als wenn er von euch herstammte.</p><lb/> <p>Verzeih, verzeih, rief er schmerzlich lebhaft, und ergriff ihre Hand, ich hab' ihn immer für Einen gehalten, der nicht besser ist, als die Andern, und darum hab' ich dich gehaßt und veracht't.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0201]
thu' ich auch redlich, und es schad't mir, Gott sei Lob und Dank, gar nichts.
Das ist halt die jüdische Ader, die in dir steckt, bemerkte Josseph eifrig, die läßt dir nicht Ruh' und nicht Rast; denn der Jüd muß sich immer plagen, wo Andere sich einen guten Tag machen. Hat er keine Plag', so muß er auf eine sinnen; sich eine Freud' gönnen, ins Wirthshaus gehen und sich da belustigen, das ist er nicht im Stand. Wissen möcht' ich, wo das herkommt, und ob das einmal anders werden wird? Ich sag' dir aber, in dir steckt noch die jüdische Ader.
Madlena schaute lächelnd zu dem eifrig sprechenden Bruder auf.
Da hast du Recht, sagte sie dann mit gesenkten Augen; das Schlechteste wär' das eben nicht an mir.
Bist du auch ganz glücklich? fragte er sie nach einer Weile; ich meine, so ganz zufrieden? setzte er stockend hinzu.
Mein Mann, gab Madlena ohne Zögern die Antwort, hat mich gern und ich ihn auch.
Und behandelt er dich gut?
Ich sag' dir ja, er ist nicht wie Andere, der ist gerade so, als wenn er von euch herstammte.
Verzeih, verzeih, rief er schmerzlich lebhaft, und ergriff ihre Hand, ich hab' ihn immer für Einen gehalten, der nicht besser ist, als die Andern, und darum hab' ich dich gehaßt und veracht't.
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Zitationshilfe: | Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/201>, abgerufen am 17.02.2025. |