Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.kann ich mir's aber leicht, und daß es muß schön gewesen sein, das hast du jetzt erlebt. Schön! rief Josseph wild, da läßt sich gar kein Wort dafür finden, es reißt mir das Herz heraus. Kann da dein Urdede dafür, du närrischer Mensch? entgegnete die alte Frau mit einem Tone, der fast strenge klang. Sie hatte sich im Bette aufgerichtet; eine innen wirkende Kraft schien sie zu beleben. Da, stell dich her zu mir, und sag, wenn du ein Lügner sein willst, ob nur ein Wort in dem, was der Urdede geschrieben hat, nicht wahr ist? Gold und Perlen ist Alles, was er sagt; jetzt weiß ich erst, was der Urdede für ein Frommer ist gewesen. Verbrannt haben sie ihm seine Bücher, weil er ihnen die Wahrheit gesagt hat; die können die Leut' nicht hören, und daß er immer gesagt hat: nicht wissen sollt's ihr, was man Alles thun darf! Die Leut' wollen auch nicht wissen, was man Alles thun darf. Mamme, rief Josseph mit gefalteten Händen, hör auf, himmelhoch bitt' ich drum, der Urdede thut mir schon genug wehe. Mein lieb Kind Leben, sagte Marjim mit plötzlich verändertem Tone, milde und einschmeichelnd, weh thun hab' ich dir nicht wollen, ich bin ja doch deine Mutter und heiß' Marjim. Ich will nur, daß du weißt, was dein Urdede für ein Mann ist gewesen. Sagt er denn gar nichts mehr? Fertig mußt du mit dem Geschriebenen doch noch nicht sein. kann ich mir's aber leicht, und daß es muß schön gewesen sein, das hast du jetzt erlebt. Schön! rief Josseph wild, da läßt sich gar kein Wort dafür finden, es reißt mir das Herz heraus. Kann da dein Urdede dafür, du närrischer Mensch? entgegnete die alte Frau mit einem Tone, der fast strenge klang. Sie hatte sich im Bette aufgerichtet; eine innen wirkende Kraft schien sie zu beleben. Da, stell dich her zu mir, und sag, wenn du ein Lügner sein willst, ob nur ein Wort in dem, was der Urdede geschrieben hat, nicht wahr ist? Gold und Perlen ist Alles, was er sagt; jetzt weiß ich erst, was der Urdede für ein Frommer ist gewesen. Verbrannt haben sie ihm seine Bücher, weil er ihnen die Wahrheit gesagt hat; die können die Leut' nicht hören, und daß er immer gesagt hat: nicht wissen sollt's ihr, was man Alles thun darf! Die Leut' wollen auch nicht wissen, was man Alles thun darf. Mamme, rief Josseph mit gefalteten Händen, hör auf, himmelhoch bitt' ich drum, der Urdede thut mir schon genug wehe. Mein lieb Kind Leben, sagte Marjim mit plötzlich verändertem Tone, milde und einschmeichelnd, weh thun hab' ich dir nicht wollen, ich bin ja doch deine Mutter und heiß' Marjim. Ich will nur, daß du weißt, was dein Urdede für ein Mann ist gewesen. Sagt er denn gar nichts mehr? Fertig mußt du mit dem Geschriebenen doch noch nicht sein. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="12"> <p><pb facs="#f0185"/> kann ich mir's aber leicht, und daß es muß schön gewesen sein, das hast du jetzt erlebt.</p><lb/> <p>Schön! rief Josseph wild, da läßt sich gar kein Wort dafür finden, es reißt mir das Herz heraus.</p><lb/> <p>Kann da dein Urdede dafür, du närrischer Mensch? entgegnete die alte Frau mit einem Tone, der fast strenge klang. Sie hatte sich im Bette aufgerichtet; eine innen wirkende Kraft schien sie zu beleben.</p><lb/> <p>Da, stell dich her zu mir, und sag, wenn du ein Lügner sein willst, ob nur ein Wort in dem, was der Urdede geschrieben hat, nicht wahr ist? Gold und Perlen ist Alles, was er sagt; jetzt weiß ich erst, was der Urdede für ein Frommer ist gewesen. Verbrannt haben sie ihm seine Bücher, weil er ihnen die Wahrheit gesagt hat; die können die Leut' nicht hören, und daß er immer gesagt hat: nicht wissen sollt's ihr, was man Alles thun darf! Die Leut' wollen auch nicht wissen, was man Alles thun darf.</p><lb/> <p>Mamme, rief Josseph mit gefalteten Händen, hör auf, himmelhoch bitt' ich drum, der Urdede thut mir schon genug wehe.</p><lb/> <p>Mein lieb Kind Leben, sagte Marjim mit plötzlich verändertem Tone, milde und einschmeichelnd, weh thun hab' ich dir nicht wollen, ich bin ja doch deine Mutter und heiß' Marjim. Ich will nur, daß du weißt, was dein Urdede für ein Mann ist gewesen. Sagt er denn gar nichts mehr? Fertig mußt du mit dem Geschriebenen doch noch nicht sein.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0185]
kann ich mir's aber leicht, und daß es muß schön gewesen sein, das hast du jetzt erlebt.
Schön! rief Josseph wild, da läßt sich gar kein Wort dafür finden, es reißt mir das Herz heraus.
Kann da dein Urdede dafür, du närrischer Mensch? entgegnete die alte Frau mit einem Tone, der fast strenge klang. Sie hatte sich im Bette aufgerichtet; eine innen wirkende Kraft schien sie zu beleben.
Da, stell dich her zu mir, und sag, wenn du ein Lügner sein willst, ob nur ein Wort in dem, was der Urdede geschrieben hat, nicht wahr ist? Gold und Perlen ist Alles, was er sagt; jetzt weiß ich erst, was der Urdede für ein Frommer ist gewesen. Verbrannt haben sie ihm seine Bücher, weil er ihnen die Wahrheit gesagt hat; die können die Leut' nicht hören, und daß er immer gesagt hat: nicht wissen sollt's ihr, was man Alles thun darf! Die Leut' wollen auch nicht wissen, was man Alles thun darf.
Mamme, rief Josseph mit gefalteten Händen, hör auf, himmelhoch bitt' ich drum, der Urdede thut mir schon genug wehe.
Mein lieb Kind Leben, sagte Marjim mit plötzlich verändertem Tone, milde und einschmeichelnd, weh thun hab' ich dir nicht wollen, ich bin ja doch deine Mutter und heiß' Marjim. Ich will nur, daß du weißt, was dein Urdede für ein Mann ist gewesen. Sagt er denn gar nichts mehr? Fertig mußt du mit dem Geschriebenen doch noch nicht sein.
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