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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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fortgetragen, war es das letzte Mal, daß ich drin hab' gesagt. Aber seitdem der Urdede ist gekommen, ist Zeit, daß ich wieder drauf denk! Was haben wir heute für einen Tag?

Heut' ist Mittwoch, Babe, antwortete schnell der Knabe.

Schon Mittwoch? fragte Marjim fast verwundert. Grade drei Tage früher ist er zu mir gekommen, ganz wie es sich schickt. Mittwoch ist eins, Donnerstag zwei, Freitag drei, und auf Schabbes, hat der Urdede gesagt, wird mein Mann von Prag zurückkommen. Also kann's nur zwischen Freitag und Schabbes sein.

Diese Worte hatte sie als ein Alleingespräch mit sich selbst gehalten. Laut rief sie dann: Fischele, lang' mir nur mein Wanderbüchel her.

Was für ein Büchel, Babe?

Mein Wanderbüchel, mein Wanderbüchel! schrie sie fast. Bist ein Jüdenkind, und weißt nicht einmal, was ein Meiwer Jabok*) ist?

Zornig ging Josseph zur Stube hinaus; er konnte die Reden der Mutter nicht anhören, die ihm lauter Narrethei waren, die nichts aus und nichts eintragen, und die im Grunde des Herzens ihm doch so unendlich wehe thaten. Heftig schlug er die Thür hinter sich zu.

*) Zu deutsch: der Führer ins Jenseits, eine Sammlung von beim Sterben und nach dem Tode üblichen Gebeten.

fortgetragen, war es das letzte Mal, daß ich drin hab' gesagt. Aber seitdem der Urdede ist gekommen, ist Zeit, daß ich wieder drauf denk! Was haben wir heute für einen Tag?

Heut' ist Mittwoch, Babe, antwortete schnell der Knabe.

Schon Mittwoch? fragte Marjim fast verwundert. Grade drei Tage früher ist er zu mir gekommen, ganz wie es sich schickt. Mittwoch ist eins, Donnerstag zwei, Freitag drei, und auf Schabbes, hat der Urdede gesagt, wird mein Mann von Prag zurückkommen. Also kann's nur zwischen Freitag und Schabbes sein.

Diese Worte hatte sie als ein Alleingespräch mit sich selbst gehalten. Laut rief sie dann: Fischele, lang' mir nur mein Wanderbüchel her.

Was für ein Büchel, Babe?

Mein Wanderbüchel, mein Wanderbüchel! schrie sie fast. Bist ein Jüdenkind, und weißt nicht einmal, was ein Meiwer Jabok*) ist?

Zornig ging Josseph zur Stube hinaus; er konnte die Reden der Mutter nicht anhören, die ihm lauter Narrethei waren, die nichts aus und nichts eintragen, und die im Grunde des Herzens ihm doch so unendlich wehe thaten. Heftig schlug er die Thür hinter sich zu.

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[0169] fortgetragen, war es das letzte Mal, daß ich drin hab' gesagt. Aber seitdem der Urdede ist gekommen, ist Zeit, daß ich wieder drauf denk! Was haben wir heute für einen Tag? Heut' ist Mittwoch, Babe, antwortete schnell der Knabe. Schon Mittwoch? fragte Marjim fast verwundert. Grade drei Tage früher ist er zu mir gekommen, ganz wie es sich schickt. Mittwoch ist eins, Donnerstag zwei, Freitag drei, und auf Schabbes, hat der Urdede gesagt, wird mein Mann von Prag zurückkommen. Also kann's nur zwischen Freitag und Schabbes sein. Diese Worte hatte sie als ein Alleingespräch mit sich selbst gehalten. Laut rief sie dann: Fischele, lang' mir nur mein Wanderbüchel her. Was für ein Büchel, Babe? Mein Wanderbüchel, mein Wanderbüchel! schrie sie fast. Bist ein Jüdenkind, und weißt nicht einmal, was ein Meiwer Jabok *) ist? Zornig ging Josseph zur Stube hinaus; er konnte die Reden der Mutter nicht anhören, die ihm lauter Narrethei waren, die nichts aus und nichts eintragen, und die im Grunde des Herzens ihm doch so unendlich wehe thaten. Heftig schlug er die Thür hinter sich zu. *) Zu deutsch: der Führer ins Jenseits, eine Sammlung von beim Sterben und nach dem Tode üblichen Gebeten.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/169>, abgerufen am 23.11.2024.